Arbeit | Soziales und Jugendpolitik

Hartz IV-Sanktionen beenden - neue Garantiesicherung einführen

In der Debatte zu Hartz IV-Sanktionen hat die Grünen-Fraktion heute den Stopp der entwürdigenden und existenzgefährdenden Sanktionen gefordert. Zugleich haben sich die Grünen dafür ausgesprochen, das Hartz IV-System über Zwischenschritte durch eine neue Garantiesicherung abzulösen und damit das Grundvertrauen in den Sozialstaat zu stärken. Die sanktionsfreie Garantiesicherung soll bisher nebeneinander existierende Sozialleistungen bündeln und den Betroffenen Hilfen aus einer Hand bieten. Auf dem Weg dorthin wollen die Grünen die Sanktionen beendet, eine Kindergrundsicherung eingeführt und die Leistungssätze neu berechnet und angehoben wissen. Außerdem sollen die Hinzuverdienstregeln rasch verbessert werden. Nicht zuletzt fordert die Fraktion, die Auszahlung verschiedener Leistungen von ALG II bis zum Wohngeld zu zentralisieren und die Arbeit der Jobcenter auf die Beratung und Qualifizierung zu konzentrieren.

Motivation und individuelle Unterstützung statt Zwang und Gängelung muss das Credo des Sozialstaates lauten, so die sozialpolitische Sprecherin Sahhanim Görgü-Philipp: „In Bremen ist jedeR Fünfte auf Grundsicherung angewiesen, jedes dritte Kind lebt von Hartz IV-Leistungen. In keinem anderen Bundesland droht einem so großen Teil der Bevölkerung, dass durch Sanktionen selbst noch das Existenzminimum beschnitten wird. Das Existenzminimum ist ein Grundrecht und darf nicht gekürzt werden. Sanktionen können zu Energiesperren oder Wohnungslosigkeit führen und damit Menschen in existenzielle Not bringen. Hartz IV ist zum Schreckgespenst unseres Sozialstaates geworden. Es darf nicht sein, dass eine zentrale Institution unseres Sozialstaates wie das Jobcenter als Angstmacher wahrgenommen wird. Um dieses System zu überwinden, muss der Bund in einem ersten Schritt die Sanktionen entschärfen, eine eigenständige Kindergrundsicherung einführen und die Leistungssätze anhand der tatsächlichen Bedarfe neu berechnen. Statt junge Menschen wegen Meldeversäumnissen mit Leistungskürzungen zu gängeln, muss der Übergang von der Schule in die Ausbildung gezielt begleitet und verbessert werden. Um Mitwirkung zu erreichen, sind individuelle Unterstützung und Augenhöhe entscheidend. Wir wollen, dass sich das Jobcenter auf seine Beratungs- und Qualifizierungsaufgabe konzentriert. Die Leistungsauszahlung kann auch automatisch durch die Finanzämter erfolgen, zumal ALG II, Kinderzuschlag und Wohngeld eng verknüpft sind. Mit unserem Vorschlag eines Systemwechsels zu einer sanktionsfreien Garantiesicherung wollen wir das Grundvertrauen in den Sozialstaat stärken und Menschen die Angst vor Existenznot nehmen.“

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Henrike Müller fordert darüber hinaus, grundlegende Webfehler von Hartz IV rasch zu beseitigen: „Hartz IV erschwert den Weg zurück auf den Arbeitsmarkt. Wer arbeitet, aber zur Existenzsicherung ergänzende Grundsicherung bezieht, darf nur maximal 20 Prozent des Lohnes behalten. Diese Regelung ist fatal, denn der Weg zurück in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geht doch gerade auch über Einstiegstätigkeiten mit geringerer Stundenzahl. Die Hinzuverdienstregeln müssen rasch verbessert werden. Die Maßgabe muss dabei sein: Je umfangreicher die Stundenzahl, umso höher der Selbstbehalt. Und es ist an der Zeit, das Mantra von der Vermittlung auf den 1. Arbeitsmarkt einzumotten. Zwei Drittel der Menschen, die hier Grundsicherung beziehen, sind langzeitarbeitslos. Viele von ihnen haben keine ausreichende Schul- und Berufsausbildung oder andere Vermittlungshemmnisse. Die Chancen, sie in den 1. Arbeitsmarkt zu integrieren, sind aller Erfahrung nach leider gering. Umso wichtiger ist es, einen sozialen Arbeitsmarkt zu normalisieren und der Grundsicherung das Stigma zu nehmen. Hier geht es schließlich auch um die Würde von Menschen, die angesichts ihrer individuellen Probleme in unserer Gesellschaft nicht auch noch ausgegrenzt werden dürfen.“