Häfen
Für eine koordinierte Hafenpolitik in Norddeutschland
Die Seehäfen entlang der deutschen Küsten sind mit ihren Import- und Exportmöglichkeiten von Gütern aus Europa und aller Welt von internationaler Bedeutung und insbesondere für das Wirtschaftsleben der Bundesrepublik eminent wichtig. Ihre Rolle als Knotenpunkt globaler Wirtschaftsbeziehungen wird derzeit besonders deutlich mit Blick auf die anhaltenden Lieferkettenstörungen infolge der Corona-Pandemie sowie der außenwirtschaftlichen und energiepolitischen Auswirkungen des russisch-ukrainischen Kriegs. Neben diesen akuten Schocks wirken auch langfristige Entwicklungen auf die deutschen Seehäfen: Der Klimawandel erfasst immer stärker die Ökologie von Meeren, Küsten und Flüssen. Das Ziel der Klimaneutralität verlangt von der Schifffahrtsbranche einen gewaltigen Kraftakt, um den Strukturwandel in Richtung nachhaltiger Antriebstechnologien zu vollziehen. Darüber hinaus verändert die Digitalisierung die betrieblichen Prozesse in den Unternehmen der maritimen Wirtschaft. Der damit einhergehende Wandel von Berufsbildern und Qualifikationsanforderungen ist bei den Beschäftigten angekommen.
Wir sind überzeugt: Die deutschen Seehäfen sind wichtige Bestandteile der weltweiten Liefer- und Logistikketten. Sie sind Grundlage für die Wirtschaftsentwicklung in vielen Regionen und zukünftig vermehrt Standorte der Energiesicherung und -erzeugung. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, benötigen wir eine Konzentration und sinnvolle Abstimmung mit dem Ziel einer effizienten und gut koordinierten Standortpolitik. Stellen sich unsere traditionsreichen Hafenstandorte aktiv und gemeinsam diesen Herausforderungen, setzen wir enorme Potentiale für eine nachhaltige und florierende Hafenwirtschaft frei. Die vertiefte und systematische Kooperation der deutschen Seehäfen ist aus grüner Sicht ein zwingendes Gebot der ökonomischen und ökologischen Vernunft.
Unsere Standorte können sich zu Zentren der sozial-ökologischen Transformation und zu Innovations-Hotspots für die gesamte deutsche Wirtschaft entwickeln. Dafür benötigt es weitere nachprüfbare Ziele und Verpflichtungen der Seehäfen in Bezug auf Nachhaltigkeit, etwa in den Bereichen Hafenbetrieb, Schiffsanläufe oder Hafenhinterland-Verkehre. Mit einem koordinierten Vorgehen können sich die deutschen Seehäfen zu Vorreitern einer nachhaltigen Hafenentwicklung in Europa und weltweit entwickeln.
Die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in den Parlamenten von Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bekennen sich dazu, sich in ihren Ländern, auf Bundes- und Europaebene für Investitionen in zukunftsfähige Infrastrukturen und nachhaltige Innovationen einzusetzen.
Raus aus der Konkurrenzfalle: Gemeinsame Interessen definieren und verfolgen
Die vergangenen Jahre haben offengelegt, dass die wirtschaftliche Konkurrenzsituation der norddeutschen Hafenstädte auch vor dem Hintergrund europäischer Mitbewerber für alle Beteiligten problematisch ist. Die Landesregierungen werden insbesondere durch die Marktmacht der großen Reederei-Allianzen in teilweise schwer aufzulösende Anforderungen getrieben, um bei der Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen für die Häfen im eigenen Bundesland nicht ins Hintertreffen zu geraten. Auch in Zukunft gilt es, bei größtmöglicher Kooperationsfähigkeit die Eigenständigkeit und Alleinstellungsmerkmale der einzelnen Häfen zu stärken.
