Wirtschaft

Positionspapier zum Gewerbeentwicklungsprogramm 2030

Flughafen Bremen by Ra Boe (Wikimedia)

Flughafen Bremen by Ra Boe (Wikimedia)

Aus grüner Perspektive geht es bei der Aufstellung des Gewerbeentwicklungsprogramms 2030 (kurz: GEP 2030) im Kern um die Frage: Wie nutzen wir die „Ressource Gewerbefläche“, um unsere Stadt und unsere Wirtschaft nachhaltiger und resilienter zu machen? Zur Gestaltung der Nutzung von Gewerbeflächen sind im Koalitionsvertrag einige zentrale Stichworte genannt – vom Erbbaurecht als bevorzugter Eigentumsform bis zur ökologischen Ausrichtung von Neubauten an „Bremer Standards“, wie z.B. der Nutzung von Dächern für Vegetation und Photovoltaik. Zugleich wird im Zeithorizont bis zum Jahr 2030 die grundlegende Frage akut: Welche Flächen stehen überhaupt zur Verfügung? Bremens jüngere Siedlungsgeschichte läuft auf einen Wendepunkt zu, der die hiesige Standortpolitik vor neue Herausforderungen stellt.

Grundsätzliches

Bremens Flächenvorrat ist begrenzt und es zeichnet sich ab, dass er in absehbarer Zeit erschöpft ist. In Bremen hat sich historisch ein besonders extensives Muster der Flächennutzung herausgebildet. Die Stadt nutzt pro Einwohner ca. 30 % mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche als Hamburg und viele andere Städte. Das liegt an den für Bremen typischen Einfamilienhäusern und Reihenhäusern sowie an der Struktur einer polyzentrischen Bandstadt mit vielen Grünflächen, Parks und Kleingärten. In der gewerblichen Wirtschaft wirkt der dominante Anteil der Logistik ebenfalls in diese extensive Richtung.

Bremen und die Gemeinden jenseits der Landesgrenze bilden eine Siedlungs- und Wirtschaftsregion. Die Menschen, die hier leben und arbeiten, sowie die Unternehmen, die hier wirtschaften, interessieren sich wenig für Landesgrenzen, sondern für die Vor- und Nachteile von Communities, Infrastrukturen, Steuern, Bodenpreisen, usw.. Das GEP 2030 muss sich mit der Region und ihren Akteur*innen und Triebkräften befassen. Wir sind immer für die Idee einer Arbeitsteilung zwischen Region und Kernstadt eingetreten: Die Bremer Potenziale ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz um Steuereinnahmen zwischen den Gemeinden zu entwickeln, ist naheliegend, aber zum Schaden des Ganzen. Kooperation ist also erforderlich: Niedersachsen hat derzeit noch den zweithöchsten Flächenverbrauch aller Bundesländer, aber das Land hat sich zu einer kontinuierlichen Reduktion verpflichtet. Hier liegt der Ansatzpunkt für die flächenpolitische Abstimmung mit den Umlandgemeinden.

Unabhängig von der niedersächsischen Entwicklung muss Bremen zuerst bei sich selbst anfangen und die eigene Situation aktiv gestalten. Auch die offene Landschaft und das innerstädtische Grün limitieren den Flächenvorrat. Der von den Nebenflüssen der Weser geprägte Feuchtwiesengürtel ist geschützt und muss ökologisch entwickelt werden. Die Grenzen sind teils streng gezogen, teils fließend – oft sind sie umkämpft. Diese Auseinandersetzungen stehen in direktem Zusammenhang zu der Frage, wie sich das Flächenangebot für Gewerbe und Industrie an anderer Stelle entwickelt.

Flächennutzungsplan als Geschäftsgrundlage, Flächenkreislaufwirtschaft als Ziel

Vor diesem Hintergrund haben die Koalitionspartner*innen festgehalten, dass Bremen als Stadtstaat sparsam und effizient mit seinem begrenzten Flächenvorrat umgehen muss. In den letzten 10 Jahren wurden in Bremen im Durchschnitt 30 Hektar Gewerbefläche pro Jahr an Unternehmen verkauft. Manches war Wiedernutzung brachgefallener Gewerbegebiete, anderes war neu erschlossenes Marschenland. Diese insgesamt rund 300 Hektar verteilen sich auf viele Gewerbegebiete mit sehr unterschiedlichen Qualitäten in der ganzen Stadt. Der Flächennutzungsplan (kurz: FNP) steckt dabei die äußeren und inneren Grenzen der Siedlungs- und Gewerbeflächenentwicklung ab.

