Die Sitzungen im April 2012

Die Sitzungen im April 2012

 

Aus dem Landtag vom 26. April 2012

 

Fiskalpakt: Nicht die Katze im Sack kaufen

Am 11. Mai wird im Bundesrat erstmals der europäische "Fiskalpakt" beraten. Dort wie auch im Bundestag ist für die Entscheidung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Dieser Pakt ist nicht ein Bestandteil von EU-Verträgen, sondern wird auf völkerrechtlicher Basis geschlossen, weil zwei EU-Länder nicht mitmachen wollen. Deshalb sind Nachverhandlungen kaum möglich, die Entscheidung darüber von besonderer Bedeutung. Der Fiskalpakt sieht eine Selbstbegrenzung der Neuverschuldung der beteiligten EU-Länder auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Bedeutsam dabei ist zum einen die Frage, ob er die Länder stark bindet, also auch ins deutsche Grundgesetz eingreift und damit möglicherweise das vornehmste Recht der Parlamente, die Haushaltsgesetzgebung, berührt. Zum anderen werden zur Berechnung, anders als bei der deutschen Schuldenbremse, die Länder, die Kommunen und auch die Sozialversicherungssysteme einbezogen. Damit hat der Fiskalpakt eventuell direkte Auswirkungen auf die Konsolidierung der Bremer Finanzen. Im Rahmen der Einführung der Schuldenbremse ist vorgesehen, bis zum Jahr 2020 jährlich 125 Millionen weniger Schulden aufzunehmen. Die Folge des Fiskalpakts kann sein, dass die Bedingungen für Bremen verschärft würden. Dies kann Bremen nicht leisten. Das Hauptproblem beim Fiskalpakt ist, dass das Ziel feststeht, jedoch die Wege dorthin erst anschließend von der EU-Kommission erarbeitet werden sollen.

Ein Koalitionsantrag gab dem Senat zur Beratung im Bundesrat Verhandlungspunkte auf, die vor einer Entscheidung geklärt werden müssen. Hermann Kuhn, europa- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, betonte in der Debatte dazu, dass zur Bewältigung der europäischen Finanz-, Wirtschafts- und Verschuldungskrise Solidarität und Solidität nötig sind. Deshalb sollte dem politischen Kern des Fiskalpakts zugestimmt werden. Aber die offenen Fragen zum Mechanismus des Pakts oder die Aufteilung des zulässigen Defizits auf die Bundesländer und Kommunen müssten eben vorher geklärt sein.

Kuhn verdeutlichte aber auch, dass die Rückkehr zu geordneten Haushalten durch Sparen nur die eine Seite sei. Den europäischen Krisenländern müsse dabei geholfen werden, die Abwärtsspirale aufzuhalten mit Investitionen zum Beispiel in die Infrastruktur und Innovation, um die Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen.

Der heute beschlossene rot-grüne Antrag erhebt aber auch die Forderung, mit einer Finanztransaktionssteuer diejenigen an den Kosten der Krise zu beteiligen, die sie verursacht haben, und die Spekulation einzudämmen. In der Folge des Fiskalpakts solle, so Hermann Kuhn, auch ein Schuldentilgungspakt verabredet werden, zum Beispiel nach den jüngsten Vorschlägen des deutschen Sachverständigenrats zur Einführung eines Schuldentilgungsfonds.

 

"Bundes-Jumbos"

Auf Initiative der grünen Bürgerschaftsfraktion wurde ein Antrag beschlossen, der die Einführung von Bund-Länder-Anleihen (sogenannte Deutschland-Bonds oder "Bundes-Jumbos") vorsieht. Bislang geben der Bund und die Bundesländer eigene Staatsanleihen aus. Wegen der guten Bonität Deutschlands sind die Zinsen niedriger als bei den Länderanleihen. So muss Bremen ein halbes Prozent mehr bezahlen. Eine Ausgabe von Bund-Länder-Anleihen würde den Anleihemarkt verbreitern, die durchschnittliche Zinsbelastung würde für alle sinken, die günstigeren Konditionen kämen eben auch Bremen zugute.

Hermann Kuhn begründete den Antrag mit der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern für die deutschen Staatsschulden (Haftungsverbund). Deshalb sei es auch sinnvoll und berechtigt, gemeinsame Anleihen aufzunehmen. Dies würden schon die Länder untereinander erfolgreich machen, indem sie gemeinsame "Länder-Jumbos" auflegten.

