Die Sitzungen im November 2008

Die Sitzungen im November 2008

 

Aus dem Landtag vom 13. November 2008

 

CDU scheitert einmal mehr mit schlagzeilenträchtiger Effekthascherei

"Im Falle der Senatorin Rosenkötter gibt es keinen aktuellen Skandal", so die CDU-Vizefraktionsvorsitzende Dr. Rita Mohr-Lüllmann heute in der Debatte um den Misstrauensantrag gegen Senatorin Ingelore Rosenkötter. Und warum dann der Misstrauensantrag, fragt man sich verwundert? Weil die CDU offenbar 'Politik' nach dem Motto 'The Show must go on' betreibt und ihre auf Schlagzeilen ausgerichtete Kampagne gegen die Senatorin unbedingt fortsetzen wollte. Damit sind die Konservativen im Landtag einmal mehr baden gegangen. Einzig die FDP konnte sich mit Ach und Krach dazu durchringen, den Antrag zu unterstützen. Die Christdemokraten waren bereits in der Oktober-Sitzung mit ihrem unanständigen Versuch gescheitert, mit dem sensiblen Kindeswohl-Thema parteipolitisch zu punkten. Nachdem das Ressort die diesen Bereich betreffenden Vorwürfe sachlich entkräftet hatte, mussten diesmal die Kliniken für die konservative Effekthascherei herhalten. Denen fehle die Perspektive, so die Behauptung der Christdemokraten. "Unernst ist der Stil der CDU. Sie machen einen Misstrauensantrag mit etwas aus der Mottenkiste. Sie haben gar nicht mitgekriegt, dass wir ein umfangreiches Paket auf den Weg bringen, das die Grundlage schafft, die kommunalen Krankenhäuser zu erhalten", so Matthias Güldner an die Adresse der CDU. Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/DIE GRÜNEN nannte beispielhaft den gemeinsam mit den Beschäftigten beschlossenen Personalbinnenmarkt und den Erlass der Pensionslasten im Umfang von 70 Millionen Euro – zwei Grundvoraussetzungen für die Sanierung der Kliniken (hier findet sich mehr zum Gesamtfinanzierungskonzept, hier finden sich weitere Informationen dazu).

Matthias Güldner verwies darauf, dass ein Misstrauensantrag nur mit persönlichem Fehlverhalten von SenatorInnen zu begründen ist. Das müsste eigentlich auch der ehemalige Innensenator und heutige CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp wissen. Schließlich hatten die Grünen ihren Misstrauensantrag gegen ihn vor fast vier Jahren gerade nicht damit begründet, weil Laye-Alama Condé nach der Brechmittelvergabe im Polizeigewahrsam gestorben war. Schließlich war er ja nicht dabei. Nein, die Grünen hatten Thomas Röwekamp das Misstrauen ausgesprochen, weil er das zunächst verschwiegen hatte und dann im Fernsehen den hirntot im Koma liegenden Condé auch noch als 'auf dem Wege der Besserung' beschrieben hatte.

 

Zugang von migrantischen Firmen zu Förderprogrammen verbessern

Selbstständige MigrantInnen tragen in erheblichem Umfang zum Steueraufkommen bei und zahlen erheblich in die Sozialsysteme ein. Sie schaffen Arbeitsplätze. Gut jede(r) zehnte Gründerin/Gründer ist ausländischer Herkunft. Mit der Entscheidung zur Existenzgründung stellen MigrantInnen täglich unter Beweis, dass sie ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und sich unabhängig von staatlicher Hilfe machen. Allein in Bremen gibt es rund 2500 Firmen von MigrantInnen. "Unser Ziel ist es, das Potenzial von Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationshintergrund gezielt zu stärken, mit zielgruppenspezifischen Angeboten zu unterfüttern und damit für uns als Wirtschaftsfaktor dauerhaft zu gewinnen", so Zahra Mohammadzadeh in der Debatte über den Senatsbericht zu MigrantInnen-Unternehmen. Die migrations- und integrationspolitische Sprecherin der Grünen betonte, dass für UnternehmerInnen mit Migrationshintergrund der Zugang zu den Programmen der Wirtschaftsförderung und Qualfizierungsseminaren verbessert werden soll.

