Umwelt- und Naturschutz

Naturdenkmale wieder unter besonderen Schutz stellen

Baumkronen by GettyTim82 (iStock)

Baumkronen by GettyTim82 (iStock)

Alte und starke Bäume sind ein beeindruckendes Symbol für die Schönheit der Natur. Gleichzeitig sind sie Spiegel und Zeugnis kulturhistorischer Epochen: Viele Bäume wurden gepflanzt, um z. B. Kirchen und Klöster einzurahmen, Straßen oder Häuser zu beschatten oder vor Wind zu schützen. Gärten und Parkanlagen wie der Bürgerpark, der Rhododendronpark oder Knoops Park wurden durch sie gegliedert und gestaltet. Alte Bäume haben einen großen Wert für das Stadtbild und ­sind naturfachlich von besonderem Wert. Je älter ein Baum, desto größer ist sein ökologischer Wert für die Umwelt. Ältere Bäume speichern bzw. setzen in der Regel mehr CO2 um und leisten einen großen Beitrag zur Abkühlung der Umgebung, insbesondere im städtischen Bereich. Damit die wertvollsten und ältesten dieser Naturdenkmale möglichst lange erhalten bleiben, sollten sie durch Verordnungen auf kommunaler Ebene besonders geschützt werden.

Ursprünglich gab es solche Verordnungen, wie sie in vielen anderen Kommunen bestehen, auch in Bremen. Insgesamt waren es in Bremen drei Verordnungen (1950, 1957, 1960), die sich auf das Reichsnaturschutzgesetz beriefen - und zwar auch, als dieses Gesetz längst außer Kraft getreten war. Darin waren zuletzt 16 Standorte mit einem oder mehreren Bäumen geschützt. 2005 wurde diese Verordnung, wie viele andere, in einer sogenannten „Entrümpelungsinitiative“ der Großen SPD/CDU-Koalition (www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp16/land/drucksache/D16L0484.pdf) außer Kraft gesetzt – und zwar ersatzlos. Für die ehemaligen Naturdenkmale in Bremen galt dann der Schutz durch die Baumschutzverordnung, die nicht sehr fortschrittlich im Sinne des Baumschutzes war und dem Bauen eindeutig Vorrang gab.

Naturdenkmale in Bund und Ländern

Einzelschöpfungen der Natur (z. B. Bäume, Findlinge) oder entsprechende Flächen von nationaler Bedeutung können nach dem Bundesnaturschutzgesetz und Landesnaturschutzgesetz (§ 28 BNatSchG) unter Schutz gestellt werden. Demnach ist die Sicherung eines Baumes als Naturdenkmal möglich, wenn dies aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen seiner Seltenheit, Eigenart oder besonderen Schönheit erforderlich ist.

Die Definition von Naturdenkmalen in Baden-Württemberg lehnt sich an das Bundesnaturschutzgesetz an: Als Naturdenkmal können sowohl Einzelgebilde, wie landschaftsprägende Bäume, Felsen oder Höhlen, als auch naturschutzwürdige Flächen bis zu fünf Hektar Größe, wie kleinere Wasserflächen, Moore oder Heiden, ausgewiesen werden. Der Schutzstatus der flächenhaften Naturdenkmale ist mit dem eines Naturschutzgebietes vergleichbar: Naturdenkmale dürfen nicht verändert werden. 

In Niedersachsen liegen Naturdenkmale sowohl in punkthafter Ausprägung, in schmaler Längsausdehnung als auch in (geringer) flächenhafter Form vor. Erkennbar ist, dass es im letzten Jahrzehnt zu einer kontinuierlichen Abnahme kam. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ältere Naturdenkmale einerseits zum Teil in neu verordnete und ausgeweitete Schutzgebiete auch anderer Kategorien einbezogen wurden und dadurch darüber geschützt wurden. Andererseits unterliegen diese einzelnen Naturschöpfungen (überwiegend Bäume) einem natürlichen Alterungsprozess, der auch zum Zerfall oder zu einer Fällung führt.

