Es lebe der Verwaltungsstaat. Zur Abschreckung von Sozialhilfeberechtigten werden keine Kosten und Mühen gescheut

Es lebe der Verwaltungsstaat. Zur Abschreckung von Sozialhilfeberechtigten werden keine Kosten und Mühen gescheut

Die heutige Entscheidung der Deputation für Soziales, in Zukunft wieder auf jeden Fall Familienangehörige heranzuziehen, wenn erwachsene Kinder oder Eltern Sozialhilfe beantragen müssen, wird von der sozialpolitischen Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion Karoline Linnert scharf kritisiert: "Ab sofort müssen die Sozialzentren, die sowieso im Chaos der sogenannten Verwaltungsreform ersticken, auch noch ca. 20.000 Sozialhilfeempfänger verpflichten, bei ihren Eltern bzw. Kindern Einkommensbescheinigungen zu besorgen. Die Politik verkommt mit steigender Tendenz zur Reklameveranstaltung. Ohne Abwägung von Aufwand und Ergebnis wird munter beschlossen, was gar nicht umsetzbar ist."

Bremen hatte in der Vergangenheit von einem Passus im Sozialrecht Gebrauch gemacht, wonach auf Unterhaltsansprüche gegenüber Angehörigen verzichtet werden kann, wenn der zu betreibende Aufwand die Einnahmen überschreitet. "Das war und ist sinnvoll. In den allermeisten Fällen ist bei den Angehörigen auch nichts zu holen. Scham und Angst werden allerdings in vielen Fällen dafür sorgen, dass der Gang zum Sozialamt vermieden wird. Es gibt dafür nur ein kurzfristiges fiskalisches Interesse. Langfristig ist es besser, wenn Notlagen frühzeitig erkannt werden und die Menschen rechtzeitig Hilfe bekommen."

"Das in der Öffentlichkeit vermittelte Bild des 30-jährigen Faulpelzes ist die krasse Ausnahme. Im Vordergrund der Unterhaltsverpflichtung werden in Zukunft Familien mit Kindern stehen, deren Einkommen gering ist und durch die Sozialhilfe aufgestockt werden muss. Jetzt müssen die Großeltern ihre Rente und Mieteinnahmen offenbaren - eine sozialpolitische Großtat der großen Koalition!"