Die Sitzungen im Januar 2010

Die Sitzungen im Januar 2010

 

Aus dem Landtag vom 28.1.2010

 

Mehr Verkehr auf der Schiene erfordert mehr Lärmschutz bei der Bahn

Die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern vermeidet Lärm im Straßenverkehr. Allerdings ist der Schienenverkehr eine der Hauptlärmquellen in Bremen. Diesem Problem zu begegnen, wurde heute ein Antrag von FDP, SPD und Grünen beschlossen, der den Senat auffordert, auf Bundesebene und bei der Deutschen Bahn tätig zu werden und in Verhandlungen zu treten. Die Hauptverantwortlichkeit liegt in dieser Angelegenheit eben im Bund und bei der Bahn selbst.

Maike Schaefer, verkehrspolitische Sprecherin, verwies auf den vorgestern in der Stadtbürgerschaft beratenen Lärmaktionsplan des Senats, machte aber die Verantwortlichkeiten deutlich: "Wir haben in den letzten zwei Jahren oft kritisiert, dass das Eisenbahnbundesamt sehr lange gebraucht hat, bis es die Lärmdaten – auch für Bremen – vorgelegt hat. Trotzdem sollten wir honorieren, dass die Bahn den Bahnlärm als Problem erkannt und ein Lärmsanierungsprogramm aufgelegt hat. Aber wir haben es hier mit vielen betroffenen Gebieten und in Bremen mit etlichen betroffenen Stadtteilen, exemplarisch sei Oberneuland genannt, zu tun. Das Lärmsanierungsprogramm der Bahn reicht daher beileibe nicht aus. Es bedarf hier zusätzlicher Anstrengungen und Maßnahmen um einen effektiven Lärmschutz zu gewährleisten."

Die Deutsche Bahn wird zu einer deutlichen Aufstockung der Mittel für das Lärmsanierungsprogramm aufgefordert, um das Ziel des lückenlosen Lärmschutzes an innerstädtischen Hauptverkehrsstrecken zu erreichen. Weiterhin sollen verstärkt Lärmminderungen an den Schienenfahrzeugen selbst durchgeführt wie auch gesetzlich die Lärmgrenzwerte in der Immissionsschutzverordnung gesenkt werden. Der sogenannte "Schienenbonus", der für die Bahn 5 Dezibel (A) mehr erlaubt, soll abgeschafft werden.

Maike Schaefer erläuterte die technischen Forderungen: "Lärm muss bekämpft werden, dort wo er entsteht. Das bedeutet auch Optimierung der Technik, besonders der Bremsen, aber auch des Gleisbetts. Und da auf dem deutschen Schienennetz Schienenfahrzeuge aus ganz Europa verkehren, die unterschiedlich modern ausgestattet sind, gibt es Unterschiede in den Lärmemissionen. Daher ist es notwendig, sich auch auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass überall geräuscharme Züge gebaut und auch eingesetzt werden."

Abschließend machte sie noch einen Vorschlag, der allerdings nicht Gegenstand des einstimmig beschlossenen Antrags war: "Im Flugverkehr werden jetzt schon Gebühren je nach Schadstoffemission und in einigen Flughäfen, zum Beispiel Tegel/Berlin, nach Lärmemissionen erhoben. Das würde ich mir übrigens auch für den Bremer Flughafen wünschen. Das gleiche Anreizsystem könnte man sich auch für die Trassengebühren der Bahn vorstellen. Leise Züge würden einfach weniger zahlen."

 

Verbesserung der ErzieherInnenausbildung

An die Kinderbetreuung werden mehr und mehr neue Anforderungen gestellt. Das liegt unter anderem daran, dass heute in den Kindertagesstätten ein großer Schwerpunkt auf Bildung gelegt wird, dass es mehr Kinder gibt, die einer Sprachförderung bedürfen und dass der familiäre Hintergrund der Kinder stärker in den Blickpunkt der Erziehungsarbeit gerät, die Fachkräfte also verstärkt mit den Eltern arbeiten müssen.

