Die Sitzungen im Juni 2009

Die Sitzungen im Juni 2009

Aus dem Landtag vom 18.6.2009

Zweiter Nachtragshaushalt 2009 in 1. Lesung beschlossen

Im März – als Reaktion auf die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise – wurde der erste Nachtragshaushalt 2009 wegen des Konjunkturprogramms nötig. Schon zu der Zeit war klar, dass vor den Sommerferien ein zweiter Nachtragshaushalt nötig sein würde wegen der zu erwartenden Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst und wegen der wahrscheinlich schlechter ausfallenden Steuerschätzung vom Mai.

Nun, gut drei Monate später, stellte sich – auch als weitere Krisenfolge – heraus, dass die Steuerschätzung für Bremen einen erheblich höheren Einnahmeausfall bedeutet, und zwar in Höhe von rund 150 Millionen Euro. Und der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, der weitgehend auch auf die Beamtinnen und Beamten übertragen werden soll, fiel höher aus als erwartet und bedeutet Mehrausgaben von 37 Millionen Euro. Daraufhin hatte der Senat eine Haushaltssperre und Bewirtschaftungsmaßnahmen beschlossen.

Zusätzlich stellte sich im Sozialbereich heraus, dass sich weniger Einnahmen (der Bund senkte seine Kostenbeteiligung) und höhere Ausgaben (im Bereich der Sozialleistungen und der Kinder- und Jugendhilfe) als erwartet aufbauten, was fast 60 Millionen Euro bedeutet. "Ich habe niemanden gehört, der sagt, dass diese ungeheure Summe in diesem Nachtragshaushalt für Sozialleistungen im Kinder- und Jugendbereich nicht gebraucht würde", sagte Fraktionsvorsitzender Matthias Güldner in der Debatte. "Und wer sich hier hinstellt und die Haushaltssperre und Bewirtschaftungsmaßnahmen denunziert als das Einsparen von Kugelschreibern, hat nicht verstanden, was es bedeutet, im laufenden Haushalt den Betrag von fast 9 Millionen Euro einzusparen."

Vor einer solchen Situation steht aber Bremen nicht allein, dies betrifft die Haushalte aller Länder. Allerdings sind die Haushaltsnotlageländer stärker davon betroffen. Diese, nicht von Bremen verschuldeten, Mehrausgaben können nur durch neue Kredite bewältigt werden. Dazu dient dieser Nachtragshaushalt. Aber aufgrund der allgemeinen Entwicklung am Kapitalmarkt und der neu geschaffenen Möglichkeit von Geldmarktgeschäften können allerdings Zinsentlastungen von 30 Millionen Euro erzielt werden.

Vor dem Hintergrund, dass ab 2020 die Schuldenbremse gilt und bis dahin Bremen seinen Haushalt ausgeglichen haben muss, hatte Bürgermeister Böhrnsen bereits angedroht, vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen, sollte die Bundesregierung nach der Bundestagswahl weitere Steuersenkungen vornehmen, die zu weiteren Einnahmeverlusten führen würden. "Die grüne Bürgerschaftsfraktion steht hinter diesem Vorgehen ohne Wenn und Aber", betonte Güldner. "Es ist im Bundestag einfach, ein Steuerminderungsgesetz zu beschließen und hinterher den Ländern vorzuhalten, sie würden ihre Haushalte nicht in den Griff kriegen."

Matthias Güldner griff den Vorschlag der neuen Präsidentin des Landesrechnungshofs Bettina Sokol auf, nicht nur im Nachhinein zu begutachten, sondern Regierung und Parlament beratend schon den Prozess zu begleiten: Diesen Vorschlag sollten wir unbedingt aufnehmen und nutzen." Und abschließend, bezogen auf die Redner der Oppositionsfraktionen: "Wer auch immer in diesem Hause Finanzsenator wäre, Herr Rupp, Herr Woltemath oder Herr Schrörs, der hätte heute genau so einen Nachtragshaushalt hier vorgelegt."

Das Nachtragshaushaltsgesetz wurde in erster Lesung beschlossen und an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Die zweite und letzte Lesung des Gesetzes erfolgt dann im August 2009.

