Die Sitzungen im Dezember 2011

Die Sitzungen im Dezember 2011

 

Aus dem Landtag vom 15. Dezember 2011

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Resolution gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus

Mit einer von allen Fraktionen getragenen Entschließung gedachte heute die Bürgerschaft der Opfer und Angehörigen der Mordserie einer nationalsozialistischen Terrorgruppe. Zugleich bekräftigte die Bürgerschaft ihr Eintreten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. So heißt es unter anderem in dem Antrag: "Wir werden rechtsextremistischem und rassistischem Gedankengut in allen gesellschaftlichen Bereichen weiterhin gemeinsam mit aller Entschlossenheit entgegentreten und die politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzung vertieft fortsetzen. Dazu ist eine umfassende Analyse – auch der gesellschaftlichen und sozialen Ursachen – unverzichtbar; aus Fehlern müssen die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt werden. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass rechtsextremistische Täter und rassistische Taten konsequent strafrechtlich verfolgt werden und dass Opfer rechtsextremistischer und  rassistischer Anfeindungen sowie Angriffe Solidarität und Unterstützung erfahren."

In der von den Fraktionsvorsitzenden geführten Debatte dankte Matthias Güldner seinem Kollegen von der SPD, dass er die Namen der Opfer vorgelesen hatte: "Das gab uns Gelegenheit, noch einmal innezuhalten für ein Gedenken an die Opfer." Güldner ging im weiteren auf die offensichtlichen Fehler der involvierten Behörden ein: "Es ist unbegreiflich, dass da eine Gruppe von Neonazis über Jahre Morde, Bombenanschläge und Banküberfälle begehen konnte, ohne dass eine Behörde eine Spur verfolgt hätte. Das kann nicht nur Schlampigkeit oder Versehen gewesen sein, denn die Täter waren offensichtlich bekannt. Sie waren im Visier der Behörden, aber erst viele Jahre später kommt es an die Oberfläche, nachdem sie tot in einem Wohnmobil gefunden wurden."

Der grüne Fraktionsvorsitzende nahm Stellung zu den Ermittlungen und den öffentlichen Schuldzuweisungen der Behörden, die über zehn Jahre die Täter nur im Umfeld der Opfer gesucht und ein rassistisches Motiv nicht in Betracht gezogen haben: "Es gab niemals auch nur einen Hinweis darauf, dass die Opfer in die Umstände ihrer Ermordung verstrickt gewesen sein könnten, niemals auch nur einen einzigen Beweis. Diese Verhöhnung der Opfer ist eines scheußlichsten Dinge, die in diesem Land vorgekommen sind."

Güldner sagte zum angestrebten Verbot der NPD: "Es ist richtig, dass die NPD in diesem Land nicht zu suchen hat und verboten werden muss. Aber beim zweiten Mal müssen wir es so anstellen, dass wir die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts, die wir seit 2003 kennen, auch erfüllen, dass eben nicht die Führungsebene der NPD mit staatlichen V-Leuten durchsetzt ist. In Bremen erfüllen wir sie, aber im Bund oder in einigen Ländern sind immer noch V-Leute in diesen Positionen, was ein Verbotsverfahren wieder scheitern lassen könnte. Das müssen wir vermeiden."

Matthias Güldner warnte davor, dass der Kampf gegen Nazis und Faschismus mit dem NPD-Verbot als beendet betrachtet werden könnte: "Der Kern des Widerstands gegen solche braunen Bestrebungen muss in der Mitte der Gesellschaft, also bei uns allen liegen. An uns hängt es nicht zuletzt, ob in den Betrieben, den Schulen oder den Initiativen, dass diese braune Gefahr zurückgedrängt werden kann."

 

Nächtlichen Fluglärm verringern

Lärm macht erwiesenermaßen krank, dies gilt auch für den Fluglärm. Nach einer aktuellen Studie, die derzeit die Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit in Bremen untersucht, sind ca. 100.000 Menschen vom Fluglärm betroffen – in der Neustadt, in Obervieland/Kattenturm, in Hemelingen, in Huchting. Mit einem heute beschlossenen Antrag, der auf Initiative der Grünen gestellt wurde, wurden dem Senat Vorgaben gemacht, die den Fluglärm reduzieren sollen: die Einhaltung der vorgeschriebenen Nachtflugbeschränkungen mit Ausnahmen nur noch in zwingenden Fällen und die Änderung der Flughafengebührenordnung mit höheren Zuschlägen für Starts und Landungen in der Nachtzeit und höheren Zuschlägen abhängig von den Lärmemissionen.

Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Maike Schaefer: "Wir Grünen fordern ein faires Nebeneinander von Luftverkehrsinfrastruktur und Flughafenanwohnern. Gegenseitige Rücksichtnahme bedeutet, dass natürlich wirtschaftliche Interessen von Flughafenbetreiber und Fluggesellschaften gewahrt sein müssen, aber auch, dass die Wohn- und Lebensqualität und vor allem die Gesundheit der Anwohner im Fokus stehen müssen. Mit diesem Antrag gehen wir einen Riesenschritt in Richtung Fluglärmminderung. Wir schaffen ein effektives Anreizsystem, um gerade nächtlichen Fluglärm zu reduzieren. Dies ist ein Riesengewinn für den Gesundheitsschutz für sehr, sehr viele Betroffene."