Es ist gängige Praxis, den Flächennutzungsplan zu ändern, denn die Stadt befindet sich in einem stetigen Umwandlungsprozess ihrer Nutzungen: Hafenflächen werden gemischt genutzte Flächen (Kellogg´s in der Überseestadt), Gewerbeflächen werden urbane Gebiete und grüne Parks (Brinkmann- und Gaswerkgelände in Woltmershausen), das Krankenhausgelände Mitte wird Wohnbaufläche, die Friedhofserweiterungsflächen werden zur Gartenstadt Werdersee. Das zeitgleich mit dem FNP verabschiedete Landschaftsprogramm liefert zudem Konzepte für eine Schutz- und Ökologisierungspolitik für die offene Landschaft und das innerstädtische Grün. Je stärker dieses Programm verfolgt wird, desto überzeugender ist es, wenn wir der Verwandlung dieser Flächen in Siedlungs- und Verkehrsflächen widersprechen.

Bisher wurden die Außengrenzen des im FNP festgelegten Siedlungs- und Gewerberaums geachtet. Das ist die Geschäftsgrundlage. Rechnet man die noch nicht erschlossenen Gewerbeflächen des FNPs zusammen (u.a. Hansalinie 139,0 ha, Güterverkehrszentrum 29,5 ha oder Bremer Industriepark 78,0 ha), kommt man auf einen Vorrat von 277,9 Hektar (siehe 4. Umsetzungsbericht GEP 2020). Wenn die Entwicklungsdynamik der Erschließung und Vermarktung konstant bleibt, bedeutet das: In knapp 10 Jahren ist der Flächenvorrat innerhalb der Landes- und Landschaftsgrenzen aufgebraucht. Bis dahin muss also eine Flächenkreislaufwirtschaft etabliert werden.

Aus ökologischer Sicht ist das auch gut so: Die ausgreifende Zersiedelung, Versiegelung und Zerschneidung der Landschaft zerstört (wie die industrialisierte Landwirtschaft auch) fruchtbare Böden und schädigt die Flora und Fauna. Die Beschädigungen sind meist irreversibel: Ganze Ökosysteme werden vernichtet und das Artensterben vorangetrieben. Dieser Prozess muss gestoppt werden. Das Ziel muss daher eine Kreislaufwirtschaft mit den von der Verstädterung genutzten und denaturierten Flächen und eine Ökologisierung der Landwirtschaft und der innerstädtischen Grünstrukturen sein.

Dieser Prozess muss auch aus der Perspektive der Unternehmen gesehen werden: Arbeitsabläufe, Technologieeinsatz, logistische Erfordernisse, Gebäudebestand und Standortgegebenheiten sind je nach Unternehmen anders. Büroarbeitsplätze, Labore, Produktionshallen oder Logistikflächen – die Bedarfe unterscheiden sich. Für die bremische Wirtschaftsförderung besteht die Herausforderung darin, die vorhandenen Gewerbestandorte so zu bewirtschaften, dass sich der Strukturwandel und das Wachstum und Schrumpfen der Branchen erfolgreich im Bestand entwickeln kann. Das augenblickliche Wachstumsmuster und das Muster der Flächennachfrage ist tief in der Bremer Wirtschaftsstruktur und dem Wettbewerb zu den Umlandgemeinden begründet. Wenn wir daran etwas ändern wollen, werden wir die nächsten 10 Jahre nutzen müssen, um auf einen sparsamen, effizienten und nachhaltigen Kurs in der Standortpolitik umzustellen. Aus grüner Sicht muss das GEP 2030 sich dieser Aufgabe stellen und dabei eine Reihe von standortpolitischen Weichenstellungen vornehmen, um diesen Kurs erfolgreich einzuschlagen:

