Gesundheit

Gender Pay Gap in der Wissenschaft: Gleichstellung zeigt sich auf dem Konto - und in der Kita

Von den Grünen initiierte Studie zur ungleichen Bezahlung wurde im Wissenschaftsausschuss vorgestellt.

„In allen Beschäftigtengruppen in der Bremer Wissenschaft verdienen Frauen weniger als Männer. Das ist ungerecht und kann so nicht bleiben“, fordert Solveig Eschen, die Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion für Arbeitsmarktpolitik und Geschlechterpolitik. Die Ergebnisse einer von Eschen 2021 initiierten Studie zeigen: Der Gender Pay Gap in der Bremer Wissenschaft beträgt insgesamt 9,4 Prozent und ist damit noch höher als sonst im öffentlichen Dienst, wo er im Bundesdurchschnitt 6 Prozent beträgt.

„Die ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern für gleichwertige Arbeit ist in vielen Berufen ein Missstand. Und die Forschungs- und Hochschullandschaft im Land Bremen engagiert sich schon seit Jahren in der Frauenförderung – es ist gut, dass es die Bremer Genderoffensive der Hochschulen gibt, das Professorinnenprogramm und weitere Maßnahmen. Die Studie stellt dennoch klar fest, dass die ungleiche Bezahlung in ihren Gleichstellungsstrategien kaum eine Rolle spielt – zu oft wird sie weder thematisiert noch berechnet.“ Eschen fordert verbindliche Vereinbarungen vom Senat mit den Wissenschaftseinrichtungen: „Es darf ja nicht bei der Feststellung des Problems bleiben. Die Gründe müssen angegangen und ein Gender Pay Gap-Monitoring mit klaren, bezifferten und messbaren Zielen etabliert werden. Echte Gleichstellung zeigt sich auch auf dem Konto!“

Professoren haben mehr Kinder als Professorinnen – und machen schneller Karriere

Die heute im Wissenschaftsausschuss der Bremischen Bürgerschaft vorgestellte Studie identifiziert insgesamt acht Handlungsfelder, darunter die Definition messbarer Ziele in Gleichstellungsplänen, eine verstärkte Karriereförderung von Frauen und die schwierige Vereinbarkeit von Sorgearbeit mit wissenschaftlichen Karrieren. „Professoren erhalten im Schnitt deutlich höhere Familienzuschläge als Professorinnen. Sie haben also mehr Kinder als ihre Kolleginnen. Weil Frauen nach wie vor einen größeren Teil der Care-Arbeit in den Familien übernehmen, können männliche Wissenschaftler ihrer Karriere auch mit mehreren Kindern oft einfacher nachgehen, während dies für Professorinnen deutlich komplizierter ist. Elternschaft geht für Mütter meist mit längeren Unterbrechungen einher als für Väter und schränkt ihren beruflichen Fortschritt deutlicher ein. Es ist unsere gesellschaftliche Aufgabe, hier gerechtere Lösungen zu schaffen!“, mahnt Eschen.

Franziska Tell, bildungs- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft, ergänzt: „Es gibt auch systemische Benachteiligungen für Wissenschaftlerinnen in Forschung und Lehre:  Wissenschaftliche Arbeiten von Frauen werden seltener zitiert – das ist der sogenannte Gender Citation Gap. Und sie erhalten in der Öffentlichkeit weniger Aufmerksamkeit – der sogenannte Gender Visibility Gap. Hinzu kommt noch, dass ihr Karriereweg mit häufigen Befristungen und nötigen Ortswechseln behindert wird – denn beides kollidiert oft mit der Familiengründung und erschwert einen beruflichen Aufstieg und dessen Planbarkeit.“

Wissenschaft und Gleichstellung beginnen in Kita und Schule

Die Studie macht außerdem deutlich, dass die Bezahlung auch in der Wissenschaft deutlich von individuellen Verhandlungen abhängig ist. „Wir brauchen deshalb Transparenz und eine Überprüfung des Kriterienkatalogs zu variablen Leistungsbezügen von Professorinnen, und ebenso Klarheit für den Prozess der tariflichen Eingruppierung“, so Tell. „Weibliche Vorbilder und erlebbare Unterstützung von Frauen sind wichtige Voraussetzungen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft. Deshalb müssen wir für Forschung und Wissen, explizit auch in den MINT-Fächern, bereits in Kita und Schule begeistern. Auch eine paritätische Besetzung von Gremien, nicht nur, aber auch bei Personalentscheidungen, sollte heutzutage selbstverständlich sein“, verweist die bildungspolitische Sprecherin auf die frühe biografische Wirkung einer nachhaltigen Wissenschaftspolitik.