Rot-Grün stärkt direkte Demokratie

Rot-Grün stärkt direkte Demokratie

Die rot-grüne Koalition will die Volksgesetzgebung erleichtern. Im zuständigen Ausschuss stellt die Koalition folgende Eckpunkte zur Abstimmung: Künftig benötigen Initiatoren von Volksbegehren nur noch die Unterstützung von 5 statt bisher 10 Prozent aller wahlberechtigten Bremerinnen und Bremer, damit ein Volksentscheid zugelassen wird. Damit der Volksentscheid erfolgreich ist, reicht es fortan, wenn die Mehrheit der Abstimmenden insgesamt 20 Prozent (zurzeit 25 Prozent) aller Wahlberechtigten entspricht. Die Volksabstimmung kann außerdem zeitgleich mit Wahlen stattfinden, was die Beteiligung im Gegensatz zu Extraterminen erfahrungsgemäß erhöht. Die InitiatorInnen von Volksbegehren sollen die Möglichkeit erhalten, Unterschriften auch in öffentlichen Weiterbildungseinrichtungen wie der Stadtbibliothek zu sammeln. Unter bestimmten Regeln sollen finanzwirksame Volksentscheide erleichtert werden. Eine Abstimmungsbroschüre informiert über die unterschiedlichen Standpunkte zu einem Thema. Höhere Hürden sind indes für das Parlament vorgesehen, wenn es ein Gesetz, das durch einen Volksentscheid zustande gekommen ist, in der laufenden Legislaturperiode wieder ändern will. Dafür wird eine 2/3-Mehrheit erforderlich.

Hermann Kuhn (Bündnis 90/DIE GRÜNEN): "Mit dieser Reform stärken wir die direkte Demokratie. Bremen gehört künftig zur Spitzengruppe jener Länder mit den bürgerfreundlichsten Verfahren. Wir verbinden mit dieser Reform die Erwartung, dass mehr Volksbegehren zustande kommen. Das kann für eine lebendige Demokratie nur gut sein. Denn Bürgeranträge, Volksbegehren und Volksentscheide fördern den Dialog zwischen den Bremern und Parlamentariern."

Björn Tschöpe (SPD): "Unser Ziel ist es, den Zugang zur Volksgesetzgebung einfacher zu machen und bislang bestehende Beteiligungshindernisse abzubauen. Das ist uns mit dem vorliegenden Entwurf gelungen. Im Zuge der Reform wird die Entscheidungskompetenz für die Bürgerinnen und Bürger massiv ausgeweitet und das Verfahren wird für die Initiatoren zukünftig wesentlich flexibler sein. Rot-Grün in Bremen setzt damit einen Meilenstein für mehr Partizipation.

Die Eckpunkte im Einzelnen

 

Niedrigere Quoren erleichtern Volksgesetzgebung

Das Beteiligungsquorum wird bei Volksbegehren für gewöhnliche Gesetze von derzeit 10 auf 5 Prozent halbiert. Das entspricht 24.000 statt 48.000 Unterschriften. Das Zustimmungsquorum beim Volksentscheid wird von 25 auf 20 Prozent gesenkt. Im Ländervergleich gehört Bremen damit künftig in die Gruppe jener Länder mit den bürgerfreundlichsten Verfahren für Volksbegehren. Zum Vergleich:  Ein ähnlich geringes Beteiligungsquorum haben nur Hamburg, Brandenburg und Schleswig-Holstein. In Hamburg ist aber die Sammelfrist deutlich kürzer, in Schleswig-Holstein und Brandenburg das Zustimmungsquorum höher. Bei verfassungsändernden Volksbegehren soll die bisherige Regelung beibehalten werden. Das Beteiligungsquorum beträgt in solchen Fällen 20 Prozent, zudem ist die Zustimmung von 50 Prozent aller Wahlberechtigten erforderlich.

Unterschriften-Sammlung auch in der Stadtbibliothek und Volkshochschule

Die InitiatorInnen von Volksbegehren dürfen künftig Unterschriften auch in öffentlichen Einrichtungen wie der Stadtbibliothek und Volkshochschule sammeln, sofern die Leiterinnen zustimmen. Das soll den InitiatorInnen insbesondere bei schlechtem Wetter die Sammlung von Unterschriften erleichtern.

Höhere Beteiligung durch Kopplung an Wahltermine erreichbar

Volksentscheide können fortan leichter an reguläre Wahltermine gekoppelt werden. Erfahrungen aus anderen Ländern haben gezeigt, dass die Verbindung mit Landtags-, Bundestags- oder auch Europawahlen die Beteiligung am Volksentscheid erhöht.

Abstimmungsbroschüre informiert über Standpunkte

Vor einem Volksentscheid erhalten die Wahlberechtigten eine Abstimmungsbroschüre, die über das jeweilige Thema informiert. Darin können die InitiatorInnen des jeweiligen Volksbegehrens und die Fraktionen der Bürgerschaft ihre Haltung begründen. Die Kosten übernimmt das Land.

Bestandsregelung für Volksgesetzgebung

Ein Gesetz, das durch einen Volksentscheid zustande gekommen ist, kann künftig während einer laufenden Wahlperiode nur durch einen Volksentscheid oder eine 2/3 Mehrheit der Bürgerschaft verändert oder aufgehoben werden. Bislang reichte dafür die einfache Mehrheit im Parlament aus.

Finanzwirksame Volksentscheide unter bestimmten Bedingungen zulässig

Die rot-grüne Koalition will unter geregelten Voraussetzungen die Spielräume für finanzielle Auswirkungen von Volksbegehren ausweiten. Sie sind zulässig, soweit sie die Struktur eines künftigen Haushalts nicht wesentlich verändern und den verfassungsrechtlichen Regelungen des Haushaltsrechts entsprechen. Zur Gegenfinanzierung dürfen keine Haushaltspositionen herangezogen werden, die gesetzlich, vertraglich oder auf andere Weise rechtlich gebunden sind. Wie die Gegenfinanzierung erfolgen soll, müssen die InitiatorInnen von finanzwirksamen Volksentscheiden als Bestandteil des Volksbegehrens erläutern. Ein Volksentscheid über einen bereits laufenden Haushaltsplan, über Bezüge oder Entgelte öffentlicher Bediensteter sowie über Steuern, Abgaben und Gebühren bleiben unzulässig.

Dialogverfahren für flexiblere Abstimmungsmöglichkeiten

Zwischen Bürgerschaft und InitiatorInnen eines Volksbegehrens wird ein Dialogverfahren eingeführt. Damit soll das Volksgesetzgebungsverfahren flexibler gemacht werden, da es nicht auf eine einfache Ja/Nein-Entscheidung reduziert wird.

Kostenlose Beratung für Initiatoren

Der Koalitionsentwurf zur Reform der Volksgesetzgebung sieht auch eine kostenlose Beratung für die Initiatoren eines Volksbegehrens durch die Bürgerschaft vor.

Ländervergleich zur Volksgesetzgebung