Um diesen Anforderungen begegnen zu können, muss auch die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher verändert werden. Ein Antrag der rot-grünen Koalition dazu stand heute auf der Tagesordnung der Landtagssitzung. Darin wird der Senat aufgefordert, schon für das kommende Frühjahr ein Konzept zur Weiterentwicklung der ErzieherInnenausbildung vorzulegen.

Eine qualitative Weiterentwicklung der Ausbildung trägt neben einer besseren Betreuung und Bildung der Kinder auch zu einer Attraktivitätssteigerung des ErzieherInnenberufs bei. Eine begrüßenswerte finanzielle Aufwertung des Berufs hat durch die letzten Tarifabschlüsse bereits stattgefunden. Daneben muss auch eine sozialversicherungspflichtige Arbeitszeitvergütung für die praktischen Anteile der Ausbildung erhalten bleiben, wie sie sich gegenwärtig in dem sogenannten Anerkennungsjahr der Erzieherinnen und Erzieher darstellt.

Mustafa Öztürk, kinder- und jugendpolitischer Sprecher, machte aber auch klar, was nicht gewollt ist: "Der Erziehungsberuf ist ein von Frauen dominierter Beruf. Mehr als achtzig Prozent der Fachkräfte sind Frauen. Aus grüner Sicht muss der Fokus deshalb darauf gerichtet sein, dass nicht ein nach Geschlechtern aufgeteiltes Ausbildungssystem entsteht. Das duale System und das Schulberufssystem müssen sich angleichen. Es darf nicht dazu kommen, dass in der Neuausrichtung der ErzieherInnenausbildung kein arbeitsrechtlicher Schutz besteht, kein Mutterschutz besteht, keine Entlohnung der Ausbildung entsteht und keine Sozialversicherungsleistungen vorhanden sind."

 

Lissabon-Vertrag: Europäische Integrationsverantwortung wahrnehmen

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 30. Juni 2009 die Klagen gegen den "Lissabon-Vertrag" zurückgewiesen und diesen Vertrag in allen seinen Teilen als mit dem Grundgesetz vereinbar beurteilt. Es hat gleichzeitig festgelegt, dass in den Fällen, in denen nach dem "Lissabon-Vertrag" Veränderungen der Verträge ohne Ratifikation möglich sind ("dynamische" Vertragsänderungen), den gesetzgebenden Körperschaften – Bundestag und Bundesrat – eine besondere Verantwortung im Rahmen der innerstaatlichen Mitwirkung und daher besondere Rechte und Pflichten zukommen. Das Bundesverfassungsgericht hat insgesamt die "Integrationsverantwortung" der demokratisch legitimierten Institutionen Deutschlands hervorgehoben und angemahnt. Integrationsverantwortung als Verantwortung für die Gestaltung und die Kontrolle der europäischen Integration als Auftrag des Grundgesetzes tragen auch die Länder: Landesregierungen und Länderparlamente.

Hermann Kuhn, europapolitischer Sprecher der grünen Fraktion, hatte einen Antrag auf den Weg gebracht, der dann auch von den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP unterstützt wurde. Hierin bekräftigt der Bremer Landtag für sich, dieser Verantwortung gerecht zu werden: Er fordert den Senat auf, entsprechend der Landesverfassung auch der Bürgerschaft die Mitwirkung und Wahrnehmung ihrer Integrationsverantwortung zu gewährleisten, indem er die Bürgerschaft weiterhin frühzeitig und umfassend über Vorhaben und Entwicklungen in der Europäischen Union informiert und Stellungnahmen der Bürgerschaft zur Grundlage seines europapolitischen Handels macht. "Wir brauchen dafür kein neues Regelwerk", sagte Hermann Kuhn in der Debatte. "Es liegt ohnehin vor allem an uns, an jedem Abgeordneten, am Ausschuss und am Parlament insgesamt, ob wir aus den Sonntagsreden über die wachsende Bedeutung Europas die praktischen Konsequenzen ziehen und uns darum aktiv kümmern. Ich halte das, wie Sie vermuten werden, für außerordentlich wichtig."

