Landtagsdebatte zur Regierungserklärung des Senats vom 25. Februar

Rede des Fraktionsvorsitzenden Björn Fecker vom 25. Februar

"Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

es ist die nunmehr siebte Regierungserklärung des Senats anlässlich der Corona-Pandemie. Und doch sind wir von einer Routine weit entfernt. Zu schwierig, zu unsicher ist die derzeitige Lage. Augenscheinlich sind die Zahlen besser als noch vor Weihnachten. Das ist richtig. Aber ist das ein Signal für eine Entwarnung? Wer verantwortungsvoll die Zahlen und Details liest, wird zu dem Ergebnis kommen, dass wir viel gemeinsam geschafft haben. Dies hat vielen Menschen sehr viel abverlangt. Die Sorge um die eigene Existenzgrundlage, ob Arbeitnehmerin oder Unternehmerin, die Sorge um die eigene Familie und die Sorge um die Entwicklung unserer Gesellschaft sind nicht wegzudiskutieren. Und Politik tut gut daran, dieses bei den zukünftigen Entscheidungen im Blick zu behalten.

Aber, wer verantwortungsvoll die Zahlen und Details liest, der wird auch sagen müssen, mit dem Auftreten der Mutationen B.117, B.1.351 und P.1 hat sich die Sachlage noch einmal entscheidend verändert. Diese Varianten, die besonders infektiös sind, haben dabei die beste Chance, ihren Anteil am Pandemiegeschehen zu vergrößern. Und es passiert ja schon. Hier bei uns in Bremen und in ganz Deutschland. Experten sprechen schon von einer zweiten Pandemie oder warnen vor einer dritten Welle. Und deswegen ist es und bleibt es wichtig, die Grundregeln weiter zu beachten, weiter vorsichtig und aufmerksam zu sein.

Mit Stand von heute weist das RKI 68.400 COVID19-Todesfälle in Deutschland aus. 68.400 einzelne Schicksale sollten uns Mahnung sein, wenn wir all zu offen über Öffnungsszenarien und Lockerungen debattieren. Und das ist auch ein wenig das Dilemma der anstehenden MPK. Auf der einen Seite vermitteln Teile der Länder und Parteien das Gefühl, es ginge nur noch darum, wann was geöffnet wird und auf der anderen Seite stehen die harten Fakten insbesondere rund um B.117. Dabei, der Hinweis ist schon mehrfach gefallen, haben wir derzeit weder die 50 erreicht, sowohl im Bund noch hier im Land, noch sind wir überhaupt in der Nähe der 35, die aufgrund des hohen Ansteckungspotentials wesentlich mehr Sicherheit geben würde.

Meine Damen und Herren, ganz nüchtern betrachtet: eine hohe Ansteckungsgefahr trifft auf eine langsame Impfkampagne. Ganz ausdrücklich will ich an dieser Stelle das Agieren des Senats hervorheben. Die Rückmeldungen über die Abwicklung der Impfungen hier im Impfzentrum sind durch die Bank positiv. Dass das auch schiefgehen kann, mussten andere Länder erleben. Dieses erste positive Fazit ist auch das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit des Senats, der verantwortlichen Behörden, der Hilfsorganisationen, der Messegesellschaft und der Bremer Wirtschaft. Auch jetzt treibt der Senat die Ausdehnung der Impfkapazitäten weiter voran und agiert pro-aktiv, für den Fall, dass die Ankündigung größerer Impfstoffmengen in naher Zukunft Realität werden wird. Nehmen Sie deshalb, liebe Frau Senatorin Bernhard, ausdrücklich unseren Dank an Sie persönlich aber auch ihr ganzes Team und die zahlreichen beteiligten Firmen und Organisationen entgegen. Wir finden, Sie haben beim Impfzentrum bisher einen verdammt guten Job gemacht.