 

A 281 – Flughafentunnel doch noch möglich

Mit seinem Bericht zu einem Bürgerschaftsantrag vom Februar 2009 zeigt der Senat, dass sich der Einsatz der Bürgerinitiative und die hartnäckigen Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium gelohnt haben: Die vierspurige Rampe an der Neuenlander Straße wird vom Bund verworfen, aber es wurde vereinbart, dass der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa zügig eine Vorzugsvariante für den Bauabschnitt 5 der A 281 vorlegt. Diese Vorzugsvariante beinhaltet eine anwohnerverträgliche, nicht-ebenerdige Führung – den Tunnel.

Die Moderatoren des Runden Tisches zur A 281 hatten die Vorzugsvariante am 16. Juni an Senator Loske übergeben. Damit kann sie noch vor der Sommerpause dem Bund gemeldet werden. Bereits Anfang Mai hatten die Regierungskabinette Bremens und Niedersachsens in gemeinsamer Sitzung den Planungsstand des Straßenbauprojekts zustimmend zur Kenntnis genommen und besondere infrastrukturelle und wirtschaftliche Bedeutung für beide Länder festgestellt. Bremen und Niedersachsen haben eine zügige, anwohner- und umweltverträgliche Realisierung eingefordert.

 

Wiedereinführung der 5-%-Hürde in Bremerhaven verfassungswidrig

Es war schon lange die Position der Grünen, dass die 5-Prozent-Hürde bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven verzichtbar ist. Mit der Wahlaussage waren sie in den Wahlkampf gegangen 2003 und unterstützten auch das gelungene Volksbegehren von Mehr Demokratie e. V., das von der Bürgerschaft als Änderung des Wahlgesetzes übernommen wurde.

In den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl 2007 war es ein Anliegen der SPD, die Wiedereinführung der 5-%-Klausel für die Wahlen in Bremerhaven – nach einem Mehrheitsbeschluss der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung – in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. "Diesen Koalitionsvertrag haben wir unterschrieben", so Matthias Güldner in der Parlamentsdiskussion, "und wenn unser Koalitionspartner einen entsprechenden Antrag einbringt, dann unterschreiben wir den dann auch, denn geschlossene Verträge sind für uns bindend, wir sind vertragstreu."

Aufgrund dieses Antrags wurde dem Staatsgerichtshof die Frage nach der Verfassungskonformität vorgelegt, und der hat in seinem Beschluss vom 14. Mai 2009 befunden, die Wiedereinführung der 5-%-Hürde in Bremerhaven sei nicht mit der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen vereinbar. "Damit hat sich das Thema bis auf Weiteres oder für einen längeren Zeitraum erledigt", so abschließend der grüne Fraktionsvorsitzende.

 

"Lex Mediterraneo" nicht einseitig zu Lasten der Beschäftigten

Im Kern geht es bei der Änderung des Ladenschlussgesetzes um eine Klarstellung, welche Gebiete in Bremen und Bremerhaven zu den Ausflugsorten gehören und an 40 Sonntagen geöffnet sein dürfen – allerdings nur mit einem touristischen Warenangebot. Neu hinzugekommen ist das Gebiet "Alter Hafen, Museumshafen und Weser", für das ein erweitertes Warenangebot an 20 von 40 Sonntagen verkauft werden darf. Diese Regelung ist zeitlich befristet bis zum 30. September 2009.

Anlass der Gesetzesänderung war das mitten in dem touristischen Gebiet Havenwelten liegende 9.000 qm kleine Einkaufszentrum "Mediterraneo", das vorrangig am Wochenende sein Publikum anlockt. "Touristen haben heute geänderte Bedürfnisse", stellte Silvia Schön, arbeitsmarktpolitische Sprecherin, fest. "Dazu gehört offenbar auch Einkaufen am Sonntag."

"Hier galt es, die Interessen der Einzelhändler im Mediterraneo mit denen der Touristinnen und Touristen sowie jenen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzuwägen. Deshalb wollen wir mit unserem zusätzlichen Antrag ein Signal dafür setzen, dass die Sonntagsöffnungen nicht einseitig zu Lasten der Beschäftigten geht."