Diversifizierung der Wirtschaft statt „Vorfahrt für Logistik“: Die erste Herausforderung ergibt sich aus der Flächennachfrage der Logistik. Die Bedeutung der Branche für die bremische Wirtschaft ist sehr groß. Zugleich ist der Flächenhunger der Branche enorm. Wie im Fachdialog Logistik im Rahmen des GEP-2030-Prozesses zu hören ist, erwarten die Gutachter des Fraunhofer Instituts, aus der Auswertung der bisherigen Trends, eine Flächennachfrage von 11,5 ha p. a. – in der nächsten Dekade also insgesamt 115 ha. Wir müssen klären, wie es möglich ist, den Flächenverbrauch dieser Branche in Bremen zu reduzieren. Gelingt das nicht, werden die anderen für die Stadt und ihre Arbeitnehmer zentralen gewerblichen Wirtschaftszweige ins Hintertreffen geraten. Auch im Hinblick auf die aktuellen Krisenerfahrungen ist es strategisch geboten, unseren Wirtschaftsstandort vielfältiger aufzustellen, um in der Stadt eine höhere Arbeitsplatzdichte zu sichern und mehr Krisenfestigkeit zu erreichen.

Das Wirtschaftsressort drängt darauf, am Nordwestknoten (das ist der Abzweig der A 281 von der A 27) ein neues Gewerbegebiet für Logistik zu schaffen. Wir lehnen den Bau eines Gewerbegebietes im Außenbereich jenseits der Autobahn strikt ab. Diese Ausweitung des Stadtgebietes auf Kosten des Blocklandes würde eine Entwicklung auslösen, die den ganzen Streifen zwischen Maschinenfleet und Autobahn bis zur Mülldeponie erfassen könnte. Die Gutachter empfehlen zudem, die Hansalinie für die Logistik weiter zu öffnen. Auch das halten wir für falsch. Die wertvollen Flächen, die wir für die Zulieferer unserer Industrie brauchen, wären im Handumdrehen verbraucht. Dieser Konflikt ließe sich über das Baurecht entschärfen: Wir könnten mit Hilfe der B-Pläne für die neuen Bauabschnitte bestimmte logistische Geschäftsmodelle an der Hansalinie aussortieren.

Würde Bremen angesichts seiner knappen Flächenreserven restriktiver auf die Ansiedlungswünsche der flächenexpansiven Logistiker reagieren, würde ein Teil der Logistikwirtschaft in die Region abwandern, so wie das im Fall Amazon in Achim geschehen ist. Zudem würde der Druck auf die logistische Nutzung der neuen Bauabschnitte westlich des Stahlwerks zunehmen. Diese Entwicklung darf nicht nach dem Windhundprinzip verlaufen. Daher brauchen wir den im Koalitionsvertrag vereinbarten Masterplan für dieses 1000 ha große Gebiet (bestehend aus den Teilräumen: Neustädter Hafen, GVZ, Stahlwerk, Bremer Industriepark, Industriehafen und Gewerbegebiet Riedemannstraße). Durch den Wesertunnel wird dieses Gebiet für jedes Ansiedlungs- oder expansionswillige Unternehmen hochattraktiv. Wenn das Ansiedlungsinteresse der Unternehmen hoch ist und die Alternativen knapp, lässt sich die Entwicklung leichter steuern.

In den Diskussionen über die Entwicklungsmöglichkeiten des GVZ wird immer wieder der unter Naturschutz stehende Hochwasserpolder zwischen Neustädter Hafen und GVZ genannt und auch Niedervieland III wird vorgeschlagen. Für uns Grüne sind diese Ideen völlig abwegig.

Airport City effizient entwickeln: Die Luft- und Raumfahrtindustrie gehört zu den Kronjuwelen der Bremer Wirtschaft. Die Branche ist durch Corona in eine dramatische Krise geraten, die alle Aspekte des Geschäfts gefährdet – von den Flughäfen über die Fluggesellschaften bis hin zu den Flugzeugherstellern. Die Schwierigkeiten der Regionalflughäfen nehmen dramatische Größenordnungen an. Mit anderen Worten: In welchen Formen der Luftfahrtsektor wieder auf die Beine kommt, ist völlig offen. Die Diskussion um eine Erweiterung der Airport City südlich der Landebahn ist damit obsolet. Es spricht alles dafür, Flächenreserven im Westen der Airport City und an der Neuenlander Straße zu mobilisieren und dabei die Zielkonflikte um ihre Nutzung zu entscheiden (als Grüne unterstützen wir bspw. eine Verstetigung des Kulturprojektes "Irgendwo" an der Amelie-Beese-Straße). Also auch hier: Wir wollen die Qualität und die Effektivität der Nutzung erhöhen und bleiben in den Grenzen des Flächennutzungsplans.

