Die Sitzungen im August 2010

Die Sitzungen im August 2010

 

Aus dem Landtag vom 26.8.2010

 

Bremen Spitze bei der Reform des Heimrechts

Mit der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz vom Bund auf die Länder wurde auch eine Neuregelung des Heimgesetzes in Bremen nötig. Mit dem heute in erster Lesung beschlossenen "Gesetz zur Sicherstellung der Rechte von Menschen mit Unterstützungs-, Pflege- und Betreuungsbedarf in unterstützenden Wohnformen (Bremisches Wohn- und Betreuungsgesetz – BremWoBeG)" wurden auch die gesellschaftlichen Veränderungen aufgegriffen, die sich seit Verabschiedung des alten Heimgesetzes ergeben haben. Horst Frehe, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion, betonte in der Debatte: "Es ist ein Reformwerk, mit dem sich Bremen an die Spitze der bisher erlassenen Heim-Nachfolgegesetze der Länder setzt." Diese Auffassung teilte auch die Opposition von CDU und LINKE, nur nicht die FDP-Fraktion, die einen eigenen Gesetzentwurf vorlegte. Dieser allerdings, so die Prüfung des Juristen Frehe "fällt sogar noch hinter die Regelungen des Heimgesetzes von 1976 zurück!"

Ein wichtiger Ausgangspunkt des Gesetzes sei, dass es nicht mehr an der Institution Heim ansetze, so Frehe: "Immer dann, wenn der Bewohner oder die Bewohnerin im Falle einer schlechten Hilfe nicht einfach den Anbieter wechseln kann, ohne sein Wohnumfeld zu verlassen, gibt es eine Abhängigkeit, auf die der Staat mit Kontrollmechanismen reagieren muss." Horst Frehe führte dazu weiter aus, dass zahlreiche Heimträger zu neuen Organisationsformen übergegangen sind, um dieser Kontrolle zu entgehen ("Seniorenresidenzen", "Wohnen mit Service" oder "Betreutes Wohnen"), die aber auch immer Elemente dieses Abhängigkeitsverhältnisses beinhalten. Dies wird von dem neuen Gesetz genauso aufgegriffen wie die Konstruktion, das Heimgesetz zu umgehen, indem man die Apartments und die pflegerische Infrastruktur von einem Wohnbauträger bauen und verwalten lässt, der mit einem ambulanten Pflegedienst kooperiert und quasi das Heim betreibt.

Frehe hob besonders hervor: "Ich glaube, dass kein anderes Heim-Nachfolgegesetz die Verpflichtungen der Leistungsanbieter und Behörden so klar definiert hat, wie das unsrige!" Für die Koalition folgende Punkte wichtig:

  • Wahrung der Würde und körperlichen wie seelischen Unversehrtheit
  • Selbstbestimmung, Selbständigkeit, Selbstverantwortung und gleicheberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
  • Wunsch- und Wahlrecht
  • Wahrung der kulturellen und sexuellen Identität
  • Privatsphäre
  • Verbraucherschutz

Für Frehe wie auch die rot-grüne Koalition gilt: "Heim soll nicht mehr die von der Gesellschaft abgeschottete letzte Station vor dem Tod sein. Stationäre Unterstützung muss sich dem Leben öffnen. Dieses Gesetz ermöglicht eine solche Perspektive stationärer oder teilstationärer Unterstützung und schützt die Nutzerinnen und Nutzer solcher Leistungen. Es stellt damit einen Meilenstein in dem Recht alter und behinderter Menschen dar."

 

Smiley für saubere Gastronomie

Mehr Sicherheit für BesucherInnen von gastronomischen Betrieben, die Untersuchungsberichte der Behörden müssen den Bürgern zugänglich sein. Dazu forderte die Koalition auf grüne Initiative, in Anlehnung an die dänischen Regelungen ein Smiley-System für Bremer Gastronomiebetriebe einzuführen und sich auf Bundesebene für die verpflichtende Teilnahme einzusetzen. Verpflichtend deshalb, so Mathes, weil dann alle Gaststätten und Lebensmittelbetriebe daran teilnehmen müssen und damit die Vergleichbarkeit geregelt ist.

Seit dem Jahr 2001 gibt es in Dänemark ein Verfahren, bei dem Gaststätten die Untersuchungsberichte der für Hygiene zuständigen Behörden im Internet veröffentlichen müssen. Gaststätten ohne Beanstandungen können sich mit einem "Smiley" kennzeichnen und damit Werbung für sich machen. In Berlin-Pankow wurde auf Initiative des grünen Stadtrats für innere Ordnung Jens-Holger Kirchner ein ähnliches System installiert, das sich sehr bewährt hat. Karin Mathes, Sprecherin für den Verbraucherschutz, berichtete: "Die bisherige Praxis mit Mahnungen und Bußgeldbescheiden hat kaum Verbesserungen gebracht. Aber allein das Wissen, eventuell auf einer Negativ-Liste zu landen, hat etliche Restaurantbesitzer dazu gebracht, von sich aus etwas zu verändern."

