Bremen hat eine neue Sondermülldeponie - und keiner weiß es!

Bremen hat eine neue Sondermülldeponie - und keiner weiß es!

Ab heute gilt bundesweit die neue "Technische Anleitung Siedlungsabfall" (TASI), die entsprechend dem EU-Recht schärfere Umweltstandards für Mülldeponien festlegt. Gemessen an den neuen Vorschriften müsste die Blocklanddeponie für immer ihre Tore schließen. Der Betrieb geht aber weiter, weil Bremens Umweltsenator eine Gesetzeslücke nutzt. Heimlich still und leise hat Senator Eckhoff verfügt, dass die Erweiterungsfläche der Blocklanddeponie künftig als Sondermülldeponie genutzt werden kann. Karin Mathes, umweltpolitische Sprecherin der grünen Fraktion, ist empört: "Wieder einmal schert sich die große Koalition einen Dreck um Umweltrecht. Die Ausnahmereglungen für Sondermülldeponien werden genutzt, um den verbesserten Umweltschutz bei der Abfallentsorgung zu umgehen. Eine Umweltsauerei auf höchster Ebene, die rechtlich hoch problematisch ist. Nur weil Bremen in Gestalt der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) nicht auf künftige Deponieeinnahmen verzichten will und Investitionen in höhere Sicherheitsstandards scheut , wird eine Gefährdung der Umwelt bewusst in Kauf genommen. Angesichts dieser Tatsache ist die gestrige Presseerklärung des Umweltsenators zur neuen Abfallrichtlinie eine Frechheit. Dort lobt Senator Eckhoff die angeblich hohen ökologischen Standards der Bremer Abfallwirtschaft – ein dicker Hund!" Die grüne Fraktion will die Umwidmung nicht hinnehmen: "Die Blocklanddeponie darf nicht für gefährliche Abfälle zugelassen werden. Ihre Lage mitten im Grundwasserbereich macht sie zu einer tickenden Zeitbombe. "
Auf hartnäckige Nachfragen der Grünen zur Zukunft der Deponie hat das Umweltressort lange ausweichend reagiert. "Seit November letzten Jahres dringe ich auf eine Antwort. Erst im Mai ließ der Senator die Katze aus dem Sack: Der Planfeststellungsbeschluss für die Blocklanddeponie wurde bereits im November letzten Jahres geändert. Offenbar ist dieses Thema dem Umweltsenator mehr als unangenehm – zu Recht," erklärt Karin Mathes. "Mit vorsorgendem Umweltschutz hat die Bremer Müllpolitik nichts zu tun. Seit zwölf Jahren ist bekannt, dass sich die Anforderungen an Mülldeponien verschärfen werden. Bremen hat den Kopf in den Sand gesteckt. Senator Eckhoff will die Deponie unbefristet weiter betreiben. Das ist der pure Hohn angesichts der Tatsache, dass die Deponie nicht einmal mehr den gesetzlichen Anforderungen an Hausmülldeponien entspricht und nur auf Umwegen mit Hilfe einer Ausnahmeregelung weiter geöffnet bleiben kann."
In der offiziellen Änderung des Planfeststellungsbeschlusses wird Klartext geredet. Ausdrücklich heißt es dort:
"Die Formulierung des §3 Abs. 8 DepV räumt der zuständigen Behörde ein Ermessen ein bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Anforderungen herabgesetzt werden können. Die Durchführung von mit den Regelanforderungen gleichwertigen Maßnahmen wie bspw. die Einrichtung einer Spundwand sind nur mit einem erheblichen finanziellen Aufwand zu verwirklichen. Diese Mittel können vom Deponiebetreiber nicht aufgebracht werden, so dass die Schließung der Deponie nicht ausgeschlossen werden kann. Dies liegt jedoch nicht im Interesse der Stadtgemeinde, da auf der Blocklanddeponie auch entsorgungspflichtige Abfälle angenommen werden und damit die Deponie als ein unverzichtbarer Bestandteil der Entsorgungseinrichtungen der Stadtgemeinde Bremen anzusehen ist."
Ausgesprochen kritisch sieht Karin Mathes die weitere Deponierung nicht metallischer Restabfälle, die beim Zerkleinern von Metallschrott (z.B. Autos, Elektrogeräte) übrig bleiben. "Diese so genannten Shredderabfälle enthalten giftige Stoffe und gehören nicht auf Deponien, sondern in geeignete Müllverbrennungsöfen. Dort wird der Müll umweltverträglich entsorgt und produziert gleichzeitig noch Strom und Fernwärme."
Umweltdumping als Standortvorteil für Firmen, die ihren Müll günstig los werden können, ist für Grüne inakzeptabel. "Je mehr gefährliche Abfälle auf der Blocklanddeponie landen, desto mehr und länger muss sie überwacht werden. An diesem völlig ungeeigneten Standort kann eine langfristige Umwelt­sicherheit nicht gewährleistet werden. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist die Bremer Müllpolitik von vorgestern. Wir brauchen einen geordneten Ausstieg aus der Deponie – das ist nicht über Nacht erreichbar, aber möglich."