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Handwerk schnell entlasten und nachhaltig stärken

Handwerk schnell entlasten und nachhaltig stärken – Bürokratie entrümpeln, Frauen als Fachkräfte gewinnen, neue Orte schaffen

EXTREME-PHOTOGRAPHER -iStock

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Die Zukunft des Handwerks steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen und Chancen. Der Klimawandel, die fortschreitende Digitalisierung und der demografische Wandel stellen das Handwerk vor neue Anforderungen, eröffnen gleichzeitig aber auch Möglichkeiten für Innovation und Wachstum. Unternehmen müssen und wollen energieeffizienter arbeiten und umweltfreundliche Technologien einsetzen. Gleichzeitig erschließen sich durch die Entwicklung und Umsetzung von klimafreundlichen Lösungen neue Marktchancen. Die Digitalisierung bietet die Chance, Prozesse effizienter zu gestalten und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Gleichzeitig erfordert sie jedoch Investitionen in Technologie und die Qualifizierung der Mitarbeiter*innen. Der demografische Wandel stellt das Handwerk vor die Herausforderung, mit attraktiven Arbeitsbedingungen sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen qualifizierte Fachkräfte zu finden und zu halten. 

Das Handwerk spielt eine zentrale Rolle in Bremen als wichtige Quelle für Innovation, Wachstum und Beschäftigung. Mit rund 5.000 Betrieben und etwa 30.000 Beschäftigten ist es ein Kernstück der Wirtschaft. Über die vergangenen drei Jahre hinweg stellte das Handwerk in Bremen mit mehr als 3.300 Auszubildenden fast ein Viertel aller Ausbildungsplätze bereit. Es bietet Leistungen, die kontinuierlich und unabhängig von der Konjunktur nachgefragt werden. Für Unternehmen und private Verbraucher ist das Handwerk ein wichtiger Partner für individuelle Problemlösungen. Die überwiegend kleinen und mittelständischen Betriebe bieten qualifizierte Arbeitsplätze, tragen zur Vielfalt und Flexibilität der Wirtschaft bei und bleiben auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ihrem Standort treu. Die Anforderungen der Globalisierung, Digitalisierung, Inflation, steigende Energiekosten, demografischer und struktureller Wandel stellen alle Handwerksbetriebe vor Veränderungen. Es ist entscheidend, dass sie sich durch klimaneutrale Innovationen anpassen, um weiterhin erfolgreich zu sein. Zahlreiche Unternehmen haben bereits engagiert und innovativ darauf reagiert. Um sicherzustellen, dass das Handwerk in Bremen und Bremerhaven auch in Zukunft leistungsfähig und modern bleibt, schlagen wir Grünen Maßnahmen in drei drängenden Handlungsfeldern vor, um die positive Entwicklung zu unterstützen. 

  • Die Entbürokratisierung steht dabei an erster Stelle. Viele Betriebe leiden unter einem Übermaß an Dokumentationspflichten, die Arbeitszeit vernichten. 
  • Angesichts des bereits existierenden Fachkräftemangels ist es unerlässlich, das Handwerk verstärkt für weibliche Beschäftigte und Unternehmerinnen zu öffnen, da hier ein enormes Entwicklungspotenzial liegt. 
  • Schließlich benötigt das Handwerk Raum, idealerweise mitten in der Stadt und eingebettet in eine gute Nachbarschaft. Daher fordern wir ein gezieltes Flächenmanagement, um kleineren Handwerksbetrieben attraktive Standorte in den Stadtteilen von Bremen und Bremerhaven bieten zu können.

Bürokratie entrümpeln und Arbeitszeit sinnvoller nutzen

Das Handwerk im Land Bremen muss schnell entlastet werden, indem nicht mehr zeitgemäße und überflüssige Bürokratiealtlasten konsequent abgebaut und neue Bürokratie systematisch vermieden wird. Selbstverständlich geht es nicht ganz ohne Vorgaben, sie müssen aber auf das zwingend Notwendige begrenzt werden. Daher ist es richtig, dass sich der Transformationsrat des Senats dieses drängenden Themas annimmt. Auch das von der Bundesregierung beschlossene Bürokratieentlastungsgesetz III, in dem die Einführung eines Basisregisters in Verbindung mit einer einheitlichen Wirtschaftsnummer angekündigt wird, ist ein wichtiger Schritt zum Bürokratieabbau. Nun ist auch das Land Bremen gefragt, dringend notwendige Beiträge zur Entbürokratisierung zu leisten. Wir setzen uns daher dafür ein, dass der Transformationsrat einen konkreten Entbürokratisierungskatalog für das Land Bremen erarbeitet, der die Reduzierung von Datenabfragen und Statistikpflichten, sowie die Prüfung verzichtbarer Regeln oder Verordnungen beinhalten muss.

