Intersexuelle zwischen Medizin und Menschenrecht

Weder Frau noch Mann

Weder Frau noch Mann

Weder Frau noch Mann

Weder Frau noch Mann

Weder Frau noch MannIntersexuelle – auch als Zwitter oder Hermaphroditen bezeichnet – lassen sich biologisch nicht eindeutig in die Geschlechter-Kategorien von Frau oder Mann einordnen. Schon als Kleinkinder werden sie medikamentös behandelt oder operiert, mit dem Ziel, sie einem Geschlecht endgültig zuzuordnen. Eine Entscheidung, die fatale Konsequenzen für die Betroffenen haben kann. Über die Probleme, mit denen Intersexuelle zu kämpfen haben, diskutierte nun der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Björn Fecker mit ExpertInnen im Bremer Frauenzentrum „belladonna“.

Michel Reiter war an diesem Abend einer der Gäste, die vom Schicksal der Intersexuellen berichteten. Dieses Schicksal beginnt oft mit der Operation an den Genitalien, die ohne eigene Einwilligung im Kindesalter vorgenommen wird und das sexuelle Empfinden langfristig vermindert oder gar zerstört. Zudem werden durchweg die Hormone produzierenden inneren Geschlechtsorgane entfernt. Es folgt eine lebenslange Substitution mit körperfremden Hormonen, was erhebliche gesundheitliche Probleme nach sich zieht. Massive psychische und physische Schäden sind das dauerhafte Resultat der Behandlung.

Reden können die Betroffenen darüber lange Zeit nicht. Niemand scheint sich für ihre Probleme zu interessieren. Michel Reiter, der bis heute an den Folgen dieser Zwangsbehandlung leidet, ist Gründungsmitglied einer Selbsthilfeinitiative, die erstmals Anliegen der Betroffenen in der Öffentlichkeit artikulierte. Diese Forderugen, zum Beispiel nach Entschädigungen und Übernahme von Behandlungskosten, stellte Reiter auch auf dem Podium vor.

Lucie Veith vom Bundesverband Intersexueller Menschen e.V. ergänzte Reiters Forderungen um weitere Punkte: „Es darf keine lebens- oder gesundheitsnotwendigen Eingriffe ohne Einwilligung der betroffenen Menschen mehr geben“. Vor allem müsse das Thema in die Lehrpläne der Schulen und Berufsausbildungen mit aufgenommen werden, um die Gesellschaft zu sensibilisieren. Auch im geltenden Recht sollte die Existenz intersexueller Menschen berücksichtigt werden, betonte Lucie Veith.

Die Bremer Jura-Professorin Konstanze Plett forderte, dass entsprechende kosmetische Operationen an Minderjährigen nur nach einem vorherigen Gutachten erfolgen sollten. So würden die Wünsche der Kinder berücksichtigt. Es gebe zuweilen hoffnungsvolle Ansätze. Eltern und ÄrztInnen würden mittlerweile auch auf eine Operation verzichten und warten, bis die Kinder selber entscheiden können, ob sie sich einem Geschlecht stärker zuordnen lassen wollen.

Für den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Björn Fecker war nach der Veranstaltung klar, dass man es nicht bei diesem Gespräch belassen kann: „Gerade Minderheiten brauchen den Schutz des Staates. Wir werden uns nun noch einmal mit der Position und Rolle der Ärzte auseinandersetzen, um dann anschließend parlamentarisch aktiv werden zu können. Schon jetzt steht für uns aber fest, dass die Aufklärung in Schulen wie auch in der Gesellschaft insgesamt noch nicht ausreicht. Auch Verwaltungsfragen müssen wir überprüfen, so etwa die Aufbewahrungsfrist für die OP-Unterlagen oder den Anspruch der Meldebehörden nach der Geburt sofort das Geschlecht eines Menschen anzugeben.“