Kuhn erläuterte auch das Verfahren für Stellungnahmen der Bürgerschaft, die ja nur einmal im Monat tagt: "Mit unserem heute vorgelegten Antrag geht es uns auch darum, das Verfahren festzulegen, mit dem wir unsere Rechte als Landtag wahrnehmen wollen; gerade dann, wenn sehr enge Fristen eine reguläre Plenarbefassung schwer oder gar nicht möglich machen. Für solche Fälle schlagen wir vor, dem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, internationale Kontakte und Entwicklungszusammenarbeit gemäß Artikel 105 der Landesverfassung das Recht zu übertragen, für die Bürgerschaft Stellung zu nehmen."

Die Bürgerschaft begrüßt das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags im vergangenen Dezember. Hermann Kuhn: "Von ganz links bis ganz rechts ist ja versucht worden, den Vertrag über Karlsruhe zu stoppen. Aber das Bundesverfassungsgericht hat Ja zu Lissabon gesagt, hat auch sauber die falschen demagogischen Behauptungen wiederlegt, der Vertrag verpflichte die EU zur Aufrüstung oder verbiete den Mitgliedsstaaten, eine soziale Politik zu machen. Alles genauso unsinnig wie das irische Märchen, nach Lissabon müsse man in Dublin die Abtreibungsgesetze ändern."

 

Nichtständiger Ausschuss "Umsetzung der Föderalismusreform II im Land Bremen" eingesetzt

Der rot-grüne Antrag auf Einsetzen eines Ausschusses zur Begleitung und Vorbereitung der Entscheidung über den weiteren Konsolidierungskurs und der Entscheidungen zur Umsetzung der Föderalismuskommission II, wurde heute beschlossen. Darin heißt es: "Die Sanierung und Zukunftssicherung der Freien Hansestadt Bremen wird in den kommenden Jahren weiterhin ein Thema von besonderer Bedeutung sein.

Das im März 2009 erzielte Ergebnis der Föderalismusreform II und die damit beschlossenen Neuregelungen der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern und die Änderungen des Grundgesetzes mit einer neuen und strikteren Begrenzung der Neuverschuldung des Staates stellen neue Herausforderungen an die Finanzpolitik der Freien Hansestadt Bremen. Mit der verfassungsrechtlichen Verankerung der neuen Schuldenregel muss Bremen sein Haushalt ab 2019 weitgehend ohne Neuverschuldung vorlegen. Zur Einhaltung der neuen Schuldengrenze erhält Bremen für den Zeitraum 2011 bis 2019 Konsolidierungshilfen in Höhe von 300 Mio. € pro Jahr. Diese Hilfen können Bremen die Einhaltung des Sanierungspfades erleichtern, erfordern aber erhebliche eigene Anstrengungen zum Abbau des strukturellen Defizits.

Gleichzeitig ändern sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise und durch die Steuerpolitik des Bundes die Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Schuldenbremse und Abbau der Staatsverschuldung. Weitere Einnahmeausfälle sind für Bremen nicht akzeptabel; dies wird die Leitlinie für das Abstimmungsverhalten Bremens im Bundesrat sein.

Die Vereinbarung für das kommende Jahrzehnt sind für Bremen eine Chance und eine sehr große Herausforderung. Die Rahmenbedingungen und mögliche Szenarien des Konsolidierungsweges müssen ständiger Gegenstand der parlamentarischen Beratung sein, um verantwortungsvoll entscheiden zu können.

Der Ausschuss hat die Aufgabe, sich vom Senat zeitnah über die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Konsolidierungsvereinbarung berichten zu lassen und Szenarien des Konsolidierungsweges zu prüfen und Konsequenzen daraus zu formulieren."