Vor dem Hintergrund der geostrategischen Bedeutung der Häfen steht die Beteiligung chinesischer Unternehmen an kritischer Infrastruktur - wie bspw. an Containerterminals in Zusammenhang mit dem geostrategischen Infrastrukturprojekt „Neue Seidenstraße“ - als hochsensibles Thema auf der Tagesordnung. Zudem steigen durch den internationalen Konkurrenzdruck die Anforderungen an Terminalunternehmen und an die Hafeninfrastruktur im Hinblick auf das Abfertigungsmanagement, die Digitalisierung und das Verkehrsmanagement. Dies gilt vor allem für Containerhäfen, aber auch für weitere Standorte, etwa mit Rohstoffumschlag. Die globale Entwicklung der Schiffsgrößen bei Containerschiffen setzt unsere Häfen und die Gewässerökologie unter Druck. So belegt die ungelöste Bewältigung der enorm angestiegenen Baggergutmengen und die Anordnung zahlreicher wasserpolizeilicher Maßnahmen auf der Unterelbe, dass die neunte Elbvertiefung ökologisch gescheitert ist und die Auswirkungen noch nicht zu Ende gedacht sind. Es bedarf zukünftig einer engeren Kooperation über Landesgrenzen hinweg, um den folgenreichen Wettbewerb zwischen den norddeutschen Hafenstandorten auf Kosten von Umwelt und Wirtschaftlichkeit und damit letztlich der Steuerzahler*innen zu beenden.
Ziel politischen Handelns innerhalb der betroffenen Bundesländer muss es sein, die Häfen an den norddeutschen Küsten entsprechend ihrer Infrastruktur und Entladegegebenheiten schiffbar und funktionsfähig zu halten. Die Infrastrukturentwicklung ist in Einklang mit der Wirtschaftlichkeit der Hafenunterhaltung sowie den ökologischen Gegebenheiten und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen zu bringen. Die Bundesländer müssen stärker als bisher ihre gemeinsamen Interessen definieren und zielgerichtet verfolgen.
Wir setzen uns ein für eine koordinierte Hafenpolitik, damit die norddeutschen Häfen ihre Stärken ausspielen, Schwerpunkte setzen und öffentliche Investitionen sowie das Standortmarketing stärker koordinieren. Die Standorte der norddeutschen Küsten können durch Kooperation an Effizienz und Nachhaltigkeit gewinnen, insbesondere mit dem Blick auf die Digitalisierung der Hafenwirtschaft, die Schaffung von Infrastrukturen für eine klimafreundliche Schifffahrt und der dafür erforderlichen Fachkräftegewinnung. Insbesondere beim Punkt Nachhaltigkeit müssen sich die Länder und der Bund auf gemeinsame nachprüfbare Ziele und Verpflichtungen verständigen. Nur so können die Häfen ihre Stärken im internationalen Wettbewerb ausspielen.
Als gewählte Vertreter*innen in den Landesparlamenten der norddeutschen Bundesländer stehen wir darüber hinaus in der Verantwortung, einmalige Lebensräume wie beispielsweise das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer, die Küstenregionen, die Nordsee-Inseln, den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und die Flussgebietsgemeinschaften von Elbe, Weser und Ems zu schützen. Wiederholte Flussvertiefungen haben die ökologisch hoch wertvollen Gewässerlebensräume der Flussmündungen (Ästuare) schwer geschädigt. Meeresspiegelanstieg, Häufung von Extremwetterereignissen - die Folgen des Klimawandels sind überall entlang der Gewässer bereits spürbar. Daher sind der Umgang mit der Tidedynamik und die Klimavorsorge unauflösbar verbunden mit den länderübergreifenden Fragen nach Küsten- und Hochwasserschutz, der Entwicklung der regionalen Landwirtschaft und dem wirtschaftlich bedeutenden Tourismus in der Region. Von einem nachhaltigen und gemeinsam organisierten Hafen-Management werden alle Bundesländer ökonomisch und ökologisch profitieren. Zudem muss der Bund durch die Koordinationsfunktion eine ökologische und effiziente Verkehrswege-Infrastrukturpolitik unterstützen.