"Besondere Bedeutung hat dabei für uns die Begleitung und Beratung während der Konsolidierungs- und Wachstumsphase der migrantischen Unternehmen. Diese Phase ist entscheidend für das Bestehen in der Branche und entscheidend für die Selbstständigkeit insgesamt", so Zahra Mohammadzadeh. Sie sprach sich zugleich für eine differenziertere Auswertung der Beratungsangebote aus, um ihren Erfolg besser überprüfbar und ggf. durch Veränderungen passgenauer zu machen.

 

Koalition will Kampfhunde-Gesetz verschärfen

Um die Menschen möglichst weitgehend vor Kampfhunden zu schützen, soll das entsprechende Gesetz verschärft werden. Die heute in erster Lesung beschlossene Novelle sieht u.a. vor, dass NeubürgerInnen ihre Kampfhunde beim Umzug aus anderen Bundesländern nach Bremen nicht mitbringen dürfen. Hintergrund ist, dass nicht in allen Bundesländern dieselben Hunderassen verboten sind. "Das ist eine Frage des Gleichheitsgrundsatzes: Warum sollen im selben Haus neu Hinzugezogene einen Hund halten dürfen, den der seit langem in Bremen wohnende Nachbar nicht halten darf?", so Björn Fecker, innenpolitischer Sprecher der Grünen, in der Debatte. Die Gesetzesänderung sieht zudem vor, dass Besucher auch bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Bremen ihren Kampfhund nicht mitbringen dürfen. Die Gesetzesnovelle ist bis zur zweiten Lesung nun zunächst in den Rechtsausschuss überwiesen worden.

 

Aus dem Landtag vom 12. November 2008

 

Bei Gleichstellung von Frauen noch viele Aufgaben zu bewältigen

"Die Frauenbewegung ist noch lange nicht an ihr Ziel gekommen. In den Führungsetagen der Unternehmen und auf den Lehrstühlen der Universitäten gibt es nach wie vor kaum Frauen. Und auch die Parlamente sind von einem paritätischen Frauenanteil noch weit entfernt. Deshalb ist der Slogan nach wie vor aktuell: 'Die Hälfte der Macht den Frauen'. Um dieses Ziel zu erreichen, ist vor allem die Arbeitswelt der geeignete Hebel", betonte Doris Hoch, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, in der Aktuellen Stunde zu '90 Jahre Frauenwahlrecht'. Am 12. November 1918 hatte der Rat der Volksbeauftragten das Frauenwahlrecht verkündet, das erstmals bei den Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar 1919 galt.

In ihrer Rede wies Doris Hoch darauf hin, dass heute insbesondere die Lohnungleichheit beseitigt und die Erwerbsquote von Frauen erhöht werden muss. Auch die Chefetagen profitieren von mehr Frauen. "Studien zeigen, dass gemischte Führungsgremien ökonomisch erfolgreicher sind. Gleichstellung ist also ein Gewinn für alle", so die frauenpolitische Sprecherin der Grünen.

In deutschen Parlamenten liegt der Frauenanteil indes bei 30 Prozent, in der Bremischen Bürgerschaft bei 38 Prozent. Die Grünen haben mit der Einführung der Quote einen Impuls gegeben, den die anderen Parteien nicht ignorieren konnten und in der einen oder anderen Form als Vorbild nahmen. Allerdings ist es immer noch so, dass Frauen wegen der Rollenverteilung der Geschlechter weniger Zeit für Politik haben. Damit Frauen und Männer zusammen Politik machen können, müssen die gesellschaftlichen Strukturen weiter verändert werden. "Wir wollen, dass Frauen und Männer Politik machen – nun ist es auch an uns, die Möglichkeiten für politisches Engagement zu verbessern und neue Anreize zu schaffen", unterstrich Doris Hoch. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen sprach sich angesichts ihrer bislang geringen Beteiligung dafür aus, insbesondere Migrantinnen eine stärkere Stimme zu verleihen.

 

Jetzt müssen die Finanzmärkte reguliert werden

Die Grünen haben sich in der Debatte über die Folgen der Finanzmarktkrise hinter die Entscheidung des Senats gestellt, das Rettungspaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes im Bundesrat zu unterstützen. Zugleich fordern sie gemeinsam mit ihrer Koalitionspartnerin den Senat in einem Antrag auf, sich auf Bundesebene für eine tief greifende Reform der Finanzmärkte und eine bessere Kontrolle der Banken einzusetzen. Beide Regierungsfraktionen fordern zudem den Erhalt der Bremer Landesbank und Mittel aus dem Investitionssonderprogramm des Bundes insbesondere für Infrastrukturmaßnahmen. Außerdem soll auf grüne Initiative die Bremer Verbraucherzentrale gestärkt werden. Sie muss den stark angestiegenen Beratungsbedarf von BremerInnen, die für ihre Altersvorsorge oder auch die Ausbildung ihrer Kinder in Finanzmarktprodukte investiert haben, bewältigen können. Die Bremer Banken sollen sich über einen Fonds an den Mehrkosten für die Verbraucherberatung beteiligen.