 

Aus dem Landtag vom 27.1.2010

Der 27. Januar ist der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus, der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 65 Jahren. Aus diesem Anlass hielt Bürgerschaftspräsident Christian Weber eine Rede, in der er unter anderem hervorhob:

"Der systematische Völkermord insbesondere an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ist eine fortdauernde Verpflichtung zu Wachsamkeit und Handeln. Nach wie vor grassiert Fremdenfeindlichkeit in vielen Köpfen der Bevölkerung, woraus auch verabscheuungswürdige Taten resultieren. Immer noch existieren unverantwortlich viele Vorurteile gegenüber Migranten und Minderheiten. Schuld daran sind insbesondere Ignoranz und Bildungsdefizite. Schreiten wir also voran in unserem Bemühen um Erziehung und Aufklärung."

Seine Rede im vollen Wortlaut können Sie hier nachlesen.

 

Leiharbeit: Systematische Tarifflucht gefährdet den sozialen Frieden

Heute wird die Geschäftsordnung der Bürgerschaft geändert, unter anderem wird die Redezeit für die Aktuelle Stunde ausgeweitet. Aber ausgerechnet in der letzten Aktuellen Stunde nach altem Modus waren drei Themen angemeldet, so dass jeweils nur kurz debattiert werden konnte. Titel der von Grünen und SPD eingebrachten Debatte war "Konsequenzen aus dem Fall Schlecker ziehen: Leiharbeit nicht für Lohndumping und Abbau von Stammbelegschaften missbrauchen".

Silvia Schön, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion, brachte es auf den Punkt: "Das ist systematische Tarifflucht und ist geeignet, das soziale Gefüge durcheinander zu bringen und den sozialen Frieden zu gefährden." Worum es geht:

Die Zeitarbeitsbranche ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Marktteilnehmer geworden. So zeigte sich vor der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise, dass sie von Entleihbetrieben überwiegend zur Abfederung von Auftragsspitzen genutzt wurde, und sie hatte eine wesentliche Bedeutung für den Marktzugang von Arbeitslosen. Jedoch hatte auch zu diesem Zeitpunkt bereits ein Drittel der Unternehmen Leiharbeit für die strategische Unternehmensentwicklung genutzt – also den Abbau von Stammbelegschaften zugunsten von Leiharbeit.

Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer haben weniger Schutz, weniger Rechte und weniger Einkommen, obwohl die EU-Leiharbeitsrichtlinie die Gleichstellung festschreibt. Unternehmen entlasten sich von Lohnkosten so weit, dass Beschäftigte ergänzend Kosten zur Unterkunft und häufig auch Arbeitslosengeld II erhalten. Damit machen Unternehmen Lohnkosten faktisch zu Gemeinkosten, die die öffentlichen Haushalte belasten.

Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise wird deutlich, dass Unternehmen die Leiharbeit in erheblich größerem Umfang für die strategische Unternehmensentwicklung nutzen. Mittlerweile gründen Unternehmen offenbar gezielt konzerneigene Leiharbeitsfirmen, in die sie Teile ihrer Stammbelegschaft zu deutlich schlechteren finanziellen und rechtlichen Bedingungen überführen.

Aktuelles Beispiel und Anlass für die Aktuelle Stunde ist der Konzern Schlecker. Er steht seit Wochen unter Druck, weil er für seine neuen XL-Filialen vor allem Leiharbeiter über die Zwickauer Leiharbeitsfirma Meniar beschäftigt. Statt Tariflöhnen von zwölf Euro werden laut Verdi nur sechs bis sieben Euro die Stunde gezahlt, statt sechs Wochen Jahresurlaub gibt es nur noch vier, Weihnachts- und Urlaubsgeld entfallen.

Silvia Schön führte weiter aus: "Die Wirtschaftswoche, sicher nicht das Zentralorgan zur Wahrung von Arbeitnehmerinteressen, hat in den letzten Wochen diese Entwicklung wiederholt sehr kritisch bewertet. Genannt werden diverse Branchen und Unternehmen, die systematisch ihre Stammbelegschaften zu Leiharbeitern machen, zu deutlich schlechteren Bedingungen. Es kommt vor im Einzelhandel, Verkehr, Chemie, Pflege, Medien und immer so weiter. Darunter finden sich offenbar die Deutsche Bahn genauso wie Gruner+Jahr, BASF und Pflegeeinrichtungen und viele mehr – alle mit konzerneigenen Leiharbeitsfirmen. Sie sind das Instrument, um Tariflöhne und Kündigungsschutz zu umgehen. Wir sagen nein zu der Entwicklung. Wir halten das für Missbrauch des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes."

