Erinnerungskonzept zur bremischen Rolle im Kolonialismus

Vor 111 Jahren wurde der Aufstand der Herero und Nama in Namibia (damals Deutsch-Südwestafrika) niedergeschlagen – Historiker sehen darin den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts. Der Bremer Kaufmann Alfred Lüderitz hatte das Gebiet mit einem unlauteren Vertrag 1884 in Besitz genommen und wurde damit zum Begründer der ersten Kolonie des Deutschen Reiches. Unterstützt wurde er dabei vom Bremer Kaufmann Heinrich Vogelsang. Noch heute tragen Straßen in Bremen ihre Namen. Ebenso wie eine Straße nach der Bremerin Hedwig Heyl benannt ist, die zwischen 1910 und 1920 als Vorsitzende des ‚Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft‘ eine Hetzkampagne gegen sogenannte Mischehen zwischen Deutschen und Einheimischen in den Kolonien führte. Ob Straßennamen, Gebäude, Denkmäler oder auch der von H.H. Meier gegründete Norddeutsche Lloyd – in Bremen sind viele Spuren der kolonialen Vergangenheit sichtbar. Die kritische Auseinandersetzung mit diesem Erbe gibt es punktuell, eine klare Linie zur Aufarbeitung der bremischen Rolle im Kolonialismus fehlt aber bislang. Den Anstoß dafür liefert jetzt die Grünen-Fraktion mit einem Antrag. Die Initiative sieht neben einem Erinnerungskonzept zur Rolle Bremens im Kolonialismus und einem entsprechenden Ausstellungsschwerpunkt im Überseemuseum u.a. vor, dass der Senat Straßennamen mit kolonialem Hintergrund mit Legenden versehen soll. Der Initiator des Vorstoßes, Ralph Saxe, erläutert: „Der deutsche Kolonialismus war keine harmlose Episode, wie der Völkermord an den Nama und Herero zeigt. In kaum einer deutschen Stadt hat der Kolonialismus mehr Spuren hinterlassen als in Bremen. Die Kolonialvergangenheit Bremens ist bisher hingegen nur punktuell kritisch betrachtet worden. Es ist an der Zeit für ein umfangreiches Erinnerungskonzept. Dazu gehört nicht nur die Überprüfung von Straßennamen, sondern auch die Geschichtsvermittlung in Museen. Wir erhoffen uns, dass ein Erinnerungskonzept den gesellschaftlichen Diskurs über die Bremer Kolonialgeschichte belebt. So verdankt sich z.B. der Reichtum mancher Kaufmannsfamilien in Bremen auch dem Handel mit Kolonialwaren. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn auch Bremer Kaufleute Verantwortung übernehmen und die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte aktiv unterstützen würden.“