In dem Antrag werden die Einzelhändler dazu aufgefordert, wenigstens den ortsüblichen Tarif zu zahlen, und die Tarifparteien werden gebeten Schritte einzuleiten, die einschlägigen Tarifverträge für regional allgemeinverbindlich zu erklären.

 

Aus dem Landtag vom 17.6.2009

Aktuelle Stunde der CDU war kein "Spaltpilz"

Hintergrund für das Thema der Aktuellen Stunde "Konsolidierung statt Blamage – auch Bremerhavens SPD-Oberbürgermeister muss sich an Sparanstrengungen beteiligen" war ein Spitzengespräch über die Verwaltungsvereinbarung, über die gegenwärtig mit dem Bund verhandelt wird. Nach der Grundgesetzänderung zur Einführung der Schuldenbremse bis 2020 muss geklärt werden, wie in den Haushaltsnotlageländern mit den Konsolidierungsmitteln verfahren werden soll. An diesem Gespräch zwischen Bürgermeister Böhrnsen, Bürgermeisterin Linnert sowie dem Bremerhavener Stadtkämmerer und CDU-Bürgermeister Teiser nahm der ebenfalls eingeladene Bremerhavener SPD-Oberbürgermeister Schulz nicht teil. Es sei ihm nicht gut genug vorbereitet gewesen.

Unüblich für eine Aktuelle Stunde war die allseitige Einigkeit: Einhellige Ansicht war, dass Bremen und Bremerhaven unbedingt gemeinsam das schwere Vorhaben, bis zum Jahr 2020 den Haushalt zu sanieren, angehen müssen. Einigkeit herrschte auch darüber, dass die Absage des Bremerhavener Oberbürgermeisters Schulz nicht richtig war. So formulierte es der CDU-Abgeordnete Dr. Schrörs: "Unsere Aktuelle Stunde sollte keinen Spaltpilz zwischen Bremen und Bremerhaven treiben, sondern ist Ausdruck der Kritik an den Alleingängen von Oberbürgermeister Schulz."

Quasi nur am Rande wurden die Finanzierungslücken bei den Havenwelten und anderen Bremerhavener Projekten erwähnt, zu denen derzeit die Rufe nach einem Untersuchungsausschuss laut wurden. Auch hierbei herrschte Einvernehmen, zunächst den Bericht des jetzt eingesetzten Sonderermittlers abzuwarten.

Was die Aufteilung von Landesmitteln Bremen/Bremerhaven betrifft, das seit langem 25 Prozent des Haushalts bekommt, forderte die Handelskammer bereits einen Anteil von nur noch 17 Prozent entsprechend dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen der beiden Städte. Hier zitierte der grüne Wirtschaftspolitiker Klaus Möhle Bürgermeister Böhrnsen: "Bremerhaven wird über die Maßen fair behandelt", und stellte darauf die Frage: "Man könnte auch mal überlegen, ob Bremerhaven nicht zu sehr über die Maßen fair behandelt wird."

 

Schulreform mit großer Mehrheit verabschiedet

Mit der 2. Lesung des "Gesetzes zur Änderung schulrechtlicher Bestimmungen" wurde heute ein langer, auch mühevoller Prozess zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Und – entsprechend einer alten Parlamentsweisheit: Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es hineingekommen ist.

Der gleichfalls mit großer Mehrheit beschlossene rot-grüne Änderungsantrag umfasst nicht nur redaktionelle Änderungen. Besonders hervorzuheben sind die Punkte, die Inklusion von behinderten Schülerinnen und Schülern in den Regelunterricht betreffend. "Wir haben den Spagat hinbekommen zwischen den Ängsten und Befürchtungen, dass wir entweder gar nicht oder zu schnell damit anfangen. Jetzt haben wir in das Gesetz einen klaren Beginn zum Schuljahr 2010/2011 aufgenommen und einen Zeitrahmen bis Ende 2019/Anfang 2020 mit einer Evaluierung des Umsetzungsstands", begründete Björn Fecker, stellvertretender bildungspolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion den Erfolg der grünen Verhandlungsdelegation. "Das neue Schulgesetz ist ein zentraler Bestandteil der rot-grünen Koalition und insgesamt ein gutes Gesetz. Jetzt gilt es, das Gesetz mit Leben zu füllen! Wir werden es als Fraktion auch weiterhin eng begleiten."