Dimensionen norddeutscher Hafenkooperation
Die norddeutschen Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/ Die Grünen bekennen sich zu einer wirtschaftlichen Stärkung der deutschen Häfen durch eine norddeutsche Hafenkooperation auf Ebene der Hafenentwicklungsplanung, der Terminalunternehmen und der Port Authorities bei gleichzeitiger Verbesserung und Stärkung der Belange des Meeres- und Gewässerschutzes. Die Schiffbarkeit und Funktionsfähigkeit der großen deutschen Seehäfen wie Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Rostock werden dabei als gemeinsame Aufgabe der Länder anerkannt. Bund und Länder haben die Fürsorge für die durch die fortwährenden Fahrrinnenvertiefungen aus dem Gleichgewicht geratenen Flüsse Elbe, Weser und Ems und deren Mündungen gemeinsam zu tragen. Die Rolle des Bundes sollte dabei sein, eine koordinierende Funktion zu übernehmen und seine direkten Investitionen sowie eventuelle Finanzhilfen an die Erfüllung von Zielmarken und Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen.
Bundespolitik
Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene weist für uns in die richtige Richtung. Er verspricht „eine Nationale Hafenstrategie (…) und die enge Zusammenarbeit unserer Häfen“ und bekennt sich zur „gemeinsamen Verantwortung für die notwendigen Hafeninfrastrukturen“. Wir begrüßen die Aktivitäten des Bundes für die Entwicklung einer Nationalen Hafenstrategie und werden uns daran konstruktiv und kooperativ beteiligen und zusammenarbeiten. Zusammenarbeit bedeutet, die Stärken der jeweiligen Häfen zu fördern, den Umschlag durch eine gemeinsam koordinierte Digitalisierungsstrategie und Infrastrukturpolitik effizienter zu gestalten und emissionsarm abzufertigen sowie die Hinterland-Anbindungen zu optimieren.
Mit Blick auf den Klimawandel ist es überfällig, den Schifffahrts- und Bahnanteil im Güterverkehr zu steigern und Hinterland-Anbindungen dort zu verbessern, wo sie effektiv per Schiene und Binnenschiff möglich sind. Dazu gehört auch die schnelle Beseitigung des Engpasses des Schiffshebewerks Scharnebeck. Wir befürworten eine nachhaltige und auskömmliche Finanzierung der Wasserstraßeninfrastruktur durch den Bund, denn nur mit einsatzbereiten und sicheren Wehren, Schleusen, Stauanlagen und Hebewerken kann die Verkehrsverlagerung gelingen und die Binnenschifffahrt ein verlässliches und attraktives Transportmittel bleiben. Die Weiterentwicklung des Modal Splits zugunsten von Bahn und Schiff ist gemeinsames Ziel der Seehäfen. Bei den Binnenverkehren auf der Straße setzen wir uns für die Dekarbonisierung der LKW-Flotten ein.
Auch die Umstellung auf Landstromversorgung von Container- und Kreuzfahrtschiffen sowie den Einsatz alternativer Treibstoffe gilt es zwischen den Bundesländern gemeinsam zu koordinieren und umzusetzen. Bislang gibt es keine einheitlichen Regelungen zu Bunkergenehmigungen für alternative Kraftstoffe. Unser gemeinsames Ziel ist daher eine Harmonisierung des Hafenrechtes in der Kompetenz der Länder. Insgesamt wird es im Zuge der maritimen EU-Fit-For-55-Initiativen darauf ankommen, die Häfen in Richtung alternative Antriebe in der See- und Binnenschifffahrt zu wappnen und emissionsneutrale und klimafreundliche Kraftstoffe in erforderlichem Umfang bereitzustellen.