In der Debatte machte Hermann Kuhn deutlich, dass das 480-Milliarden-Paket keine Begeisterung ausgelöst hat. "Die Menschen fragen sich und uns, wieso denn 'Banker' mit öffentlichen Mitteln davor bewahrt werden, für die Folgen ihrer Fehler zu haften und grade zu stehen. Ich verstehe diese Fragen. Auch weil sich in diesen Kreisen zum Teil eine 'Parallelgesellschaft' herausgebildet hat, die offensichtlich jegliche Bodenhaftung und jeden Kontakt zur normalen Welt verloren hat, oft in wirklich sehr empörender Weise. Deshalb will ich deutlich sagen: Wir machen das nicht für Banker. Wir helfen den Banken – und das sind zunächst auch Zehntausende von Arbeitsplätzen normaler Leute. Und vor allem: Es ist einfach so, dass diese Dominosteine, diese Bankentürme, heutzutage dicht beieinander stehen, sehr dicht; kaum einer könnte umfallen, ohne großen Schaden anzurichten oder gar eine ganz große Welle in Gang zu setzen. So ist die Realität. Das Hilfspaket war und ist notwendig wegen der Sicherung der Spareinlagen", so der finanzpolitische Sprecher der Grünen.

Aus grüner Sicht geht es jetzt darum, die Finanzmärkte zu regulieren. Dazu gehören der Aufbau einer europäischen öffentlich-rechtlichen Ratingagentur, das Verbot der Risikoauslagerung auf Zweckgesellschaften, ein TÜV für Finanzprodukte, die Stärkung der Verbraucherrechte, die grenzüberschreitende Aufsicht über grenzüberschreitende Banken und eine Finanztransaktionssteuer zur Entschleunigung der internationalen Finanzmärkte.

"Die Notwendigkeit, Märkte zu regulieren, gilt übrigens auch in ökologischer Hinsicht. Deshalb ist es ganz absurd, wenn die Bundesregierung jetzt z.B. mit Hinweis auf die Finanzkrise die Automobilbauer wieder von der Leine lassen will. Und es ist ganz falsch, wenn im Berliner Maßnahmenpaket alle Autos gleichermaßen von der Kfz-Steuer befreit werden sollen, auch die größten CO2-Schleudern. Je größer das Auto, desto höher die Ersparnis? Das kann nicht richtig sein. Und vor allem: So kommt die Autoindustrie nie aus der Sackgasse verfehlter Modellpolitik heraus", bekräftigte Hermann Kuhn.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen wies zudem die Forderung der Linken nach einer ungehemmten Staatsverschuldung zurück. "Die Linke ist regelrecht vernarrt in die Idee, jetzt sei die Stunde neuer Schulden. Wenn wir an den Ausgangspunkt der Krise zurückdenken: der US-Immobilienmarkt, Hauserwerb für die breite Masse der Bevölkerung, ja, aber zu 100% auf Pump finanziert, ohne Sicherung. Die Risiken wurden dann geschminkt, schön verpackt und mit dem süßen Gift hoher Gewinnversprechen über die ganze Welt gestreut – in Wahrheit aber nur unkalkulierbar gemacht. Auch andere Formen des Lebens auf Pump sind noch brandgefährlich – denken Sie an die Kreditkarten. Und die Linke will uns allen Ernstes weiter den amerikanischen Weg vorschlagen, die Schulden der ersten Kreditkarte mit der zweiten zu bezahlen, die Zinsen mit neuen Schulden? Das wäre in unserer Lage endgültig der Weg in die Handlungsunfähigkeit. Auch deshalb ist die Forderung der Linken, die Debatte um die Schuldenbremse zu beenden, unsinnig. Und zu glauben, wir könnten das tun und gleichzeitig Bund und Länder von einer Schuldenhilfe für Bremen überzeugen, zeugt von gefährlicher politischer Einfalt. Im Gegenteil, gerade das Land Bremen muss in der schwieriger gewordenen Lage alles tun, dass die Reformkommission zu Ergebnissen kommt", betonte Hermann Kuhn (hier findet sich die Rede im Wortlaut).