Neuer Zukunftsort für wissensintensive Produktion und Dienstleistungen: Der Technologiepark an der Uni, wie auch die Airport City, wird vom Wirtschaftsressort unter die Kategorie „Zukunftsort“ einsortiert. Tatsächlich haben sich im Umfeld der Uni eine Vielzahl von Instituten und Firmen angesiedelt, deren Geschäftsmodell in hohem Maße „wissensgetrieben“ ist. Mit Bionik und additiven Verfahren, mit bestimmten Bereichen der KI-Forschung lösen Uni und Technologiepark ein Versprechen ein, in das seit 20 Jahren investiert wird. Ohne die Hochschulen und das Netz an Kooperationen mit der Wirtschaft ist an einen klimaneutralen und ressourcenschonenden Umbau der Bremer Wirtschaft nicht zu denken. Die Nachfrage nach Erweiterungsflächen für die Unternehmen ist ungebrochen. Hier und da könnte man höher bauen und zusammenrücken, aber unübersehbar stößt der Technologiepark an seine Grenzen. Im Norden und Osten liegen die geschützten Flächen von Hollerland und Uni-Wildnis. Im Süden liegen der Bahndamm und die Kleingärten. Einzig ein unbebautes Dreieck im Südosten südlich des Bahndamms bietet sich noch an.

Wir sollten deshalb parallel einen neuen Standort für diesen Typ Unternehmen ins Spiel bringen: Die westliche Überseestadt zwischen Großmarkt und Wendebecken! Dort sollten nach einem klaren Profil nur Unternehmen angesiedelt werden, deren Geschäftsfeld einen besonders starken Wissens- und Innovationsantrieb enthält. Die Kriterien für dieses Profil müssen in einem verbindlichen Rahmenplan festgehalten werden. Es gibt vermutlich kein zweites Flächenangebot in der Stadt, das besser für diese Profilbildung geeignet wäre. Und all die großen städtischen Vorleistungen (Wasserkanten, Waller Sand, Sportpark und demnächst Straßenbahn) würde ihren Beitrag zur Stadtentwicklung erst richtig ausspielen können.

Mehr Arbeitsplätze in der „Produktiven Stadt“: Das Kunststück der erfolgreichen Mischung aller Funktionen beschäftigt uns bei der Transformation von Industriebrachen, z.B. bei Kellogg´s in der Überseestadt, bei Brinkmann und dem Gaswerksgelände in Woltmershausen und bei Könnecke und Coca-Cola in Hemelingen. Es taucht wieder auf beim Versuch der Urbanisierung der innovationsgeprägten Zukunftsorte Technologiepark und Airport City. Und es findet in den Stadtquartieren, die noch geprägt sind von den alten Mustern der Mischung aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg, Anknüpfungspunkte (z.B. Walle, Hastedt, Buntentor).

Die systematische Förderung gemischt genutzter Quartiere und Gebäude hat mindestens drei Dimensionen: Sie hält die Arbeit in der Stadt, sie ermöglicht einen Alltag mit kurzen Wegen und sie bietet Fühlungsvorteile auch für die neuen Typen von Produktion und Dienstleistungen. Die „Mischung“ der Funktionen erhöht den Nutzen und die Produktivität der Stadt für alle Elemente der Mischung (also auch für das Wohnen). Zudem hat die Stadt in den gemischten Zonen die größten Zuwächse an Arbeitsplätzen in Dienstleistungen und Gewerbe hervorgebracht.

In den vom Wohnen geprägten Quartieren gibt es einen starken Verdrängungsdruck auf die kleinen Gewerbeinseln. Wohnungsbau ist lukrativer. Diese Inseln sind planungsrechtlich oft nicht abgesichert. Geht ein Nutzungszyklus zu Ende, werden sie abgeräumt. Hier sollten aktiv und mutig die Möglichkeiten des Planungsrechtes genutzt werden, um die Arbeit in der Stadt zu halten. Eine moderne Großstadt muss zudem den notwendigen Raum für kulturelle Aktivitäten sicherstellen. Frei werdende Gewerbeimmobilien und -flächen auch für solche Nutzungen zu öffnen, ermöglicht, eine attraktive Mischung gerade für junge Menschen zu schaffen.