In puncto Effizienz ist das Schiff eines der umweltfreundlichsten Verkehrsmittel. Allerdings gilt es, die Werte der Schwefel- und Stickoxidemissionen und vieler anderer Schadstoffe, die mit dem Schweröl noch immer verbrannt werden, weiter deutlich zu reduzieren. Auch für Schiffe muss perspektivisch ein Rahmen mit konkreten politischen Zielen zur besseren Kontrolle und Eindämmung schädlicher Emissionen entwickelt und umgesetzt werden. Solange es weiterhin wenig Transparenz und Vergleichbarkeit im Markt gibt, sind Verbesserungen nur begrenzt durchführbar.
Während die Maßnahmen bei der internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO sich überwiegend auf Effizienz im Schiffsbetrieb beschränken, sind alternative Kraftstoffe und Antriebe nur langsam auf dem Vormarsch. Die großen Containerreedereien stehen erst am Anfang eines aufwändigen Strukturwandels hin zu einer emissionsärmeren Schifffahrt und verfolgen etwa bei Kraftstoffen derzeit noch unterschiedliche Optionen (bspw. setzt Maersk auf Methanol, CMA CGM hingegen auf LNG und MOL wiederum auf Ammoniak). Dass die ersten Bestellungen solcher Schiffe bereits getätigt sind, zeigt aber, dass der Prozess der Flottenumstellung begonnen hat. Wichtig ist daher ein abgestimmtes Vorgehen der norddeutschen Häfen, um Rechtssicherheit zu schaffen und notwendige Investitionen etwa zur Treibstoffversorgung rechtzeitig vorzunehmen.
Neben dem Aufbau von Infrastrukturen zur Dekarbonisierung der Schifffahrt werden die deutschen Seehäfen künftig auch eine zentrale Rolle zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland übernehmen. Die „Norddeutsche Wasserstoffstrategie“ und der Aufbau des Innovations- und Technologiezentrums Nord (ITZ Nord) deuten in diese Richtung. Der Import von grünem Wasserstoff und der Anschluss der erforderlichen Import- und Speicherinfrastrukturen in den Häfen an die überregionalen Verteilungsnetze werden dabei eine entscheidende Rolle spielen. Darüber hinaus sehen wir den geplanten massiven Ausbau der Offshore-Windenergie, den Aufbau von Elektrolyse-Kapazitäten und auch das Recycling von Windenergieanlagen als industriepolitische Chance für Norddeutschland. Mit der Umsetzung dieser wegweisenden Infrastrukturplanungen können die Küstenländer einen wichtigen Beitrag leisten.
Norddeutscher Sedimentmanagement-Gipfel
Die gemeinschaftliche Lösung der Probleme in den norddeutschen Häfen hat in der Vergangenheit nicht den nötigen Einsatz erfahren. Was wir brauchen, ist eine aktive Übereinkunft der politisch Verantwortlichen für eine Kehrtwende in der Hafen- und Schifffahrtspolitik, um den Kreislauf von immer größeren Containerschiffen, die zu immer weiteren Flussvertiefungen führen, zu stoppen. Deshalb wollen wir einen norddeutschen Sedimentmanagement-Gipfel unter Beteiligung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) durchführen. Das Thema Sedimentmanagement muss zentraler Bestandteil der zu erarbeitenden Nationalen Hafenstrategie werden, zusammen mit nachhaltigen, umsetzbaren und zielführenden Lösungsvorschlägen.