Die EU-Leiharbeitsrichtlinie wurde nur unzureichend in deutsches Recht umgesetzt; ein auf Basis eines Bürgerschaftsbeschlusses initiierter Antrag Bremens im Bundesrat, der die Gleichstellung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern in Fragen von Gehalt, Schutz und Rechten mit den Stammbelegschaften regeln sollte, scheiterte an den CDU-regierten Bundesländern.

"Das ist für uns Grüne ein wichtiges Thema, zu dem wir neue Initiativen starten werden", sagte Schön abschließend. "Wir wollen kein Wild-West, wir wollen Zukunftschancen und weitgehende Sicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer."

 

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Nordseeraum

Auf Initiative des grünen Europa-Politikers Hermann Kuhn wurde heute mit großer Mehrheit beschlossen, die Bildung eines "Parlamentsforums Nordsee" zu unterstützen. Damit soll die Zusammenarbeit der Nordseeanrainerländer und -regionen gefördert werden, in Anlehnung an die 1991 ins Leben gerufene, jährlich tagende Ostseeparlamentarierkonferenz. Hermann Kuhn: "Ich hatte in den neunziger Jahren mehrfach das Vergnügen, an den Ostseeparlamentarierkonferenzen teilzunehmen. Wir Bremer Vertreterinnen und Vertreter hatten dabei immer das besondere Vergnügen zu erklären, wo genau denn Bremen an der Ostsee liegt. Wir konnten das erklären, denn Bremen hat natürlich enge Verbindungen zur Ostsee. Aber in Wirklichkeit lag und liegt uns bis heute die Nordsee doch etwas näher. Ich habe mich damals immer gewundert, dass es eine ähnliche enge politische Zusammenarbeit im Nordseeraum nicht gibt."

Für alle Nordseeanrainerstaaten ist die Zukunft von Meer und Küsten von herausragender Bedeutung für die wirtschaftliche, ökologische und soziale Entwicklung und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Um sich innerhalb der EU-Regionen und unter den Bedingungen einer globalisierten Wirtschaft zukunftsfähig positionieren zu können, müssen sie ihre Interessen bündeln und gemeinsam vertreten. Ziel dieser Kooperation ist die nachhaltige Entwicklung eines gemeinsamen Lebens-, Wirtschafts-, Forschungs-, Umwelt- und Kulturraumes. Wichtige Aspekte sind dabei Schiffbau, Schifffahrt und Häfen, Windenergie, Fischerei, Tourismus, Sicherheit, Klima- und Umweltschutz, Innovation und Forschung. Über die Stärkung existierender Partnerschaften und die Intensivierung von Netzwerken sollen gemeinsame Strategien entwickelt und umgesetzt, Synergieeffekte geschaffen und genutzt sowie sozialer Fortschritt und ökologisches Gleichgewicht verfolgt werden. Die Schaffung eines Parlamentsforums Nordsee, für das sich die Landtage von Schleswig-Holstein und Hamburg bereits ausgesprochen haben, erscheint als eine geeignete Plattform für die erforderliche breite Diskussion aller den Nordseeraum betreffenden Fragen.

"Wir sehen ein solches Forum als wunderbare und sinnvolle Ergänzung der vielen anderen Aktivitäten, die darauf zielen, uns in der Bewältigung der Herausforderungen zusammenzutun und die Stärken des Nordseeraums zur Geltung zu bringen", so Hermann Kuhn. "Bremen sollte sich nicht von der Ostsee abwenden, aber der Nordsee weiter zuwenden."

Hamburg hat sich inzwischen bereiterklärt, zu einer Auftaktveranstaltung einzuladen. Mit dem Bürgerschaftsbeschluss von heute wird u.a. der Vorstand gebeten, bei der Vorbereitung die Interessen des Landes Bremen zu vertreten und zu prüfen, welchen Beitrag Bremerhaven und Bremen dabei leisten können.