 

Ombudsperson für die Hochschulen

Immer wieder stehen Studierende vor Problemen, die ihr Studium erschweren. Dies können organisatorische, personenbezogene, inhaltliche oder persönliche Schwierigkeiten sein. Gerade im Fall einer subjektiv als ungerecht empfundenen Behandlung, z. B. bei Klausuren und Prüfungen, trauen sich Studierende häufig nicht, dagegen vorzugehen, obwohl es der Rechtslage nach möglich wäre. Oder Studierende sind sich unsicher, an welche Ansprechpartner oder Anlaufstellen sie sich innerhalb ihrer Hochschule wenden können.

Ombudspersonen als niedrigschwellige Anlaufstelle und Vermittlungsinstanz für Studierende sind in zahlreichen nordeuropäischen und US-amerikanischen Universitäten seit langem etabliert. Auch z. B. an der Goethe-Universität in Frankfurt gibt es mittlerweile Ombudspersonen als Ansprechpartner für allgemeine oder individuelle Kritik und Beschwerden sowie für Anregungen und Verbesserungsvorschläge von Studierenden. Auch für den akademischen Nachwuchs wäre eine Ombudsperson hilfreich, da sie häufig mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind.

Silvia Schön, wissenschaftspolitische Sprecherin, vertrat ihren heute beschlossenen Antrag: "Studierende wollen heute schneller studieren. Sie wollen innerhalb der Regelstudienzeit fertig werden, und zwar sowohl aus berufsbiographischen Gründen als auch aus Kostengründen. Das ist aber nicht voraussetzungslos. Eine Voraussetzung ist, das sie angemessen betreut werden."

Als Beispiele dafür nannte sie das Einhalten der Sprechzeiten der Hochschullehrer und ‑lehrerinnen und die Korrektur von Modul- und Abschlussarbeiten innerhalb der Fristen. Letzteres ist besonders wichtig, denn Verzögerungen führen etwa dazu, dass ein Anschlussmodul nicht angewählt werden kann, zu Problemen im Übergang vom Bachelor zum Master oder erschweren einen Hochschulwechsel. Schön: "Die Etablierung einer Ombudsperson ist sicher nicht die alleinige Möglichkeit, diese Art von Problemen zu beseitigen. Aber es ist eine Möglichkeit, die weiterhelfen kann, damit Studierende unter anderem rechtzeitig ihre Arbeiten korrigiert bekommen und zeitnah in Master, Job oder Anschlusskurse gehen können."

 

Familienbesuche für MigrantInnen erleichtern

Gäste aus Nicht-EU-Ländern, die nach Bremen zu einem Familienbesuch kommen wollen, benötigen in der Regel ein Visum, selbst dann, wenn der oder die Einladende längst die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Dies gilt zum Beispiel für Gäste aus der Türkei, aus Russland, aus afrikanischen und den meisten asiatischen Ländern. Voraussetzung ist dann, neben der rechtzeitigen Antragstellung im Herkunftsland des Gastes, dass die Person, die einlädt, eine Verpflichtungserklärung abgibt oder eine finanzielle Sicherheit hinterlegt zur Sicherung sämtlicher Kosten, die der öffentlichen Hand für die Dauer des Aufenthalts des Gastes im Bundesgebiet entstehen könnten. Oftmals dauert das Genehmigungsverfahren so lange, dass die Familienfeier längst vorbei ist, wenn endlich das Visum erteilt wird. Manche Familien verfügen aber auch nicht über ein hinreichendes Einkommen, um eine wirksame Verpflichtungserklärung abgeben zu können oder die finanzielle Sicherheit zu hinterlegen; manchmal wird die Genehmigung des Besuchs auch einfach im Ermessenswege nicht erteilt. Diese in Europa nahezu einzigartig strenge Einreisepolitik wird von der EU-Kommission ausdrücklich gerügt. EU-Bürgerinnen und -Bürger sollen gem. Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 29. April 2004 grundsätzlich das Recht haben, ihre Familien in die EU einzuladen. Deutsche Gerichte erwägen mittlerweile, ob türkische Staatsangehörige nicht bereits aufgrund des sogenannten Assoziationsabkommens grundsätzlich ohne Visum zu Familienbesuchen nach Deutschland einreisen dürften und haben diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Ein heute beschlossener Koalitionsantrag fordert vom Senat, sich auf Bundesebene für eine Neuausrichtung der Einreisepolitik einzusetzen, die den Anforderungen der EU-Richtlinie entspricht und eine Visumsfreiheit für türkische Staatsangehörige beinhaltet.

Zahra Mohammadzadeh, in der Fraktion für die Bereiche Migration und Integration zuständig, schildert die Absurditäten: "So, wie die Dinge liegen, tut der Gesetzgeber so, als hätten die Migranten in diesen Fällen einen Familiennachzug vor. Was sie aber wirklich wollen, ist doch nur ein Besuch. Die Besucher müssen bei den deutschen Auslandsvertretungen nachweisen, dass sie nicht beabsichtigen, in Deutschland zu bleiben: ein fester Arbeitsvertrag im Herkunftsland, Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, finanzielle Mittel, eine eigene Familie, ein Alter, das sicherstellt, dass die Frau sich nicht verheiraten will oder ein Pflegefall wird. Das alles muss dann auch noch amtlich übersetzt werden. Die Gastgeber müssen zudem eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, in der versichert wird, dass man in der Lage ist, für Unterhalt, Wohnen und Krankheitskosten der Gäste aufzukommen. Diese Regelungen und vor allem ihre Umsetzung sind willkürlich. Das sieht man schon daran, dass die Ablehnung eines Besuchervisums nicht begründet werden muss. Es ist in Deutschland von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich, wie hoch das Einkommen sein muss, um Gäste einladen zu dürfen. Darüber hinaus sind laut Merkblatt für die Bonitätsprüfung die Angaben zu einkommensmindernden Faktoren zwar 'freiwillig', aber ohne sie erfolgt keine Bonitätsprüfung, und die wiederum ist für den Antrag entscheidend."