 

 

Bericht zu Rassismus und Rechtsextremismus

Mit einem heute einstimmig beschlossenen Antrag wird der Senat gebeten, nach vier Jahren erneut einen Bericht zu Rassismus und Rechtsextremismus im Land Bremen vorzulegen. Dieser soll rechtsextremistische Strukturen offenlegen, seien es parteilich organisierte oder aus der Mitte der Gesellschaft kommende. Auch das relativ neue Thema "Frauen in der rechten Szene" soll hierbei ebenso betrachtet werden wie die Verbreitung von Fremdenfeindlichkeit bei älteren Menschen. Darüber hinaus sollen aber auch die Bedeutung und das Engagement der Organisationen und Initiativen gewürdigt werden, die sich gegen Rechtsextremismus und für Zivilcourage einsetzen.

Die Mit-Initiatorin Linda Neddermann, in der grünen Fraktion für das Thema zuständig, stellte den Hintergrund des Antrags vor. In Bremen standen die rechtsextremen Aktivitäten im Jahr 2011 im Zeichen der Bürgerschaftswahl, der Rechtsrockszene und eines Prozesses gegen rechtsextreme Hooligans. Bei der Bürgerschaftswahl schaffte es die NPD zwar nicht ins Parlament, ist aber in einigen Bremer Stadtteilbeiräten vertreten. Neddermann forderte vom Senat auch eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus.

Allerdings stellte sie auch klar, dass in dieser Debatte Rechts- und Linksextremismus nicht in einen Topf geworfen werden dürften, denn wegen der besonderen Brutalität und Menschenverachtung der rechten Szene sei eine Betrachtung des Rechtsextremismus von besonderer Bedeutung und begründe die Notwendigkeit des Antrags.

 

ACTA ad acta legen

"Anti-Counterfeiting Trade Agreement", kurz ACTA, heißt ein Vertrag zur Bekämpfung der illegalen Verwendung geistigen Eigentums. ACTA enthält u.a. Empfehlungen an die Vertragsstaaten zur Schaffung von Kontroll- und Überwachungsinstrumenten, zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet und zum Vorantreiben der Kooperation mit privaten Internetprovidern, ohne dafür Mindeststandards für ein rechtsstaatliches Verfahren festzulegen. Auch der Handel von Generika und Saatgut könnte durch ACTA beeinträchtigt werden, da weitgehende Befugnisse zur Beschlagnahmung und Zerstörung solcher Produkte eingeräumt werden. Dies kann die Produktion und den Handel von preisgünstigen Medikamenten in Schwellen- und Entwicklungsländern beeinträchtigen und bäuerlichen Betrieben das Recht auf die Entwicklung und Nutzung eigenen Saatguts nehmen.

Mustafa Öztürk, für Netzpolitik zuständig, und Carsten Werner für Kultur und Medien hatten für die Grünen gemeinsam mit SPD und der LINKEN einen heute beschlossenen Antrag entwickelt. Damit wird der Senat aufgefordert, sich auf allen Ebenen gegen die Ratifizierung von ACTA einzusetzen. Zugleich fordern die Fraktionen ein dem digitalen Zeitalter angepasstes neues Urheberrecht. Bei privaten, nichtkommerziellen Rechtsverletzungen soll es eine Bagatellregelung geben. Gegenüber den Verwertern sollen die Wahlfreiheit und die Interessen der Urheber gestärkt, Total-Buyout-Klauseln abgeschafft und von Industrie und Wirtschaft alltagstaugliche, faire und soziale Vertriebs- und Bezahlmodelle entwickelt werden.

 

Aus dem Landtag vom 25. April 2012

 

Umweltfreundliches Bestattungswesen: Die Würde der Toten wahren, aber nicht die Augen vor Problemen verschließen

Die Reaktionen in den Medien auf die Große Anfrage der Grünen zum umweltfreundlichen Bestattungswesen haben gezeigt, dass das Thema "Tod" nicht wertneutral behandelt werden kann – sie waren von Veralberung bis zu heftigster Empörung geprägt. Sich mit der Umwelt zu befassen ist jedoch vielen Menschen nicht nur zu Lebzeiten wichtig, sondern sie machen sich Gedanken über Bestattungsformen, die die Umwelt so wenig wie möglich belasten.

Sehr problematisch sind zum Beispiel hohe Quecksilberkonzentrationen bei Feuerbestattungen, die beim Verbrennen von Zahnfüllungen aus Amalgam entstehen. Die Feuerbestattung macht über 80 Prozent aller Bestattungen aus.