Private Strategien bei der Gewerbeflächenentwicklung: Einen Hinweis darauf, wie hochwertige dichte Gewerbegebiete entstehen können, liefert das Beispiel von Peper und Söhne in der Richard-Dunkel-Straße. Dort sind auf einer heruntergekommenen Brache mittlerweile 500 Arbeitsplätze entstanden. Ähnliches macht dieses Unternehmen auf einem Grundstück am Allerhafen und am Neustädter Güterbahnhof. Was in diesem Zusammenhang interessant ist: Der private Entwickler behält die Grundstücke und betreibt Wertschöpfung durch Sanierung und optimale Vermietung von Gewerbeimmobilien. Er setzt also auf den Wertzuwachs, der sich aus der Effizienz der Grundstücks- und Immobiliennutzung ergibt. Gewerbehöfe funktionieren nach dem gleichen Muster. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Entwicklung von hochwertigen Gewerbestandorten keineswegs nur mit dem Verkauf der Grundstücke am besten vorangebracht wird.

Flächenpotenziale am Standort identifizieren und ausschöpfen: Die Grundstückspreise werden von der Stadt im Wettbewerb zum Umland niedrig gehalten. Dadurch gibt es auf der Seite der Unternehmen zunächst wenig Motive zum flächeneffizienten Bauen und große Potenziale bleiben ungenutzt. Wo Gewerbegebiete schon länger in privater Hand sind und Grundstücke unter Privaten gehandelt werden, gehen die Preise tendenziell nach oben. Die Wirtschaftsförderung und Stadtplanung muss Unternehmen dabei unterstützen, unternutzte Grundstücke effizienter zu nutzen bzw. brachgefallene Grundstücke wieder auf den Markt zu bringen, um Wachstumsmöglichkeiten und Neuansiedlungen zu ermöglichen.

Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen, um die Flächeneffizienz zu erhöhen. Eine hohe Ausnutzung der Grundfläche wird erreicht durch kompakte und mehrgeschossige Gebäude sowie eine geschickte Anordnung der Gebäude und Nebenflächen (etwa von Stellplatz- und Lagerflächen), die Flächenbedarf und Wege reduziert. Eine höhere Flächeneffizienz im Bestand lässt sich durch Nachverdichten bereits genutzter Flächen, Schließen von Baulücken oder Umgestaltung von Stellplätzen (etwa durch mehrgeschossiges Parken) erreichen. Hinzu kommen gebäudebezogene Maßnahmen wie das Aufstocken von vorhandenen Bauten.

Die Kooperation von Unternehmen in Standortgemeinschaften kann ebenfalls dabei helfen, Flächenengpässe zu vermeiden. So können Unternehmen z.B. ihre Bedarfe an Nebenflächen, die entweder nur zeitweise anfallen (etwa Tagungs- und Veranstaltungsräume) oder nicht notwendigerweise direkt auf dem Betriebsgelände angeordnet sein müssen (bspw. Stellplätze oder Kantine), in gemeinschaftlichen Anlagen „poolen“. So werden Mehrfachnutzungen möglich, die durch Größenvorteile und unterschiedliche zeitliche Auslastung betriebswirtschaftliche Vorteile für alle Nutzerinnen und Nutzer bieten und den Flächenbedarf reduzieren.

Nachhaltige Standards zum Standortfaktor machen: Der GEP 2030 muss stärker als vergangene Pläne Maßnahmen der Klimaanpassung und des Klimaschutzes in die Entwicklung unserer Gewerbestandorte integrieren. Der CO2-Preis wird steigen und der sichtbare Aufbau und die Nutzung von Anlagen der regenerativen Energieerzeugung – ob Solar- oder Windkraft – ist ein unverzichtbarer Ausweis von Zukunftsfähigkeit. Konflikte um Abstandsflächen und andere Erfordernisse der Havarievorsorge lassen sich durch eine geschickte Anordnung der Gewerbegebäude lösen, ohne die Ausnutzung der Grundstücke zu blockieren. Um Windenergieanlangen optimal in Gewerbegebiete zu integrieren, muss sich die Ausrichtung der umliegenden Gebäude an ihnen orientieren, um Verschattung o.ä. zu vermeiden. Ein dringendes Thema ist die Nutzung von Abwärme für weitere Verarbeitungsschritte in anderen Unternehmen oder angrenzende Wohngebiete. Eine intelligente Anordnung der Gebäude ermöglicht nicht nur, Wege und damit Fläche zu sparen, sondern auch energetische Innovationen vorzunehmen. Der Passivhausstandard muss auch bei Gewerbebauten zunehmend zugrunde gelegt werden. Energetische Sanierung, Steigerung der Energieeffizienz, Einsatz regenerativer Energien – dieser Dreiklang muss die Gewerbeentwicklung fortan prägen.