Innensenator Mäurer begrüßte den Antrag und sagte, dass diese Regelungen nicht nur beschämend seien, sondern auch rechtswidrig. Ein Vorstoß in der Innenministerkonferenz sei an den CDU/CSU-regierten Ländern gescheitert, nun soll der Weg über den Bundesrat genommen werden, wo andere Mehrheiten herrschen.

 

Stalking als Tatbestand im Opferentschädigungsgesetz aufnehmen

Das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) ist die maßgebliche Rechtsgrundlage, die Opfern von Gewalt in Deutschland staatliche finanzielle Entschädigung eröffnet. Ein Anspruch nach dem Gesetz setzt aber einen tätlichen Angriff voraus. Damit werden sowohl Fälle des Stalkings als auch der Freiheitsberaubung ausgeschlossen. Beim Stalking handelt es sich um Psychoterror, der zwar nicht immer mit tätlichen Übergriffen verbunden ist, jedoch häufig ebenso gravierende Folgen bei den Opfern zeigt wie physische Angriffe. Ein Großteil der Opfer leidet unter Angststörungen und Panikattacken. Und Freiheitsberaubung kann je nach Dauer und Umständen zu ebenso schwerwiegenden körperlichen und psychischen Schäden führen wie eine Körperverletzung.

Bemängelt wird auch die oft äußerst restriktive Anwendung durch die Versorgungsverwaltungen der Länder. Mit einem heute beschlossenen Antrag wird der Senat aufgefordert, die Umsetzung des Gesetzes für Entschädigungen in Bremen zu prüfen und sich auf Bundesebene für die Aufnahme weiterer Tatbestände wie Stalking und Freiheitsberaubung in das Opferentschädigungsgesetz als Anspruchsgrundlage aufzunehmen.

Sülmez Dogan, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion: "Bremen bietet ein bundesweit beachtetes Konzept im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs durch das Programm Stalking-KIT an. Dieses Programm bietet den Betroffenen ein über die Leistungen des Opferentschädigungsgesetzes hinausgehendes Hilfekonzept an, das sehr gut angenommen wird. Dies ändert selbstverständlich nichts an den tatsächlich existierenden Schwächen des Gesetzestextes."

Dogan hob den Abschlussbericht des Runden Tisches "Sexueller Missbrauch" der Bundesregierung hervor, der eine umfassende Auswertung des Opferentschädigungsrechts vorgenommen hatte, die ganz konkrete Probleme und Fehlentwicklungen aufzeigt. Sülmez Dogan: "Dies wollen wir auf Landesebene verändern und bitten den Senat deshalb in unserem Antrag, die Vorgaben des Runden Tisches zu prüfen."

 

Aus dem Landtag vom 14. Dezember 2011

Schutz von landwirtschaftlichen Nutzflächen

Mit ihrer Großen Anfrage "Schutz von landwirtschaftlichen Nutzflächen" problematisierte die CDU-Fraktion einen "rasanten" Flächenverbrauch in Bremen, der zum Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen führe und kritisierte unter anderem die Beschränkungen durch Naturschutzmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen für Bebauungsprojekte.

Jan Saffe, in der Grünen-Fraktion für Landwirtschaft zuständig, warf in seiner Jungfernrede den Ball zurück ins Spielfeld der CDU: "Ich freue mich über die erstaunlich progressive Anfrage der CDU zum Schutz von landwirtschaftlichen Nutzflächen in Bremen. Und seien Sie beruhigt, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Ihre neuen Sorgen um die Landwirtschaft teilen wir komplett und freuen uns, dass Sie sich nun endlich auch Gedanken um die Folgen des maßlosen Flächenfraßes machen, den Sie vor rund zwölf Jahren innerhalb der großen Koalition mit auf den Weg gebracht haben. All die Großangriffe auf wunderbare Naturgebiete wie die Arberger und Mahndorfer Marsch, das ehemals für Landwirtschaft genutzte Gebiet zwischen Oberneuland und der Neuen Vahr, wo sich jetzt der sogenannte Büropark Oberneuland mit vielen Leerständen befindet, wurden damals eingeleitet. Ihre Pläne, auch die Osterholzer Feldmark und das Hollerland zu bebauen, konnten glücklicherweise vor allem von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort verhindert werden."

Saffe betonte den zurückgehenden Flächenverbauch in den letzten Jahren, besonders seitdem Rot-Grün regiere: Wurden zwischen 1996 und 2008 noch 996 Hektar in Anspruch genommen, waren es danach nur noch 178 Hektar: "Das ist selbst zeitbereinigt gerade einmal die Hälfte dessen, was Sie so versiegelt haben." Er zeigte Ideen für eine Flächenkonversion im größeren Stil auf: Brachen, größere Autoparkplätze, Garagenhöfe und große versiegelte Flächen würden entsiegelt und für sogenanntes "urban farming", also Landwirtschaft in der Stadt genutzt. "Eigentlich nichts Neues", so Jan Saffe, "früher wurde in den Städten viel Gemüse und Obst angebaut. Es wäre aus meiner Sicht eine winwinwinwin-Angelegenheit: Entsiegelung, Gewinn von landwirtschaftlich zu nutzender Fläche in der Stadt, Zurückdrängen des Autoverkehrs, Klimaschutz und Abflussmöglichkeiten für die nächsten Starkregen. Es handelt sich hierbei nicht um grüne Spinnereien: In München, Leipzig oder Berlin wurden solche Projekte erfolgreich umgesetzt."