 

Mehr MigrantInnen ins Lehramt und in soziale Berufe

Vor knapp einem Jahr wurde mit einem rot-grünen Antrag der Senat aufgefordert, ein Konzept vorzulegen, wie das Ziel, mehr MigrantInnen für das Lehramt und für Studiengänge, die zu Abschlüssen in sozialen Berufen führen, zu motivieren, erreicht werden kann. Das Konzept sollte eine Strategie enthalten, bei der die zu schaffenden Voraussetzungen und die einzuleitenden Maßnahmen in Kooperation mit der Universität und den Hochschulen im Lande Bremen aufgezeigt werden.

Dieses Konzept (siehe hier) hatte der Senat im November 2009 vorgelegt und wurde heute in der Bürgerschaft debattiert, zur Freude von Zahra Mohammadzadeh, der integrationspolitischen Sprecherin: "Mit dem hier vorliegenden Konzept erreichen wir erneut einen Meilenstein der Integration! Das macht mich froh, denn mit dem Ziel, mehr MigrantInnen als Lehrkräfte und Pädagogen zu gewinnen, schlagen wir einen neuen Weg ein und leisten damit wieder einmal einen entscheidenden Beitrag im Umgang mit Vielfalt, den unsere Gesellschaft braucht."

Die Arbeitsgruppe, die das Konzept erstellte, hatte einen Maßnahmenkatalog zu mehreren Bereichen vorgeschlagen: Förderung der Repräsentanz in der Schule, Förderung von interkultureller Kompetenz und Sprachkompetenz in der Schule, Förderung im Studium, Förderung im Referendariat und im Anerkennungsjahr, Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen, von Berufserfahrungen und Sprachkompetenzen, Forschung, Einbeziehung von Stiftungen sowie Werbung und Marketing.

Zahra Mohammadzadeh machte aber auch deutlich, dass es damit nicht getan ist: "Doch so schön diese Erkenntnisse sind, vor uns liegt noch ein längerer Weg der Umsetzung." Als mitentscheidend für den Umsetzungserfolg erachtete sie besonders folgende vier Punkte.

Erstens: Die Werbung für die Lehrerausbildung oder für die Ausbildung in sozialen Berufen muss künftig speziell auf die SchulabgängerInnen mit Migrationshintergrund ausgerichtet werden.

Zweitens: Die Kompetenz in Deutsch ist eine wesentliche Voraussetzung für das Ankommen in Schule, Hochschule und Beruf. Wir müssen das Angebot an Deutsch-Förderunterricht sowohl quantitativ als auch qualitativ steigern.

Drittens: Die Mehrsprachigkeit von Migrantinnen und Migranten darf nicht abgewertet werden. Sie ist ein Qualifikationsmerkmal, das anzuerkennen und zu fördern ist.

Viertens: Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen.

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 26.1.2010

 

Mehr Bürgernähe im Stadtteil: neues Beirätegesetz beschlossen

"Was lange währt, wird endlich gut", freute sich Dirk Schmidtmann, Sprecher für Bürgerbeteiligung und Beiräte. Denn mit dem heute beschlossenen neuen "Gesetz über die Beiräte und Ortsämter" fand nicht nur ein langer Beratungsprozess unter Beteiligung aller Beiräte seinen Abschluss. Damit wurde auch ein Schwerpunkt des Koalitionsvertrags von SPD und GRÜNEN umgesetzt, mehr Bürgernähe für stadtbezogene Entscheidungen sicherzustellen. Das Gesetz bildet den Rahmen für die Tätigkeit der Beiräte und Ortsämter im Stadtteil und soll dabei insbesondere Verwaltungsverfahren und Entscheidungen transparent machen, bürgerschaftliches Engagement fördern und eine hohe Akzeptanz bei den Bürgern erreichen.