Der tägliche Arbeitsweg ist ein weiterer Ansatzpunkt: Verbesserte Radinfrastrukturen und eine dichtere Anbindung an das ÖPNV-Netz reduzieren unnötige Parkflächen. Die von uns Grünen vorgeschlagene Hemelinger Fahrradbrücke wird eine klimafreundliche Verbindung von Wohnquartieren und Gewerbestandorten beispielhaft leisten. Zusätzlich können Ökologisierungsmaßnahmen im Gewerbegebiet – also die Begrünung von Fassaden und Dächern sowie Entsiegelungen – vielfältige positive Wirkungen erzielen: Von reduzierten Abwasserkosten über natürliche Klimatisierung im Sommer durch grüne Flächen und eine höhere Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem Betrieb bis hin zu positiven Imageeffekten durch naturnah gestaltete Vorzeigeflächen. Nicht nur die Begrünung bestehender Gewerbeflächen bringt ökologische Mehrwerte: Brachliegende, noch nicht vermarktete Gewerbeflächen sollten eine Zwischennutzung als insektenfreundliche Blühflächen erfahren. In Anbetracht der Größe dieser Flächen könnte so ein wichtiger Beitrag zur Biodiversitätssicherung geleistet werden.

Für die künftige Gestaltung der bremischen Gewerbestandorte ist entscheidend, rechtliche Vorgaben (z.B. bei der Photovoltaik) mit optimalen Angeboten der Information und Beratung durch die hiesige Wirtschaftsförderung zu verknüpfen. So wird Nachhaltigkeit zum Standortfaktor!

Keine „graue Energie“ vergeuden: Die verbauten Materialien, die in die Errichtung eingeflossene Arbeit sowie der Aufwand des Abbaus und der Entsorgung müssen auch in der Gewerbeentwicklung als „graue Energie“ verstanden werden, die in den Gebäuden gespeichert ist und damit Ressource darstellt. Nachhaltige Bauweise, lange Lebenszyklen, flexible Nachnutzungsmöglichkeiten und hohe Wiederverwendbarkeit der verbauten Elemente sind daher anzustreben. In der mittel- bis langfristigen Perspektive muss es auch darum gehen, die Rückbau- und Demontagefreundlichkeit von Gebäuden zu verbessern. Aus ökologischen Gründen müssen die Menge und Schädlichkeit von Abfällen vermindert werden. Maßgebliche Faktoren sind dabei die Homogenität der Stoffauswahl (wenige unterschiedliche Materialien in einem Gebäude bedeuten weniger unterschiedliche Entsorgungswege), die stoffliche Trennbarkeit (wenn Materialverbindungen leicht trennbar sind, steigt die Chance, sie sortenrein zu trennen und wiederzuverwenden) und die Verwendung schadstofffreier und recyclebarer Baustoffe (sie lassen sich leichter wiederverwerten).

Konkret bedeutet das z.B., nachhaltige Dämmstoffe zu verwenden und vermehrt auf Holz als klimafreundlichen Baustoff zu setzen. Diese Herangehensweise zahlt sich auch wirtschaftlich aus: So lassen sich der Aufwand für die Demontage und Trennung sowie zukünftige Entsorgungskosten bereits im Planungsstadium reduzieren. Die bestmögliche Konservierung „grauer Energie“ durch das Recycling von Bauelementen ist eine Aufgabe mit großen Chancen, die Bauwirtschaft, Unternehmen und Materialwissenschaften gemeinsam ergreifen sollten.  In den nächsten zehn Jahren muss der Anteil von Stahlbetonbauten konsequent reduziert werden.