 

Kostenlose Verhütungsmittel für Hartz IV-EmpfängerInnen

Wer älter ist als zwanzig Jahre und Hartz IV oder Sozialhilfe bezieht, bekommt seit dem Jahr 2004 die Kosten für Verhütung nicht mehr von den Krankenkassen erstattet. Mit einem Regelsatz für Gesundheitsausgaben von monatlich 15 Euro 55 werden die Kosten für Verhütungsmittel nicht gedeckt. Mit einem rot-grünen Antrag wird der Senat aufgefordert, auf Bundesebene für die Wiedereinführung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen hinzuwirken und auf Landesebene die Möglichkeiten einer möglichen Fonds-Bildung zu ermitteln. Damit könnte zumindest einem Teil der betroffenen Frauen und Männer der kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln ermöglicht werden.

Die grüne Sozialpolitikerin Susanne Wendland erläuterte den Antrag: "Die Einführung der Anti-Baby-Pille war Anfang der sechziger Jahre – insbesondere für die Frauen – ein Meilenstein: sexuell aktiv sein dürfen, ohne ständige Angst haben zu müssen vor einer ungewollten Schwangerschaft! Damit konnten Frauen die Fäden für ihr Leben und ihre Familienplanung selbst in die Hand nehmen. (…) Mit unserer parlamentarischen Initiative wollen wir das Recht auf eine selbstbestimmte Lebens- und Familienplanung und auch auf lustbestimmte Sexualität hervorheben. Das heißt für uns, auch Geringverdienende oder Menschen, die Sozialleistungen beziehen, müssen Zugang zu Verhütungsmitteln haben! Das ist aber bisher nicht der Fall."

Und zu den Bremer Möglichkeiten führte Wendland aus: "Und eins steht ganz klar fest: Für uns Grüne hat diese Aufgabe sozialpolitische Priorität. Deshalb bitten wir den Senat zu prüfen, wie es möglich gemacht werden kann, betroffenen Frauen kostenlose Verhütungsmittel anzubieten. Hier sind unter Beteiligung aller relevanten Akteure wichtige Fragen zu klären, zum Beispiel: Welcher Personenkreis soll erfasst werden? Also Frauen, die Hartz IV oder Sozialhilfe erhalten, geringverdienende Frauen oder Frauen in besonderen Lebenslagen. Wie können diese Personenkreise auch rechtlich abgegrenzt werden, ohne dass uns eine Klagewelle bevorsteht? Wie soll das Vergabeverfahren gestaltet werden, ohne unnötige bürokratische Hürden neu zu schaffen?"

Der Antrag wurde einstimmig beschlossen.

 

Nationales Aktionsprogramm zur Gebäudesanierung

Der Gebäudebestand in Deutschland stammt zu großen Teilen aus den 50er und 60er Jahren, ist schlecht wärmegedämmt oder verfügt über veraltete Heizungsanlagen und hat einen dem entsprechend hohen Energiebedarf. . Er ist für 40 % des Endenergieverbrauchs und entsprechende CO2-Emissionen verantwortlich. Bisher wurde jedoch jährlich weniger als ein Prozent des Gebäudebestands energetisch saniert, zur Erreichung der Klimaschutzziele ist aber eine Quote von mindestens drei Prozent notwendig. Die bisher bereitgestellten Fördermittel und Anreize sind folglich nicht ausreichend und müssen aufgestockt werden, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Die Initiative der Bundesregierung zur steuerlichen Absetzbarkeit von Sanierungen ist der falsche Weg, um diese Ziele zu erreichen. Die Länder haben sich mit dem Bund auf einen ehrgeizigen Fahrplan zum Abbau der Neuverschuldung geeinigt, der gerade Bremen in den nächsten Jahren vor gewaltige Herausforderungen stellen wird. Zusätzliche Steuerausfälle gefährden die Erreichung dieses Zieles und sind nicht hinnehmbar.

Die energiepolitische Sprecherin der grünen Fraktion, Anne Schierenbeck, erläuterte in der Debatte: "Alle Programme, die zum Ziel haben, dass Deutschland sich mit erneuerbaren Energien selbst versorgt, basieren darauf, dass die Gebäude bis zum Jahr 2050 kaum noch Energie zum Heizen brauchen. Technisch ist es schon heute möglich, Neubauten können seit 15 Jahren ohne Heizung gebaut werden. Und auch bei Altbauten ist es möglich, durch eine fachgerechte Dämmung sowie eine neue Heizung 50 bis 70 Prozent des Energiebedarfs zu einzusparen. (…) 750 Milliarden Euro wären nötig, um bis 2030 die Ziele in Sachen energetischer Sanierung des derzeitigen Gebäudebestands erreichen zu können. Ein großer Teil dieser Mittel wird von den Hauseigentümern selbst aufgebracht werden müssen. Wie kann der Staat helfen, diese Mittel zu mobilisieren bzw. diejenigen zu unterstützen, die das nicht selbst leisten. (…) Womit wir Grünen ein Problem haben, ist, dass mit dem vorgeschlagenen Gesetzentwurf der Bundesregierung wieder mal diejenigen besonders gefördert werden, die sowieso zu den wirtschaftlich Leistungsfähigeren unserer Gesellschaft gehören. Es würde eine weitere Möglichkeit für Gutverdiener, ihre Steuern zu reduzieren. (…) Das vorgeschlagene Mittel einer Steuerentlastung ist jedoch nicht der richtige Weg und ebenfalls nicht nachhaltig. Bremen würden Steuereinnahmen von ca. neun Millionen Euro jedes Jahr fehlen. Wir meinen daher, dass eine direkte Förderung und eine Vereinfachung der KfW-Programme der bessere Weg sind."