Dirk Schmidtmann warf zunächst einen Blick zurück: "Seit über zwanzig Jahren kämpfen die Grünen hier im Haus für mehr Beiratsrechte. In der Ampelkoalition scheiterten wir an der FDP. Zwölf Jahre großer Koalition zeichneten sich unter den CDU-Innensenatoren eher dadurch aus, dass sogar Rechte, die im Gesetz standen, den Beiräten nicht zugebilligt wurden: Ihnen wurden Akteneinsichtsrechte nicht gewährt, ihnen wurde verboten, bestimmte Themen überhaupt auf die Tagesordnung zu setzen, und es wurde verhindert, dass Initiativen, die nicht Senatspolitik betrieben, Globalmittel erhalten. Nun aber, in dieser rot-grünen Koalition, wurde endlich mit diesem Beirätegesetz ein großer Schritt nach vorne gegangen."

Wesentliche Bestandteile des Gesetzes sind:

  1. eine Stärkung der Informationsrechte der Beiräte als notwendige Voraussetzung für eine wirksame Wahrnehmung der Mitwirkungs-, Zustimmungs- und Entscheidungsrechte in den Verfahren nach diesem Gesetz.
  2. die Ausweitung der Entscheidungskompetenzen der Beiräte in verschiedenen Aufgabenbereichen, soweit sie überwiegend stadtteilbezogene Bedeutung haben.
  3. die Durchführung jährlicher gemeinsamer Planungskonferenzen, in denen die Aktivitäten der Ressorts sowie der Ortsämter und Beiräte für den jeweiligen Stadtteil verstärkt koordiniert werden.
  4. eine Ausweitung der Entscheidungskompetenzen der Beiräte in Bezug auf stadtteilbezogene Mittel in den Einzelplänen nach Maßgabe des Haushaltsplans.
  5. die Überarbeitung der Einvernehmensregelungen zwischen Beiräten und Deputationen mit erweiterten Möglichkeiten zur Anrufung der Stadtbürgerschaft durch die Beiräte.
  6. die Stärkung der Ortsamtsleitungen in ihrer Funktion für das Stadtteilmanagement durch Zuweisung von Planungs- und Koordinierungsfunktionen und zum Beispiel die Durchführung von Moderations- und Schlichtungsverfahren im Stadtteil.

"Mit diesem neuen Beirätegesetz werden nicht nur die Beiräte gestärkt", so Schmidtmann weiter, "sondern wir wollen auch alle Mitbürgerinnen und Mitbürger mitnehmen und sie ausdrücklich auffordern, sich in ihrem Stadtteil mit einzubringen und sich einzumischen."

Beispielsweise mit den neuen regelmäßigen Planungskonferenzen erhalten die Beiräte und Bürger und Bürgerinnen vor Ort die Möglichkeit, sich schon im Vorfeld über die Planungen der einzelnen Ressorts zu informieren und teilzuhaben. Hiermit sollen die einzelnen Senatsressorts dazu kommen, ihre Fachplanungen besser aufeinander abzustimmen. Dirk Schmidtmann machte dies an einem Beispiel deutlich: "Der Ausbau einer Ganztagsschule, Bereich Bildung, hat Auswirkungen auf die Kinderhorte, Bereich Soziales, und auf etwa Sportvereine, Bereich Sport."

Für die grüne Bürgerschaftsfraktion ist dieses neue Beirätegesetz ein weiterer Baustein für mehr Demokratie in Bremen, betonte Schmidtmann: "Dazu gehören auch die bereits beschlossene Erleichterung der Volksgesetzgebung, das neue Petitionsgesetz mit Online-Petitionen, die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre auch bei Landtagswahlen, das Informationsfreiheitsgesetz und die Öffentlichkeit von Parlamentsausschüssen und Deputationen. Beschließen Sie dieses Gesetz und geben Sie es den Beiräten und Bürgerinnen und Bürgern zurück, damit sie damit arbeiten können." – dem Wunsch kam die Stadtbürgerschaft dann auch mit großer Mehrheit nach.