Naturdenkmale in Bremen

Eigentlich überall in Deutschland sind Naturdenkmale besonders geschützt. In Bremen stehen sicherlich viele Bäume unter Naturschutz – mithilfe Bremens guten Schutzgebietsmanagements in den Naturschutzgebieten. Ebenso sind Bäume in denkmalgeschützten Bereichen wie Wallanlagen und dem Bürgerpark besonders geschützt. Darüber hinausgehend können Einzelbäume durch das Nationalerbe geschützt werden. Das ist bei Bremens Baum mit dem größten Stammumfang der Fall. Der Riesenmammutbaum auf dem Riensberger Friedhof, der zur Eröffnung des Friedhofs gepflanzt wurde, konnte letztes Jahr unter Schutz gestellt werden. Ansonsten fehlt überraschenderweise eine Möglichkeit in Bremen, um solche großartigen Bäume besonders zu schützen und zu erhalten. Die ursprünglich 16 Standorte sind nicht mehr besonders geschützt. Darunter befindet sich auch Bremens ältester Baum. Die Linde vor dem Horner Friedhof ist etwa 900 Jahre alt. Es ist davon auszugehen, dass es sehr viel mehr naturdenkmalwürdige Baumstandorte in Bremen gibt.

Nicht nur die Zeiten haben sich verändert: Klimawandel, Klimaanpassung und der Erhalt eines attraktiven Stadtbildes begründen die Notwendigkeit, alte und ortsbildprägende Bäume besonders zu schützen und zwar gemäß dem Standard, den Naturschutzgebiete erhalten. Es ist gut und richtig, neben einer Novellierung der Baumschutzsatzung die ältesten und wertvollsten Einzelbäume unter einen besonderen Schutz zu stellen. Die Suche in den Stadtteilen könnte ein reizvoller Prozess sein, der unter Beteiligung der Ortsämter und Beiräte den Wert dieser Naturdenkmale in den Fokus nimmt. Dabei könnten Patenschaften von Schulen und Vereinen das Bewusstsein für den Wert alter Bäume schärfen. Das wäre Umweltbildung im besten Sinne.

Das gute Beispiel: Berlin

Nach Prüfung verschiedener Verordnungen zum Schutz von Naturdenkmalen, finden wir das Berliner Beispiel besonders gelungen, vgl.:  https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-NatDenkmSchVBE2021pP1

In dieser Verordnung aus dem Jahre 2021 werden Einzelschöpfungen (Bäume, Findlinge) geschützt. Es werden Bäume unter Schutz gestellt wegen ihrer wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen und landeskundlichen Bedeutung. Kriterien können Alter, Seltenheit, Eigenheit und Schönheit sein. Geschützt ist der Kronenbereich plus 1,5 Meter, bei säulenartigen Bäumen sogar bis zu fünf Metern. Es gibt umfangreiche Kriterien, was verboten oder genehmigungspflichtig ist. Die Eigentümer*innen werden verpflichtet, die Naturdenkmale zu erhalten und zu pflegen. Bediensteten ist der Zutritt zu gestatten. Hinweisschilder auf das Naturdenkmal sind zu dulden. Wichtig ist die Erstellung einer Liste von geschützten Bäumen und Findlingen, die konkret benannt werden.

Damit alte und erhaltenswerte Bäume auch in Bremen besser geschützt werden, fordert die Bürgerschaftsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

  1. Der Senat soll eine Verordnung für den Schutz einzelner Bäume als Naturdenkmale erlassen; für die Unterschutzstellung sollen orientiert am Beispiel Berlins und anderer Verordnungen Kriterien entwickelt werden, wobei insbesondere zu berücksichtigen sind:
    • hohes Alter,
    • großer Stammumfang und
    • besonderer ökologischer Wert.
    • Bei der Frage der Unterschutzstellung von Naturdenkmalen müssen die Belange von anderen schutzwürdigen Gütern Beachtung finden. Der klassische Denkmalschutz soll nicht über dem Schutz von Naturdenkmalen stehen, wenn es beispielsweise um Sichtachsen geht. Alleen sollen, wie z. B. in Köln, über die Baumschutzsatzung geschützt werden.
  2. Der Senat soll den ehemals geschützten Baumbestand aus der dritten Verordnung zum Schutz von Naturdenkmalen (1960, außer Kraft 2005) prüfen und ggf. in die neue Verordnung aufnehmen.
  3. Der Senat soll unter Beteiligung von Ortsämtern und Beiräten weitere Naturdenkmale ermitteln und ggf. unter Schutz stellen.
  4. Die ausgewählten Naturdenkmale sollen angemessen beschildert, öffentlich zugänglich digital katalogisiert sowie regelmäßig aktualisiert werden.
  5. Analog zum Denkmalschutz von Gebäuden soll die einzelfallbezogene, öffentliche Unterstützung bei der Unterhaltung und Pflege von Naturdenkmalen ermöglicht werden.

Bremen, 10. Februar 2023