Mit einem heute beschlossenen Antrag fordert die Koalition den Senat auf, sich auf Bundesebene für eine deutliche Erhöhung der Fördermittel und zinsvergünstigten Kredite zur energetischen Sanierung des Gebäudebestands einzusetzen. Bei einem Bundesprogramm soll bei der Förderung insbesondere die finanzielle Tragfähigkeit der Sanierungsmaßnahmen durch die Eigentümer von selbstgenutzten Immobilien berücksichtigt werden. Zudem soll der Senat bei der Ausgestaltung der Förderprogramme mit darauf hinwirken, zusätzliche Belastungen für Mieterinnen und Mieter möglichst zu vermeiden, zumindest aber zu gewährleisten, dass Förderungen von umlagefähigen Kosten in Abzug gebracht werden.

 

Wer den EU-Haushalt kürzen will, schwächt Europa

Die EU-Kommission hat ihre Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 vorgeschlagen. An der jetzt beginnenden Debatte um die EU-Finanzplanung müssen sich alle politischen Ebenen in Wahrnehmung ihrer Interessen und ihrer Integrationsvereinbarung beteiligen. Mit einem auf Initiative der Grünen heute beschlossenen Antrag wird der Senat aufgefordert, sich an der Diskussion auf nationaler wie auf europäischer Ebene unter bestimmten Voraussetzungen entsprechend tätig zu werden.

Hermann Kuhn, europa- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion: "Unser Antrag konzentriert sich auf zentrale Fragen: die Höhe des Haushalts insgesamt und die Einnahmen. Die Kommission schlägt 1,05 Prozent des Bruttosozialproduktes als Ausgabenrahmen vor. Wir halten das für die absolute Untergrenze, ich persönlich bin mit der großen Mehrheit des Europäischen Parlaments der Auffassung, dass das eher zu wenig sein wird. Die Bundesregierung will mit einer Handvoll anderer Staaten den Haushalt auf ein Prozent festlegen und damit real absenken." Kuhn wies darauf hin, dass der EU mit dem Vertrag von Lissabon viele neue Aufgaben zugewiesen worden sind, eine gemeinsame Energiepolitik etwa oder der Ausbau der EU-Außenpolitik mit einem gemeinsamen diplomatischen Dienst. "Es soll Neues dazu kommen, aber die Mittel gekürzt werden? Das macht keinen Sinn. Sinn würde es machen, gleichzeitig die nationalen auswärtigen Dienste abzubauen. Aber davon ist nichts zu sehen, weil Berlin in Wahrheit keine Macht abgeben will, in Widerspruch zu den Verträgen. Die Aufgaben der EU wachsen. Wer in dieser Situation den Haushalt der EU kürzen will, schwächt Europa."

Der EU-Haushalt soll vorwiegend aus Eigenmitteln gespeist werden, sie spielen aber inzwischen nur noch eine geringe Rolle, die Haushaltsmittel kommen vor allem aus Zuweisungen der Staaten. Eine Finanztransaktionsteuer wäre ein echtes Eigenmittel auch deshalb, weil ihre Erträge wie die Zölle nicht exakt national zuzuordnen sind. Mit der Erhebung dieser Steuer würden auch die Zuweisungen aus den Mitgliedstaaten entsprechend sinken. Die Bundesregierung ist zwar für diese Steuer, die Einnahmen sollen jedoch in die nationalen Haushalte fließen. Hermann Kuhn dazu: "Wer grundsätzlich keine solchen Eigenmittel der EU will, der will die Kompetenzen der EU und ihre Handlungsfähigkeit klein halten, der will die gemeinschaftlichen Institutionen an der kurzen Leine der Hauptstädte führen. Und da sind wir beim Kern der Auseinandersetzung. Frau Merkel stellte ihr Agieren zuletzt unter die Überschrift 'Mehr Europa!' Das wäre auch sehr notwendig. Aber die schwarz-gelbe Bundesregierung meint mit 'Mehr Europa' nicht mehr gemeinschaftliches Handeln, nicht die Stärkung von Parlament und Kommission, nicht 'mehr Brüssel'. Sie meint damit 'mehr Berlin' und zur Not noch 'mehr Paris'. Wie CDU-Fraktionschef Kauder es schrecklich einfach sagte 'Es wird wieder Deutsch gesprochen in Europa'. Diese Haltung spiegelt sich auch in der Debatte um den EU-Haushalt wieder. Wenn sie sich durchsetzt, schwächt und gefährdet sie den europäischen Zusammenhalt, den wir in der gegenwärtigen Krise so dringend brauchen. Das Land Bremen muss eine andere Haltung einnehmen."

 

Kürzung der Städtebauförderung ist unsozial

Die Bundesregierung hat die Mittel der Städtebauförderung gekürzt, woraus in Bremen wichtige soziale Projekte unter anderem über die Töpfe "Soziale Stadt" und "Wohnen in Nachbarschaften" finanziert wurden. Die Fraktionen von SPD und Grünen haben den Senat mit einer Großen Anfrage nach den Konsequenzen dieser Kürzungen gefragt.

Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Susanne Wendland: "Laut der Antwort des Senats ist zu befürchten, dass sich – spätestens ab 2013 – die Projektlaufzeiten aufgrund von Streckung der Maßnahmen verlängern, dass die Maßnahmen in einzelnen Quartieren reduziert oder im schlimmsten Fall sogar ganze Gebiete aufgegeben würden. Insbesondere die Investitionen in neue Quartiersbildungs- und Familienzentren seien gefährdet. Gerade aber die Investitionen in Quartierbildungszentren, Familienzentren, Bewohnertreffs machen deutlich, wie ganzheitlich Bildungs-, Sozial- und Kulturprojekte mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bisher zusammengeführt werden konnten. Dieser ganzheitliche Ansatz muss auch weiterhin Grundlage für die Bedarfsermittlung in Quartieren sein, die das Bauressort zurzeit durchführt. Dabei darf sich die Bewertung nicht nur auf die rein baulichen Notwendigkeiten reduzieren. Der Mehrwert in den Quartieren entsteht ja gerade dadurch, dass vorhandene und neue niedrigschwellige Projekte und Angebote unter einem Dach zusammengeführt und vernetzt werden. So entstehen gemeinsame Räume und Verbindungen zwischen Jung und Alt, Deutschen und Migranten sowie Kranken und Gesunden. Ich erwarte, dass dieses ein zentrales Kriterium für die künftige investive Bedarfsermittlung ist. Ich finde, der Bund ist weiterhin in die Verantwortung zu nehmen, ausreichend Mittel für den sozialen Frieden und solidarischen Zusammenhalt in den Städten zur Verfügung zu stellen. Deshalb darf der rot-grüne Senat nicht nachlassen, sich gegenüber dem Bund für eine Rücknahme der Kürzungen der Mittel für das Programm Soziale Stadt einzusetzen. Denn investive und qualitative Mittel bilden den Rahmen, um sozialen Zusammenhalt möglich zu machen oder zu erhalten."

Der einstimmige Beschluss der Bundesbauministerkonferenz und die klaren Positionierungen des Deutschen Städtetages, des Finanzausschusses im Bundesrat und aller Verbände des Wohnungsbaus gegen diese Maßnahmen zeigen auch, dass Bremen mit dieser Kritik an der Bundesregierung nicht allein ist, sondern in ganz guter, kluger Gesellschaft all derer, die Städte bauen und entwickeln und dabei möglichst sozial und nachhaltig vorgehen wollen – weil das nämlich auch wirtschaftlich wirksam ist, wenn die Menschen sich mit ihrem Wohn- und Arbeitsumfeld identifizieren.

Carsten Werner, in der Fraktion für Stadtentwicklung zuständig, veranschaulichte dies: "Es ist seit Jahrzehnten klar, dass eine sozial verankerte, sozial orientierte, Segregation und Armut begrenzende, die Bürger beteiligende und die Quartiere stabilisierende Stadtentwicklung hilft, die Identifikation mit der gebauten Stadt fördert und so Vandalismus, Vermüllung und Verwahrlosung in öffentlichen Räumen bremst: Ein sozial gemischtes Wohnumfeld schafft soziales Verständnis und sozialen Zusammenhalt. Die wohnortnahe Versorgung mit möglichst allem Bedarf des Alltags stärkt auch die Identifikation mit dem Quartier – und ist ökologisch besonders effektiv, weil sie aufs Auto fürs Einkaufen und als Kinder-Verkehrsmittel Nr. 1 weitgehend verzichten kann. Und: Wohlfühlen im Lebensumfeld ist schlicht auch gesund! Wenn man bauliche, soziale und kulturelle, bildungs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zusammen denkt, miteinander entwickelt, nur dann können sie auch zusammen wirken! In Bremen ergänzt das kommunale Programm "Wohnen in Nachbarschaften" WIN die bisherigen Projekte des Programms "Soziale Stadt" mit Beteiligungsformaten, Bürgerforen und -workshops, kulturellen Impulsen und Interventionen. Dabei dient Bürgerbeteiligung vor allem auch dazu, frühzeitig den Blick für das große Ganze und die Belange der jeweils anderen zu schärfen. Wir brauchen weiter vom Bund Programme und Projekte, wo diese erworbene, ganz besondere Bremer Kompetenz auch andocken kann."

 

Gemeinsames Standortmarketing für boomende Windenergie

Eine gemeinsame Flächenvermarktung, die Investoren der Windenergiebranche auf einen Blick alle im Land Bremen verfügbaren Areale mit ihren für unterschiedliche Nutzungsanforderungen spezifischen Profilen präsentiert, fehlt ebenso wie eine abgestimmte Vermarktung, die Ansiedlungsinteressierte bedarfsgerecht und flächenschonend nach Bremerhaven oder Bremen lenkt. Mit einem rot-grünen Koalitionsantrag wird der Senat aufgefordert, bis zum Frühjahr 2012 ein Flächen- und Marketingkonzept für im Land Bremen zur Nutzung durch die Windenergie-Industrie geeignete Areale vorzulegen.