Hürden abbauen und mehr Frauen für das Handwerk gewinnen

Früher war das Handwerk größtenteils eine Männerdomäne. Heute beträgt der Frauenanteil unter den Auszubildenden immerhin fast 20 Prozent. Vor allem in kreativen handwerklichen Berufen finden sich viele Frauen – etwa Friseurinnen, Konditorinnen, Maßschneiderinnen und Gold- sowie Silberschmiedinnen. Aber auch in gewerblich-technischen Berufen wie Zweiradmechanikerin, Tischlerin, Dachdeckerin oder Heizungsinstallateurin ist der Frauenanteil deutlich gestiegen. Das zeigt, dass immer mehr Frauen für das Handwerk zu begeistern sind und das Handwerk allmählich weiblicher wird. Trotzdem werden die Potentiale von Frauen in Handwerk, Technik und Ökologie zu wenig wahrgenommen. Aufstiegs- und Karrierechancen fallen immer noch deutlich zugunsten von Männern aus. Um mehr Frauen für das Handwerk zu gewinnen, gilt es, ihre vielfältigen beruflichen und unternehmerischen Potenziale zu erkennen und gezielt zu stärken. Dazu gehören der Abbau von Zugangsbarrieren und Diskriminierung am Arbeitsplatz sowie eine Sensibilisierung für offene Unternehmenskulturen.

Baden-Württemberg und Hamburg haben bereits spezielle Programme und Kampagnen zur Förderung von Frauen im Handwerk initiiert. Mit Angeboten für Schülerinnen wird versucht, zu einem frühen Zeitpunkt ihre Perspektiven auf Handwerksberufe zu erweitern. Hamburger Handwerkerinnen erhalten durch spezielle Beratung und Begleitung eine bessere Orientierung zu den Vorteilen von Aufstiegsqualifizierungen und konkrete Umsetzungsstrategien. Praktikumsstellen im Handwerk eröffnen die Chance, sich später qualifiziert für Handwerksberufe entscheiden zu können. Auch in Bremen werden junge Frauen mit verschiedenen Maßnahmen und Programmen über Wege in die duale Ausbildung und ins Handwerk aufgeklärt. Um aber den sich verschärfenden Fachkräfteengpass in den handwerklichen Berufen abzuwenden, brauchen wir eine verstärkte Förderung von „Frauen im Handwerk“ mit dem Ziel, Betriebe, Handwerksorganisationen sowie Bildungseinrichtungen darin zu unterstützen, deutlich mehr Frauen als Fachkräfte im Handwerk zu gewinnen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass vorhandene Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Quereinstiegsangebote neugestaltet werden, so dass der Frauenanteil in allen Handwerksberufen, insbesondere in gewerblich-technischen Berufen, gezielt erhöht wird. Zudem wollen wir prüfen lassen, welche spezifischen Frauenförderprogramme in die Berufsorientierung, Aus- und Weiterbildung, Aufstiegsförderung sowie die Förderung von Gründung und Betriebsübernahme integriert werden können.

Das Handwerk nah bei den Kunden verorten

Als wesentliche Handlungsfelder für das Handwerk wurden vom Bremer Senat die Standortsicherung und die Standortentwicklung schon im Jahr 2018 identifiziert. Das aus diesem Jahr stammende Strategiepapier des Wirtschaftsressorts befasst sich daher intensiv mit der Bereitstellung geeigneter Flächenpotenziale, welche für die Ansiedlung von kleinteiligem Gewerbe und Handwerksbetrieben geeignet sind. Unbestritten ist noch immer, dass Handwerksbetriebe innerhalb der Stadt dringend angemessene Flächen brauchen. Durch die Integration von handwerklichen Betrieben in Wohnquartiere entsteht dabei eine lebendige und funktionale Nähe, die den Bedürfnissen der Anwohner*innen entspricht. Dies ermöglicht eine enge Verbindung zwischen Handwerkern und Kunden direkt vor Ort und so persönliche und zeitnahe Dienstleistungen. Diese „Urbanen Gebiete“ und „Neuen Orte der produktiven Stadt“ mit einer Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe sind für Klein- und Kleinstbetriebe hoch attraktiv.

In ehemals von Handwerksbetrieben geprägten Quartieren ist oft ein hoher Leerstand zu verzeichnen – und zugleich ist es für Betriebe schwierig, quartiersnahe Standorte zu finden. Hier ist es dringend notwendig, durch Koordinierungsangebote den Leerstand an den Betrieb zu bringen. Wir fordern daher die Prüfung eines Leerstandkatasters für kleine Gewerbeeinheiten in den Quartieren und schlagen angesichts des Leerstands in der Innenstadt vor, Handwerk/ Manufakturen dringend in die Innenstadtentwicklung einzubeziehen.