 

Religionskunde statt Biblischer Geschichtsunterricht

Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion bestätige den Befund der vergangenen Jahre, so Hermann Kuhn: "Das Fach ›Biblischer Geschichtsunterricht‹ ist in keinem guten Zustand. Es findet nur zu einem ziemlich geringen Teil überhaupt statt."

"Nun kann man auf diese Diagnose wieder so reagieren, dass man sagt: ›Nun muss der Senat aber mal endlich‹, und ›Wir haben aber einen Anspruch‹ oder Ähnliches. Wir glauben nicht, dass das Sinn macht; nach unserer Überzeugung spiegelt die Entwicklung des Unterrichtsfachs nur wieder, dass sich die gesellschaftlichen Voraussetzungen seit 1947 so weit verändert haben, dass das Fach BGU, so wie es einmal gedacht war, keine reale Basis mehr hat."

Die Initiative, die die Grüne Partei im vergangenen Jahr beschlossen hat, zielt auf die Schaffung einer neuen, tragfähigen Grundlage. Das Ziel ist, dass an den staatlichen Schulen Bremens ein gemeinsamer Unterricht über Religionen gegeben wird; über Religionen, ihre großen Erzählungen, ihre Geschichte – auch über die Geschichte der Kritik an ihnen; über ihre Beziehung zu Werten und Moral, zur Philosophie. Dieser Unterricht muss alle Religionen im Grundsatz gleich behandeln.

Hermann Kuhn begründete den grünen Vorschlag ausführlich in vier Punkten:

  1. Junge Menschen sollen nach unserer Überzeugung als Teil ihrer Bildung und Erziehung auch Kenntnisse über Religionen vermittelt bekommen. Das ist keineswegs ein banaler oder selbstverständlicher und unumstrittener Satz. Er ist eine bewusste Entscheidung – auch gegen die gegenwärtige "Abstimmung mit den Füßen" – dafür, in den Schulen "religionskundliche Alphabetisierung" zu betreiben, wie Prof. Lott es zugespitzt ausgedrückt hat. Kenntnisse über Religionen, Begegnung mit ihrer Geschichte, ihren Antworten gehören auch heute zum Inhalt des Bildungsauftrages der Schulen, wie wir ihn verstehen.
  1. "Religionsfreiheit" als grundlegendes Menschenrecht ist das Recht jedes Menschen, ungehindert und frei seine Religion auszuüben. Per definitionem ist deshalb Religionsfreiheit Freiheit der Religion in der Mehrzahl, Freiheit der Religionen. Wir Grünen ergänzen: sie ist auch Gleichberechtigung der Religionen. In dem Unterricht, den wir uns vorstellen, gibt es keine Monopolstellung, auch keinen Vorrang einer Religion, einer Religionsgemeinschaft "von Staats wegen" mehr. Wir bestehen auf Augenhöhe und gleichem Respekt gegenüber allen Religionen´
    Das ist nicht nur eine grundsätzliche Position, sondern auch eine aktuelle politische Herausforderung. Wir erwarten ja von den muslimisch gläubigen, muslimisch geprägten Menschen, die heute mit uns hier leben, dass sie ihren Ort finden in einer zwar lange christlich geprägten, aber doch säkularen Gesellschaft, zu dessen Selbstverständnis es auch gehört, dass sich Religionen in Frage stellen, kritisieren lassen müssen – denken Sie an die Ausstellung kürzlich hier im Haus über Karikaturen. Wir Grünen sind unbedingt der Auffassung, dass wir ein solches Verständnis auch von den Muslimen erwarten und einfordern müssen. Aber wir sind auch überzeugt, dass das nur gehen kann, wenn wir ihnen unsererseits mit strikter Gleichberechtigung und Respekt begegnen. Das ist auch deshalb so wichtig, weil sich der nächste Angriff gegen die Demokratie hier wie anderswo in Europa wohl als "Kampf gegen den Islam" drapieren wird. Denken Sie an Köln, denken Sie an Holland, an Österreich.
  1. In staatliche Schulen gehört nach unserem Verständnis allein Unterricht über Religionen, nicht religiöse Unterweisung – die findet durch die Religionsgemeinschaften in deren Räumen statt. Das bedeutet auch, der Unterricht wird von Lehrerinnen und Lehrern gegeben, die religions­wissenschaftlich ausgebildet sind. Eigene, persönliche Religiosität ist keine Vorbedingung dafür, aber auch, um das klar zu sagen, kein Ausschlussgrund. Natürlich kann eine gläubige Muslima einen solchen Unterricht genauso geben wie ein gläubiger Christ – wenn sie es denn gelernt hat und kann. Vertreter der Religionsgemeinschaft sollen gern als Gäste in den Unterricht eingeladen werden, so wie wir z. B. in den Politikunterricht eingeladen werden. Und ich fände es vernünftig, mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften einen Beirat zu bilden, der diesen Unterricht und mögliche Konflikte begleitet.
  1. Wir wollen, dass dieser Unterricht über Religionen gemeinsam für alle Schülerinnen und Schüler ist. Wir wollen, dass die jungen Menschen miteinander reden und nicht übereinander. Wir wollen nicht, dass die Schülerinnen getrennt hier über die Bibel, dort über die Thora und noch woanders über den Koran lernen. Das war die grundfalsche Idee zuletzt der Berliner Pro-Reli-Kampagne. Nach unserer Überzeugung ist das Potential eines gemeinsamen Unterrichtes über Religionen für ein besseres Verständnis und gelungenes Zusammenleben der jungen Menschen, beginnend im Alltag auf dem Schulhof, riesig. Und wir brauchen das dringend.