Dazu der wirtschaftspolitische Sprecher Ralph Saxe: "Unsere Standorte müssen im Wissen um die potentiell große Flächennachfrage gemeinsam und integriert entwickelt werden. Wir brauchen weiterhin und verstärkt den integrierten Ansatz zwischen Lehre, Forschung, Entwicklung, Produktion und Service einschließlich Modernisierungen und Recycling; die integrierte Förderung durch die drei betroffenen Ressorts Wirtschaft, Umwelt und Wissenschaft; die abgestimmte gemeinsame Vermarktung der drei nordwestdeutschen Windenergiestandorte Bremerhaven/Bremen, Cuxhaven und Emden; die integrierte Entwicklung und Vermarktung der vorhandenen und potentiellen Flächen für die einzelnen Windenergiekompetenzfelder. Nur wenn wir diesen vierfachen integrierten Ansatz entschlossen fördern, werden wir in Bremerhaven nicht nur die 7.000, sondern sogar die 14.000 möglichen Arbeitsplätze erreichen. Das lohnt sich doch."

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 13. Dezember 2011

Kein Platz in Bremen für Zirkusse mit Wildtieren

Eine artgerechte Haltung von Wildtieren ist im Zirkus nicht möglich. An die Haltung von Wildtieren werden heute hohe Anforderungen gestellt. Laut Tierschutzgesetz muss die Unterbringung eines Tieres artgemäß, bei exotischen Wildtieren daher unter Umständen sogar klimatisiert sein. Die Ernährung und Gruppenzusammensetzung müssen arttypisch gestaltet und das artgemäße Verhalten muss möglich sein. Diese Vorgaben sind auch in den Gehegen auf Reisen sicherzustellen. Zirkusse können diesen Anforderungen aufgrund ihrer Standortwechsel und Tiervorführungen heute zu oft nicht mehr gerecht werden, da die Wildtiere einen großen Teil ihres Lebens in engen Transportwagen oder wenig strukturierten Gehegen verbringen müssen, die nur stark eingeschränkte Beschäftigungs-, Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten bieten. Zudem geht die Dressur der Tiere oftmals mit Quälerei einher und kann schmerzhafte Haltungsschäden verursachen.

Der Bundesrat hat im November ein Verbot bestimmter wildlebender Tiere im Zirkus beschlossen und die Bundesregierung aufgefordert, eine entsprechende Rechtsverordnung zu beschließen. Linda Neddermann, die für die grüne Fraktion den Tierschutz vertritt, zu dem heute beschlossenen, von ihr initiierten Antrag: "Ich befürworte es sehr, dass diese Debatte einen neuen Anstoß bekommen hat. Trotzdem bezweifele ich, dass Schwarz-Gelb im Bund die notwendigen Schritte für ein Verbot einleitet. Es ist eine Armutszeugnis unserer Bundesregierung, dass sie den Tierschutz in jeder Weise ignoriert! Ausweichende Erklärungen und Hinauszögerungen bringen uns einfach nicht weiter. Ein Wildtierverbot in Zirkussen ist dringend notwendig, um die Tierquälerei dort endlich zu stoppen. Aber solange die Bundesregierung nicht tätig wird, nutzen wir nun unsere Möglichkeiten auf Stadtebene. In Städten wie Köln, München, Potsdam und Heidelberg gilt bereits ein Auftrittsverbot für Zirkusse, die Wildtiere mitführen. Wir fordern ebenfalls eins in Bremen!"

Linda Neddermann sagte aber auch: "Mir ist es wichtig zu betonen, dass es nicht darum geht, den Menschen die Freude am Zirkus zu nehmen. Gerade Kinder sollen sich unbedingt mit Wildtieren auseinandersetzen und diese kennenlernen –, dann aber bitte so, wie sich die Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung verhalten, und nicht dass Kinder denken, dass Bären Fahrrad fahren und Elefanten einen Kopfstand machen. Wir sind der Meinung, dass ein Zirkusbesuch auch ohne Wildtiere ein Erlebnis ist."

 

Positive Entwicklung des Osterfeuerbergquartiers stärken

Im Osterfeuerberg-Quartier in Walle kann man einige der Herausforderungen an die Stadtentwicklung und –Sanierung im Bremer Westen ganz konzentriert erleben: Wohnraum trifft auf Gewerbegebiete, die alten Gewerbe dort wandern ab oder sterben aus und für heutiges Gewerbe passen die städtischen Strukturen nicht mehr. Dazu zerschneidet eine vierspurige Hauptstraße das Quartier, das an zwei weiteren Seiten von der Eisenbahn und der B6 umschlossen ist. Man könnte also sagen: Es gibt reizvollere Räume zum Wohnen und auch für eine aufsehenerregende Stadtentwicklung.

"Aber", so Carsten Werner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, "man kann im Osterfeuerberg-Quartier aber auch die Chancen und die Lust an Entwicklung erleben, die den Bremer Westen reich und eben entwicklungsfähig machen: Bürgerinnen und Bürger haben hier seit Jahren schon nicht nur bemerkt, was mit ihrem Quartier los ist – und was daraus werden könnte – und haben sich an die Planung gemacht, Ideen entwickelt, auf Gefahren hingewiesen. Da findet Bürgerbeteiligung statt, wie ich mir die vorstelle – nicht nur als Reparaturmaßnahme und Feuerwehreinsatz, da wo's knirscht oder brennt –, sondern als Bürgerplanung, als Werkstatt und Entwicklungsabteilung der Stadtentwicklung, mit Vorschlägen, auf die vielleicht die Verwaltung oder die Politik nicht gekommen wären – oder so nicht gekommen wären.