 

Kontrolle von Bordellbetrieben ist Menschenschutz

Durch das seit 2002 geltende Prostitutionsgesetz wurde Prostitution in Deutschland grundsätzlich legalisiert und damit der Rechtsstatus von Frauen und Männern, die freiwillig in der Prostitution arbeiten, entscheidend verbessert. Die Praxis zeigt jedoch, dass daneben Prostitution in einem erheblichen Umfang durch ausbeuterische Methoden organisiert wird, Frauen ausschließlich zum Zweck der Prostitution nach Deutschland gebracht werden und dass Frauen darüber hinaus weiterhin zur Prostitution gezwungen werden. In der Regel wird diesen Frauen hierbei der Großteil der erzielten Einnahmen abgenommen. Mit einem einstimmig beschlossenen Antrag der rot-grünen Koalition sollte hierbei Abhilfe geschaffen werden.

Für Björn Fecker, innenpolitischer Sprecher der Fraktion, hat Bremen Bedarf in drei Punkten: klare  gewerberechtliche Regelungen mit Auflagen im Bereich von Arbeits- und Gesundheitsschutz und klare gewerberechtliche Kontrollen, Versteuerung des durch Prostitution erzielten Einkommens und weitere intensive Bekämpfung der Zwangsprostitution.

Fecker hob dabei die schon bisher gute Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Sozialbehörde zur Betreuung der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution hervor, bemängelte jedoch die bisherige Haltung des Wirtschaftsressorts, sich gewerberechtlich nicht mit Prostitution nicht auseinandersetzen zu wollen.

 

Aus dem Landtag vom 24.8.2010

 

"Don't be evil!" Aktuelle Stunde zu Google Street View

"'Don't be evil' lautet der Slogan von Google, 'Sei nicht böse'. Aus grüner Sicht gehört dazu auch, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ernst zu nehmen – jetzt und in Zukunft", schloss Anja Stahmann, medienpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion ihren Redebeitrag zur Aktuellen Stunde, die auf Initiative der LINKEN-Fraktion abgehalten wurde.

In der Debatte herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass Street View allein, der neue Dienst der Firma Google, mit dem im Internet Straßen- und Häuseransichten weltweit angesehen werden können, kein Problem sei. Wofür es jedoch gesetzliche Regelungen geben müsse, sei die mögliche Verknüpfung verschiedener vorhandener persönlicher Daten mit diesem Internetservice.

"Die Vernetzung von personenbezogenen Daten in wenigen Händen ist das, was Sorgen bereitet. Ortungssysteme, die jeden Handybesitzer auffinden können; Programme, die einst als 'privat' gedachte Bilder im Internet mit Datum, Ort und Besitzer entschlüsseln, bereiten nicht nur mir mehr als Unbehagen. Ich selbst habe ein iPhone und nutze gern Facebook. Das macht Spaß, aber ich möchte sichergestellt sehen, dass meine Daten nicht missbraucht werden", sagte Anja Stahmann.

Die Befürchtungen der LINKEN vor einem totalen Überwachungsstaat stießen allerdings an den Fakten an ihre Grenzen: Sie befürchtete beispielsweise die Überwachung von krankgeschriebenen ArbeitnehmerInnen, die dann über Google danach beobachtet werden könnten, ob sie denn auch tatsächlich krank zu Hause seien. Die LINKE musste sich darüber belehren lassen, dass Google Street View die Aufnahmen in Bremen bereits vor zwei Jahren gemacht hatte.

Allgemein wurde auch vermutet, dass die hochgespielte Debatte eher dem Sommerloch und dem Ablenken der Bundesregierung von anderen Versäumnissen geschuldet sei. Dennoch, auch wenn Street View ein Schmankerl sei, habe das einen schaurig-schönen Aspekt, so Anja Stahmann: "Wer ist der erste, der das Haus zur Sozialversicherungsnummer herausbekommt? Das zeigt deutlich: Für den Umgang mit Geodaten und der dadurch folgenden Privatisierung des öffentlichen Raums brauchen wir endlich klare Bestimmungen. Dienste wie Google Street View müssen grundsätzlich ausreichend Widerspruchs- und Widerrufsmöglichkeiten bieten."

Stahmann regte abschließend an, mit Google Street View über Lizenzgebühren zu verhandeln, die Bremen verlangen könne.

 

Verfassungsrang: Bremen stellt gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Ehen gleich

Nach einem aus formalen Gründen im vergangenen Jahr gescheiterten Anlauf, in der Bremer Verfassung die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften zu schützen, wurde heute in erfolgreich absolvierter dritter Lesung ein sogar weitergehender Beschluss gefasst: Die Bremer Landesverfassung wurde dahingehend geändert, dass eingetragene Lebenspartnerschaften mit Ehen gleichbehandelt werden sollen. Björn Fecker, in der Grünen-Fraktion für Lesben- und Schwulenpolitik zuständig, zeigte sich in der kurzen Debatte wie alle anderen erleichtert darüber, dass diese Initiative von Grünen, SPD, Linken und der FDP endlich zum Abschluss gekommen sei.

Mit Bedauern wurde auf die weiterhin starre Ablehnungshaltung der CDU-Fraktion reagiert.

 

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