Die Anfrage wurde in enger Zusammenarbeit mit Bestattern und Umweltverbänden erarbeitet, stellte Maike Schaefer, umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion klar. Und sie verwies auf andere Städte und Länder, die in dieser Frage schon viel weiter seien und viel unbefangener das Thema behandelten.

Die Anfrage befindet sich hier.

 

Energetische Gebäudesanierung

Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant, zur Gebäudesanierung im Wärmeschutz statt direkter finanzieller Förderung steuerliche Anreize zu bieten. Dies hätte zur Folge, dass weniger Steuern eingenommen würden – zu Lasten der Länder und Kommunen. Deshalb haben die Länder, auch Bremen, im Bundesrat gegen dieses Vorhaben gestimmt. Die CDU-Fraktion sah dadurch die CO2-Einsparziele gefährdet und stellte eine Große Anfrage dazu.

Anne Schierenbeck, grüne energiepolitische Sprecherin, zeigte einen anderen Weg auf. Es wäre sinnvoller, schädliche Subventionen abzuschaffen und dieses Geld in die energetische Gebäudesanierung zu stecken. Als Beispiel nannte sie den Abbau der Steuerbegünstigung für Dieselkraftstoffe, eine Absenkung und sozial gerechtere Ausgestaltung der Entfernungspauschale und eine Reform des Dienstwagen-Privilegs. Dadurch würden bei einer steuerlichen Förderung die Ausfälle ausgeglichen und andere Förderprogramme besser ausgestattet werden. Auch könne ein Fonds geschaffen werden, um Stadtteile mit sozial schwächeren BewohnerInnen ebenfalls energetisch zu sanieren.

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 24. April 2012

 

Beiratsantrag zur Oldenburger Kurve

Das Gleisbauprojekt "Oldenburger Kurve" der Deutschen Bahn stößt aus Lärmbelastungsgründen auf Widerstände in Bremen. Zusammen mit der Verlängerung von Gleis 1 soll es der besseren Abwicklung des durch den Jade-Weser-Port zunehmenden Güterverkehrs dienen. Die von der Bahn zugesicherten Lärmschutzmaßnahmen sind aber nicht hinreichend. Deshalb stimmt der Stadtteilbeirat Mitte dem Verkauf eines für den Gleisbau benötigten Grundstücks nicht zu. Ein entsprechender Antrag des Beirats wurde heute debattiert.

Der grüne Verkehrspolitiker Ralph Saxe zeigte sich beeindruckt von dem, was der Beirat Mitte bislang an Verbesserungen im Lärmschutz erreicht hat. Er machte aber auch die Haltung der rot-grünen Koalition in der Stadtbürgerschaft klar: Der Bau der Oldenburger Kurve soll nicht verhindert werden, weil sie an sich sinnvoll sei. Aber die Forderungen des Beirats zu weiteren Lärmschutzmaßnahmen werden unterstützt. Der Beiratsantrag wurde in die Deputationen für Wirtschaft und für Verkehr überwiesen.

 

Mehr Wohnungen für Flüchtlinge statt Übergangswohnheime

Flüchtlinge werden immer noch für längere Zeit zunächst in so genannten Übergangswohnheimen untergebracht, teilweise mit drei bis vier Personen in einem Zimmer. Nicht nur dass damit keine Privatsphäre möglich ist, es entstehen dadurch gerade für Familien mit Kindern Probleme. Das ist auch besonders problematisch für Menschen mit traumatischen Verfolgungs- und Fluchterlebnissen.

Mit einem heute beschlossenen Koalitionsantrag soll dafür gesorgt werden, dass Flüchtlinge schon viel eher sich eigene Wohnungen mieten können. Hierzu soll stufenweise die Aufenthaltsdauer in Übergangswohnheimen verkürzt und letztlich darauf verzichtet werden, betonte die für Flüchtlingspolitik zuständige Abgeordnete Zahra Mohammadzadeh. Es gehe nicht nur darum, die Unterkunftssituation der Flüchtlinge zu verbessern, sondern darum, dass so viele wie möglich in der eigenen Wohnung ihren Alltag organisieren können, anstatt in Wohnheimen weitgehend fremdbestimmt leben zu müssen. Hierzu seien Gespräche mit den Wohnungsgesellschaften, den Vermietern zu führen, um in den Stadtteilen finanzierbaren Mietwohnraum zur Verfügung stellen zu können.

 

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