Das betrifft gerade auch die Umnutzung und Nachnutzung alter Gewerbe- und Industrieflächen und Infrastrukturen. Es entspricht unserem städtebaulichen Leitbild Bremens und unserem Zentren- und Nahversorgungskonzept, zum Beispiel die Um- und Nachnutzung des alten liegenden Brauereigebäudes, und eines leer stehenden Postgebäudes zu planen und auch das Straßenprofil am Osterfeuerberger Ring zu verbessern. Zunächst mal aber – das ist die Voraussetzung für lebendige und lebenswerte Entwicklung – muss es um das Wohnen und Leben vor Ort gehen. Wir wollen, wie das die Zukunftswerkstatt ja auch nahe legt, die Wohnbebauung im Quartier dort stärken – und vor allem natürlich das Wohnen und Leben im Quartier selbst angenehmer machen. – Und das bedeutet auch, dass die Gewerbeentwicklung am Osterfeuerberger Ring gezielt gesteuert werden muss. Autowaschanlagen zum Beispiel sind was anderes als eine Gärtnerei und – und auch wenn sie heute vielleicht zur Stadt gehören und gefragter sind, gehören die nicht da hin, wo sie Menschen beim Wohnen und Einkaufen und Arbeiten stören.

Deshalb bitten wir den Senat, den Flächennutzungsplan bei der Neuaufstellung und konkret den Bebauungsplan 1821 entsprechend zu überarbeiten und ihn damit dann auf den Stand der aktuellen konzeptionellen Diskussion zu bringen und die Entwicklung des Quartiers so weiter zu stärken."

Der entsprechende rot-grüne Antrag dazu wurde einstimmig beschlossen.

 

StadtTicket bleibt erhalten

Die rot-grüne Landesregierung hatte deshalb zum 1. Januar 2010 ein ermäßigtes StadtTicket in Bremen für einen Erprobungszeitraum von zwei Jahren eingeführt. Das StadtTicket erhalten Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter sowie Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und ihren Wohnsitz in Bremen haben. Rund 85.000 Bremerinnen und Bremer sind berechtigt, das StadtTicket zu erwerben.

Die grüne Sozialpolitikerin Susanne Wendland dazu: "Das Stadtticket ist ein politischer Erfolg, weil durch dieses bezahlbare Mobilität gewährleistet ist. Das Stadtticket ist – nach reiflicher Überlegung – zum 1. März diesen Jahres verbilligt worden, für Erwachsene auf 25 Euro und für Kinder und Jugendliche auf 20 Euro. Wir als Rot-Grüne Regierungsfraktion wollen das Stadtticket dauerhaft erhalten. Deswegen wird es zum selben Preis fortgesetzt."

Der beschlossene Antrag will aber auch dazu beitragen, dass das StadtTicket besser angenommen wird. Susanne Wendland: "Uns Grünen rauchen derzeitig die Köpfe darüber, wie wir das Ticket weiter verbessern können. Wie vermarkten wir das Ticket noch besser, damit noch mehr Bremerinnen und Bremer es nutzen? Wie erreichen wir eine optische Angleichung des Stadttickets an das Monatsticket für Erwachsene? Und um Hürden abzubauen, fragen wir uns: Ist es möglich, das Stadtticket auch direkt bei dem Jobcentern auszuhändigen? Auch diskutieren wir über eine Verbesserung der Mitnahmemöglichkeiten und eine Erweiterung des Personenkreises. Und wir diskutieren, wie wir diese Stärkung des Stadttickets finanzieren können. Mit unserem Antrag bitten wir den Senat, diese Punkte zu untersuchen und hinreichend zu prüfen."

 

Grünes Licht für weniger Licht

Mit einem Änderungsantrag zu einer CDU-Initiative gab die Stadtbürgerschaft grünes Licht für einen Antrag, mit dem der Senat gebeten wird zu prüfen, ob und wo es in Bremen möglich ist, die Straßenbeleuchtung Abzuschalten oder zu Dimmen, zum Beispiel in Gewerbegebieten. Das spart nicht nur Strom, also Energie, sondern senkt auch die Kosten, leistet einen Beitrag zum Klimaschutz, weil weniger CO2 ausgestoßen wird und trägt auch dazu bei, die "Lichtverschmutzung" zu mindern, unter der nachtaktive Tiere leiden.

Anne Schierenbeck, energiepolitische Sprecherin, nannte die einfachen Maßnahmen für Abhilfe: "Die Beleuchtung nur einschalten, wenn es wirklich erforderlich ist. Auch durch Bewegungssensoren kann Beleuchtung so gesteuert werden, dass sie nur eingeschaltet wird, wenn sie auch gebraucht wird. Bei Straßenbeleuchtungen kann jede zweite Straßenlampe zu bestimmten Nachtstunden abgeschaltet werden. Leuchten für Halbnachtschaltungen bestehen aus zwei Lampen, wobei eine zeitweise ausgeschaltet wird. Reduzierschaltungen passen die Lichtmenge durch dimmen an. Wer die Beleuchtungsdauer reduziert, hilft nicht nur der Tierwelt, sondern spart auch Energie! Eine flächenhafte Ausleuchtung heller Fassaden, Glas- oder Metallflächen vermeiden. Große beleuchtete Flächen locken besonders viele Nachtinsekten an – die Reichweite kann viele hundert Meter betragen. An einer mit Lichtbogenscheinwerfern bestrahlten Fabrikhalle wurden an einem einzigen Abend 100.000 Insekten, vor allem Nachtschmetterlinge, gezählt! Keine Skybeamer und großflächigen Werbebeleuchtungen – sie sind nicht nur Todesfallen für Insekten, sondern auch für Zugvögel!"

 

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