Kunst und Kultur

Grünen-Fraktion stimmt Mahnmal-Planung zu

Die Grünen-Fraktion stimmt dem heute in der Kulturdeputation vorgelegten Zeit- und Kostenplan für das Mahnmal zu, das an die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus in Bremen erinnern soll. Demnach fällt das eigentliche Mahnmal der Künstlerin Angie Oettingshausen verhältnismäßig wenig ins Gewicht, der Großteil der Gesamtkosten von 660.000 Euro kommt durch die aufwändige Einpassung des Mahnmals durch Baufirmen in die Schlachte-Stufen zustande. Als Baubeginn wird unter Berücksichtigung aller nötigen Schritte wie Baugenehmigung und Ausschreibung das Frühjahr 2020 anvisiert. Die Beschlusslage sieht vor, die Kosten zwischen Stadt, Logistikbranche und Zivilgesellschaft aufzuteilen, da alle drei aus der Verwertung jüdischen Eigentums ihren Profit schlugen.

Die Kosten sind zweifelsohne hoch, so die Grünen-Abgeordnete Kai Wargalla, aber durch die jetzige Vorlage nachvollziehbar und für eine populistische Debatte denkbar ungeeignet: „Was städtische Institutionen, Logistikunternehmen und Bürgerinnen und Bürger an Leid und Unheil verursacht haben, ist mit keinem Geld der Welt je wieder gutzumachen. Bremen nahm damals eine besondere Rolle ein bei der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Jüdinnen und Juden und daran soll das Mahnmal uns für immer erinnern. Dieser Aspekt des Holocaust lebt auch heute noch im Unternehmenserfolg von Bremer Speditionen, allen voran Kühne+Nagel, weiter wie auch in den Wohnungen etlicher Bremerinnen und Bremer mit den einst ersteigerten Möbeln. Der ursprünglich vorgesehene Standort am Stammsitz von Kühne+Nagel wäre aufgrund der ohnehin anfallenden Bauarbeiten sicherlich günstiger geworden als der Einbau in die Schlachte-Stufen, ist aber vor allem am massiven Widerstand des Unternehmens gescheitert. Es wurde nun ein mit allen Akteurinnen und Akteuren geeinter Standort gefunden und es ist gut, dass es vorangeht. Umso wichtiger ist es jetzt, dass Kühne+Nagel sowie andere Profiteure wenigstens finanziell ihre Verantwortung übernehmen. Der aktuelle Rechtsruck und der derzeit wieder stärker aufflammende Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft zeigen, dass wir der Geschichtsvergessenheit und der rechten Hetze etwas entgegensetzen müssen. Das Mahnmal ist dabei ebenso ein wichtiger Baustein wie das vor kurzem beschlossene umfangreiche Erinnerungskonzept.“

Zum Hintergrund: In Bremen gab es im Nationalsozialismus viele Nutznießer der sog. ‚Arisierung‘ jüdischen Eigentums. So flüchteten zahlreiche jüdische Familien aus ganz Deutschland über Bremerhaven, ihr Hab und Gut mussten sie jedoch hergeben. Es wurde zu Gunsten der Finanzbehörde an die Bremische Bevölkerung versteigert. Außerdem befindet sich hier der Stammsitz des Logistik-Unternehmens Kühne+Nagel, das maßgeblich an der ‚Aktion M‘ beteiligt und einer der Hauptprofiteure war. Dabei wurden zwischen 1942 und 1944 aus besetzten Ländern der Hausrat von gut 70.000 Wohnungen und Häusern der geflüchteten oder deportierten jüdischen Bevölkerung nach Deutschland geschafft. Möbel, Uhren und vieles mehr wurden für die ‚Kriegsmoral‘ zu Schnäppchenpreisen verhökert bzw. teilweise kostenlos verteilt. Davon haben auch viele Bremerinnen und Bremer profitiert.