"Ein solcher Unterricht, wie ich ihn als Vorschlag der Grünen skizziert habe, ist keinesfalls eine Erfindung auf dem Reißbrett", warb Hermann Kuhn für diese Initiative. "Es gibt solche ›Religionskunde‹ – zum Teil unter diesem Namen – bereits: in Großbritannien, in Schweden, in der Schweiz, neuerdings auch in Norwegen; dort ist er definiert als ›objektiv, kritisch, pluralistisch und respektvoll‹. Frau Alberts von der Uni Bergen hat auf unserer Veranstaltung am vergangenen Montag eindrucksvoll über diese Erfahrungen berichtet und das Resumee gezogen: ›Es geht‹. Und es geht, nach anfänglichen Diskussionen, auch in großem Einvernehmen mit den Religionsgemeinschaften."

"Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, dass unser Vorschlag die liberale Tradition der Freien Hansestadt Bremen in Religionsfragen bewahrt und unter neuen Bedingungen weiterführt", schloss Hermann Kuhn. "Vor 200 Jahren wurde in Bremen die Trennung zwischen reformiertem und lutherischem Unterricht überwunden zugunsten eines allgemein-protestantischen; 1947 wurden mit dem Verfassungskompromiss die – katholischen – Flüchtlinge mit hinein genommen. – In Klammern möchte ich auf den eigentlich ungeheuren Skandal hinweisen, der darin liegt, dass über jüdische Kinder 1947 kein einziges Wort verloren wurde; so nachhaltig war die reale und gedankliche Auslöschung durch die Nazis gewesen. – Heute schlagen wir Ihnen einen Unterricht vor, dessen Ziel und Botschaft wiederum darin liegt, zusammen zu führen und Zeichen von Gleichberechtigung und Integration zu setzen. Dafür wäre es auch richtig und notwendig, diesem Unterricht in der weiteren Diskussion einen neuen Namen im Leben der Schulen zu geben."

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 16.6.2009

Ehrenamtliche Vormundschaften für Kinder und Jugendliche verstetigt

Das Thema "Vormundschaften für Kinder und Jugendliche in der Stadtgemeinde Bremen" hatte die CDU-Fraktion mit einer Großen Anfrage auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung der Stadtbürgerschaft gebracht.