 

Immobilien-Management fortan effizienter und kundenfreundlicher

Das Bremer Immobilien-Management soll fortan günstiger und kundenfreundlicher werden. Bisher waren drei Gesellschaften und Eigenbetriebe für den Verkauf, die Vermietung, Instandhaltung und Reinigung zuständig. Sie fusionieren zum 1.1.2009 in einer Anstalt für Immobilienaufgaben. Das entsprechende Gesetz hat der Landtag heute in zweiter Lesung beschlossen. Dadurch sollen bisherige Mängel wie unklare Kompetenzabgrenzungen, daraus entstehende Doppelarbeit und undeutliche Verantwortlichkeiten gegenüber den Kunden beseitigt werden. Die neue Anstalt für Immobilienaufgaben wird rund 900 Beschäftigte haben. Einbezogen werden dabei auch die Reinigungskräfte, die bislang verstreut in den Ressorts beschäftigt waren. "Wir wollen sie so in die Lage versetzen, in fairer Weise den Wettbewerb mit Fremdfirmen zu bestehen", so Hermann Kuhn, finanzpolitischer Sprecher der Grünen.

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 11. November 2008

 

Bremen macht einen Sonntag autofrei

Mit Rollerskates über die Hochstraße brausen, Bobby-Car-Wettrennen am Wall, mitten auf der Straße ein Konzert veranstalten oder sich an die längste Kaffeetafel Bremens auf dem Osterdeich setzen – das könnte an einem autofreien Sonntag möglich sein, der in Bremen erstmals im kommenden Jahr stattfinden soll. Für die attraktive Gestaltung des autofreien Sonntags unter dem Motto "Freie Fahrt fürs Klima" soll die Stadt u.a. Verbände und Initiativen aus Wirtschaft, Sport und Umweltschutz gewinnen. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie Bus und Bahn im ÖPNV-Bereich soll an diesem Erlebnistag möglichst preiswert sein. Das hat die Stadtbürgerschaft mit den Stimmen der Regierungskoalition, der Linken und CDU auf grüne Initiative beschlossen. "Bremen ist eine sehr attraktive Stadt und kann sich an einem autofreien Sonntag besonders gut präsentieren", erklärte Maike Schaefer, verkehrs- und klimapolitische Sprecherin der Grünen, in der Debatte.

Ziel des autofreien Sonntags ist es, das Klimabewusstsein der BremerInnen zu stärken. Die Menschen können erleben, dass ein Tag ohne Auto sehr positive Seiten hat. "Der autofreie Sonntag soll den BremerInnen zeigen, wie angenehm Schaufenster-Bummeln und Kaffeetrinken in Straßencafés ohne stinkende und lärmende Autos ist. Die Menschen erleben, wie wunderbar stressfrei man mit dem ÖPNV die Stadt erreichen und durchqueren kann, ohne in Staus zu stehen oder lange nach Parkplätzen suchen und für Parkgebühren zahlen zu müssen", so Maike Schaefer. Mit dem autofreien Sonntag kann Bremen dafür werben, häufiger auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Rad umzusteigen. Denn umweltfreundliche Mobilität senkt die CO2-Emissionen und schützt damit das Klima.

 

Tagesmütter und –väter müssen pünktlich bezahlt werden

"Tagesmütter und –väter leisten eine enorm wichtige Arbeit für Kinder und Eltern. Sie müssen regelmäßig und pünktlich bezahlt werden. Ihre Arbeit muss Respekt und Würdigung erfahren", erklärte Mustafa Öztürk, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Grünen, zu einem heute beschlossenen Dringlichkeitsantrag. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bezahlung der Tagesmütter und –väter ohne Zeitverzug erfolgt.

Die Einnahmen von Tagesmüttern und –vätern werden zum Jahresbeginn durch eine bundesgesetzliche Regelung steuer- und sozialversicherungspflichtig. Damit ihnen dadurch möglichst keine Einkommensverluste entstehen, hat Rot-Grün ein neues Entgeltsystem beschlossen. Die Entgelte werden mit über einer Million Euro angepasst. Die Zahlung erfolgt dann 12 statt bislang 11 Monate pro Jahr. Außerdem werden Tagesmütter und –väter im Krankheitsfall künftig weiterbezahlt.