Und das, obwohl sie leider auf der Ebene des Bundes mit dem Bundesgesundheitsminister keinen verlässlichen Partner haben. Es ist wie so oft mit Herrn Spahn – gute und entschlossene Ankündigungen, dann aber – im wahrsten Sinne des Wortes - Lieferschwierigkeiten. Meine Damen und Herren, die Impfstoffproduktion muss drastisch erhöht werden und die Aussagen gegenüber den Ländern müssen verlässlich und belastbar sein.

Das mit der Verlässlichkeit gilt im Übrigen auch für die Selbsttests. Die sind seit gestern freigegeben. Im September des letzten Jahres waren sie bereits durch den Bundesgesundheitsminister angekündigt. In welcher Anzahl sie kommen, wann und wie teuer, bleibt aber ein Geheimnis. Und ich bin da voll und ganz bei Jens Spahn. Diese Tests sind enorm wichtig. Insbesondere jetzt, wo sich die Impfung ja noch eine Zeit lang erstrecken wird. Sie bieten die Chance, die Testungen noch einmal deutlich zu erhöhen, insbesondere, wenn wir alltagstaugliche und kostengünstige Selbsttests haben werden. Die Pandemiebekämpfung besteht eben aus mehreren Bausteinen, eben nicht nur aus der Impfung. Testungen und Teststrategie sind da wesentliche Bestandteile.

Meine Damen und Herren, Testen, Impfen und die Regeln einhalten wird auch in den kommenden Wochen und Monaten der notwendige Dreiklang bleiben.

Nun wird viel über Stufenpläne gesprochen. Wir sind da ja eher Fans von, weil sie Transparenz und Verlässlichkeit schaffen. Natürlich machen sie nur Sinn, wenn sie bundesweit einheitlich wären, was ja nicht bedeutet, dass die darin beschriebenen Maßnahmen gleichzeitig in der Republik gelten. Und natürlich braucht es Mechanismen, die die Frage der unterschiedlichen Inzidenzen in angrenzenden Kreisen und Gemeinden ausgleichen. Was Stufenpläne aber nicht sind, und der Eindruck ist ein wenig entstanden, sie sind keine Öffnungspläne. Sie beschreiben zwingendermaßen eben auch die andere Richtung, nämlich die Einschränkungen.

Meine Damen und Herren, der Bürgermeister hat nun leichte Anpassungen für die anstehende MPK und die neue Bremer Corona-Verordnung in Aussicht gestellt. Der Präsident des Senats bemühte die Mutter und die Prozellankiste und auch wir sind sehr dafür, hier mit Augenmaß und Zurückhaltung vorzugehen, um eben nicht den bisherigen Erfolg zu gefährden und der Mutation die Türen weit zu öffnen.

Bei den Kontaktbeschränkungen lassen die Zahlen derzeit Anpassungen zu. Ich sage ganz bewusst nicht Lockerungen, um nicht Hoffnungen und Erwartungen zu enttäuschen. Aus meiner Sicht, hat sich aber beispielsweise die Betrachtung von Haushalten oder auch die der Familie bewährt.

Und wenn wir immer betonen, dass Kinder und Jugendliche oberste Priorität haben, dann sollten wir ihnen zeitnah auch ermöglichen, sich an der frischen Luft mit ihren Freundinnen und Freunden wieder gemeinsam zu bewegen und Sport zu treiben. Übrigens auch für die Erwachsenen sollten wir hier eine Möglichkeit geben, ihre Gesundheit weiter zu stärken. Die Regierungskoalition hat hierzu ja auch gerade erst einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Für uns Grüne wird die Entscheidung zwischen Indoor und Outdoor auch bei zukünftigen Schritten ein wichtiges Kriterium sein. Das kann, in Verbindung mit Selbst- oder Schnelltests sowohl für die Veranstaltungsbranche, die Kulturszene und auch die Gastronomie eine Perspektive eröffnen. Denn trotz Mutationen bleibt es dabei, dass es Draußen sicherer ist als Drinnen."