Als ein Ergebnis des Untersuchungsausschusses zum Fall Kevin im Bereich der Vormundschaften wurde im Jahr 2007 ein Projekt ins Leben gerufen, das sich zum Ziel gesetzt hat, mehr Menschen dafür zu gewinnen, sich ehrenamtlich für das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu engagieren. Dieses Projekt, "proCuraKids" in der Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes, hat – auch im bundesweiten Vergleich – sehr erfolgreich gearbeitet. Nun, nach Abschluss der zweijährigen Modellphase, wird das Projekt verstetigt, und die rot-grüne Regierung stellt dem DRK die entsprechenden Mittel zur Verfügung.

Mustafa Öztürk, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion: "An dieser Stelle sollten wir auch alle Menschen, die sich bereit erklärt haben, sich als ehrenamtliche Einzelvormünder zu engagieren, würdigen. Ein Dankeschön würde nicht ausreichen!" Er hob auch die Bedeutung der Einzelvormundschaft vor der Amtsvormundschaft hervor: "Für manche von uns klingen die ›Aktivitäten‹ wie selbstverständlich. In Fällen aber, in denen Kinder und Jugendliche unter Vormundschaft leben, wären viele Aktivitäten, wie ins Kino oder ins Museum gehen, mal mit den Eltern einen Urlaub planen oder einfach mal einen Tagesausflug machen, keine Selbstverständlichkeit!"

Bei aller positiven Entwicklung bleibt in der Praxis noch viel zu tun, Öztürk: "Für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge sind die Einzelvormundschaften noch verbesserungsbedürftig; angefangen mit Schulungen im Bereich der interkulturellen Kompetenzen im Jugendamt über kindeswohlorientierte Ansätze in der Flüchtlingsarbeit bis zur verstärkten Zusammenarbeit mit Flüchtlingsorganisationen."

 

CDU führte schon jetzt enthusiastische Sommerloch-Debatte

Alle Jahre wieder wirft die CDU-Fraktion dem Bausenator mangelnde Baustellenkoordination während der Sommerferien vor, dieses Mal mit einer Großen Anfrage. "Auch dieses Jahr wird es in den Sommerferien wieder zu verstärkten Baustellenaktivitäten kommen", so die grüne Verkehrspolitikerin Maike Schaefer. "Denn in den Hauptferienzeiten bietet sich dies an, weil viele Bremerinnen und Bremer im Urlaub sind. Auf der einen Seite beklagen wir den zum Teil schlechten Zustand der Straßen, und auf der anderen Seite, wenn Baumaßnahmen durchgeführt werden, kann es zu Staus und Behinderungen kommen. Und leider kommt es zu Verzögerungen, wenn unerwartete Schwierigkeiten auftauchen." Dies waren im vergangenen Jahr zum Beispiel bei der Oldenburger Straße Schäden im Untergrund.

Gleichzeitig warf die CDU der rot-grünen Regierung einen Sanierungsstau im Straßenbau vor – mit einer Lücke in Höhe von 79,6 Mio. Euro bei steigender Tendenz. Das Instrument, mit dem diese Kosten, die Straßen in ordnungsgemäßem Zustand zu halten, nennt sich Pavement Management System, PMS. Ziel dieses Systems ist es, die Straßenunterhaltung und den Euinsatz der Finanzenunter volks- und betriebswirtschaftlichen sowie technischen Aspekten zu optimieren.

Maike Schaefer: "Das ist erst einmal eine erschreckend hohe Summe, die sich im Lauf der letzten Jahre aufgestaut hat, also nicht erst seit der rot-grünen Koalition. Und ich gebe zu, dass ich erstaunt war, als ich vom Beschluss eines Tempolimits von 10 Stundenkilometern wegen des schlechten Straßenzustands in der Elsasser und Richard-Wagner-Straße hörte. Nur: Diese Zustände sind auch kein typisches Bremer Problem, das finden wir überall in der Republik. Ich glaube, dass es kaum Städte gibt, die es jemals schaffen, den vom PMS berechneten Zustand zu erreichen. Deshalb sollten wir uns mal generell über die Sinnhaftigkeit des PMS unterhalten."

In Bremen wurde das PMS unter Senatorin Wischer in der großen Koalition eingeführt. Seitdem erhöht sich der Verlustwert jährlich – unter allen Verkehrssenatoren.

 

 

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