Wirtschaftsförderung für eine nachhaltige Zukunft: Mit dem absehbaren Versiegen der Flächenreserven gerät das Geschäftsmodell der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) an seine Grenzen. In den letzten 15 Jahren konnte sie sich weitgehend aus dem Verkauf von Gewerbeflächen und Immobilien finanzieren. Dieser Vorrat ist nun weitgehend erschöpft. Für die Zukunft wird es darum gehen, sich mehr und mehr auf die Transformation und Pflege der bereits gewerblich genutzten Flächen der Stadt zu konzentrieren. Dafür braucht die WFB klare politische Vorgaben, zusätzliches Knowhow und eine angemessene finanzielle Ausstattung.

Die WFB hat in den vergangenen Jahren bereits einen großen Umstrukturierungsprozess geleistet. Es kommt nun darauf an, sie insbesondere für die Aufgabenfelder der Bestandsentwicklung und Bestandsbetreuung sowie der Innovationsförderung zu stärken. Die Fixierung auf die Entwicklung der Dispositionsreserve steht dieser nachhaltigen strategischen Ausrichtung eher im Weg, als dass sie sie befördert. Wir wollen eine starke Wirtschaftsförderung, die sich dem Doppelziel einer Flächenkreislaufwirtschaft und der Klimaanpassung der bremischen Gewerbestandorte annimmt.

Unsere grünen Erwartungen an das GEP 2030 sind also:

  1. Ein Ziel des GEP 2030 muss die schrittweise Umstellung auf eine Flächenkreislaufwirtschaft bis spätestens 2030 sein.
  2. Die im Flächennutzungsplan festgelegten Außengrenzen sind auch bei der künftigen Flächenentwicklung einzuhalten. Ein neues Gewerbegebiet beim Nordwestknoten im Blockland ist daher ausgeschlossen.
  3. Eine Expansion der Airport-City südlich der Landebahn halten wir für unrealistisch und falsch. Wir fordern stattdessen die systematische Hebung aller Potenziale im westlichen Teil der Airport City und an der Neuenlander Straße.
  4. In wenigen Jahren wird der Wesertunnel fertig sein: Vordringlich ist deshalb die Erarbeitung eines Masterplans für die Entwicklung des ca. 1000 ha umfassenden Gewerbestandortes im Westen und Süden der Stadt auf beiden Seiten der Weser.
  5. Das gemeinsam mit dem Flächennutzungsplan verabschiedete Landschaftsprogramm muss als Leitplanke der Flächenentwicklung in Bremen berücksichtigt werden. Die Maßnahmen zur Ökologisierung von Grünflächen sind zielstrebig umzusetzen.
  6. Wissensintensive Dienstleister und Produzenten brauchen ihren Platz: Da Maßnahmen zur Verdichtung des Technologieparks an ihre Grenzen gelangen werden, muss schon jetzt für den Bereich zwischen Wendebecken und Großmarkt in der Überseestadt ein Konzept zur Ansiedlung arbeitsplatzintensiver Unternehmen entwickelt werden.
  7. Die Logistik muss in der Nähe des Stadtkerns ihre Grundstücke für möglichst flächeneffiziente und arbeitsintensive Nutzungen verwenden.
  8. Bauliche und planerische Potenziale zur Erhöhung der Flächeneffizienz müssen identifiziert und konsequent ausgeschöpft werden, um Versiegelungen zu vermeiden.
  9. Um Parkflächen zu verringern, muss die Anbindung an den ÖPNV und Radverkehr weiter verbessert werden.
  10. Brachliegende Flächen sollen eine Zwischennutzung als insektenfreundliche Blühflächen erfahren.
  11. Nachhaltige Standards müssen im GEP 2030 systematisch berücksichtigt werden: Die vorausschauende Klimaanpassung kann zu einem Qualitätsmerkmal unseres Wirtschaftsstandorts werden.
  12. Der Umgang mit „grauer Energie“ muss nachhaltiger werden, um die Menge und Schädlichkeit von Bauabfällen zu reduzieren. Bei Neubauten muss konsequent auf nachhaltige Baustoffe gesetzt werden, um den Anteil an Stahlbetonbauten deutlich zu reduzieren.
  13. Die WFB muss für die künftigen Aufgabenschwerpunkte mit zusätzlichem Know-how, klaren Regularien und den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

Bremen, 23. September 2020