 

Lärmschutz steigert die Lebensqualität

"Seitdem ich der Bürgerschaft angehöre, haben wir hier schon öfters zum Thema Lärmschutz debattiert. Das macht die Brisanz des Themas deutlich", begann Maike Schaefer, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, ihren Debattenbeitrag. Anlass war der Aktionsplan zur Lärmminderung, den der Senat einer EU-Richtlinie entsprechend der Stadtbürgerschaft vorlegte.

Dieser Aktionsplan soll als Grundlage dienen, um in der Stadt- und Bauleitplanung Lärmaspekte stärker zu berücksichtigen und damit die Wohnqualität in der Stadt zu erhöhen. Die am stärksten von Lärm bedrohten Menschen sollen entlastet und Verschlechterungen entgegengewirkt werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Minderung des Lärms aus dem Straßenverkehr. Die Maßnahmen dazu umfassen unter anderem Zuschüsse zu Schallschutzfenstern, Geschwindigkeitsreduzierungen, den Austausch von Straßenbelägen, die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs. Für die Umsetzung der Maßnahmen soll jährlich eine Million Euro zur Verfügung gestellt werden.

"Lärm ist die subjektiv am stärksten wahrgenommene Umweltbelastung", erläuterte Maike Schaefer den Hintergrund, "Und laut dem Verkehrsclub Deutschland leiden fast zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland unter Straßenlärm. In der Stadt Bremen sind einige Tausende Menschen davon betroffen, und das meine Damen und Herren, können wir den Menschen nicht länger zumuten. Zum einen haben die Menschen ein Recht auf Gesundheit und damit verbunden auf Lärmschutz. Das ist uns extrem wichtig. Zum anderen gibt es auch den ganz pragmatischen Grund, dass wir wollen, dass Menschen und gerade auch junge Familien gerne in Bremen wohnen bleiben und nicht in das Umland ziehen. Daher müssen wir Bremen als lebens- und liebenswerte Stadt erhalten. Und dazu gehört auch, dass man hier gerne wohnt, weil es nicht zu laut ist."

In dem Zusammenhang kritisierte sie auch die jüngsten Äußerungen des neuen Geschäftsführers des Bremer Flughafens, für das Nachtflugverbot weitere Ausnahmegenehmigungen zu bekommen und es langfristig vollends abzuschaffen: "Bremen hat den city- bzw. innenstadtnächsten Flughafen in ganz Deutschland. Er ist nur dreieinhalb Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Das hat Vorteile, aber auch erhebliche Nachteile. Vom Fluglärm sind massiv viele Menschen im Süden Bremens betroffen. Wir Grünen wollen, dass das Nachtflugverbot deutlich eingehalten wird, denn die Menschen haben ein Recht auf Schlaf. Auch das ist Gesundheitsschutz! Die Nachtflugbeschränkung muss erhalten bleiben zum Wohle der Menschen vor Ort und darf nicht dem Profit geopfert werden."

Unter den oben genannten Maßnahmen hob Schaefer hervor: "Gerade auch Geschwindigkeitsreduzierungen sowohl bei Pkw als auch gerade bei Lkw sind effektive und kostengünstige und damit in einem Haushaltsnotlageland wie Bremen umsetzbare Maßnahmen." Hinzu kämen Lkw-Durchfahrtsverbote wie auf der Kattenturmer Heerstraße, wobei wirksame Verkehrskontrollen durchgeführt werden müssten, damit auch wirklich alle Verkehrsteilnehmer zur Lärmreduzierung beitragen.

Maike Schaefer schloss: "Das Thema Lärmschutz wird uns sicher noch die nächsten Jahre begleiten, aber mit der Verabschiedung des heutigen Lärmaktionplans ist der Startschuss für mehr Lärmschutz und damit mehr Lebens- und Wohnqualität in Bremen gegeben, weil es uns die Menschen wert sein müssen. Vor uns liegen noch sehr viele Herausforderungen, Lärmschutz wird ein anstrengender und kontinuierlicher Prozess sein, an dem wir alle mitwirken müssen, um langfristig Erfolge zu erzielen."

 

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