Die Ministerpräsident*innen und Bürgermeister*innen unserer Länder stehen in der Pflicht, gemeinsame Lösungen herbeizuführen. Sie müssen eine einvernehmliche Lösung zwischen Bund und Ländern insbesondere für die Verbringung der Sedimente aus den Baggerungen in der Elbe und dem Hamburger Hafen sowie die ökologische Stabilisierung der Tide- und der Außenelbe erreichen. Das Ziel ist, Kreislauf-Baggerungen mit hohen ökologischen Schadensfolgen und wirtschaftlichen Kosten zu vermeiden. Um in den Mündungsbereichen von Ems und Weser die EU-Wasserrahmenrichtlinie konsequent umzusetzen, müssen auch Niedersachsen (Ems und Weser) und Bremen (Weser) kurz- und mittelfristige Strategien für ein ökologisches Sedimentmanagement entwickeln. Es gilt, den Baggerbedarf zu reduzieren, nachteilige Auswirkungen der Sedimentverklappungen auf die Meeresökologie zu minimieren und geeignetes Baggergut einer Nutzung bspw. als Klimafolgenanpassung im Deichbau oder zur Landerhöhung zuzuführen. Da viele Seehäfen in Europa von den massiven ökologischen Folgen des Schiffsgrößenwachstums betroffen sind, erwarten wir von der Bundesregierung zudem entsprechende politische Initiativen auf europäischer Ebene, um diesen Entwicklungen entgegenzutreten.
Jenseits der ökologischen Schadensbegrenzung und des laufenden Sedimentmanagements muss die langfristig leitende Frage sein, wie wir unsere Flüsse als wertvolle Lebensräume erhalten und gestalten wollen. Über die ökonomisch erforderliche Sicherstellung der Schiffbarkeit hinaus müssen also auch umfassende Strategien zur ökologischen Aufwertung entwickelt werden.
Gute Arbeit für alle Seeleute
Weltweit arbeiten rund 1,2 Millionen Seeleute auf Schiffen – ein Großteil von ihnen ohne geregelte Arbeitsbedingungen. Die Verhältnisse auf den Schiffen haben sich auf Basis der internationalen Maritime Labour Convention (MLC) schrittweise verbessert, sind aber teilweise, vor allem an Bord von Kreuzfahrtschiffen, noch deutlich verbesserungswürdig. Nichteuropäische Offshore-Register („Billigflaggen“), sind nicht tariflich gebunden, es sei denn der Schiffseigner hat besondere Zusatzvereinbarungen wie Kollektivverträge abgeschlossen. Die Forderung nach einer nachhaltigeren maritimen Wirtschaft umfasst auch die soziale Komponente, also die Mitarbeiter*innen. Die internationalen Mindeststandards nach MLC müssen eingehalten werden. Arbeitsschutz, Urlaubsanspruch oder Heimschaffung müssen selbstverständlich für alle Mitarbeiter*innen gelten.
Unabhängig von der Staatsangehörigkeit muss allen Arbeiter*innen an Bord und im Hafen für die gleiche Arbeit der gleiche Lohn gezahlt werden. Dem Ausweichen auf andere europäische Häfen mit niedrigeren sozialen Standards, Lohndumping und geringeren Sicherheitsanforderungen wollen wir wirksam mit europäischen und nationalen Vorgaben begegnen. Die Kontrollbehörden in den Häfen sind für die Umsetzung ihrer Befugnisse qualitativ und quantitativ zu stärken.
Der Grundsatz, dass Laschen-Arbeit Hafenarbeit ist, musst konsequent umgesetzt werden. Die Sicherung von Ladung und Containern ist im Hafen durchzuführen und wirkungsvoll zu kontrollieren. Hier wollen wir über die Länder stärker Einfluss auf die Bundesregierung nehmen, um auf internationaler Ebene eingegangene Verpflichtungen zu erfüllen.
Gute Arbeit an Bord beinhaltet auch eine gute Ausbildung. Wir setzen uns für eine nachhaltige und zukunftsfähige Neuaufstellung der maritimen Ausbildungslandschaft ein. Die nautisch-technischen Berufe benötigen eine zuverlässige Zukunftsperspektive. Diese wollen wir allen geben, die den Beruf des Seemanns oder der Seefrau wählen. Dazu gehören attraktive Ausbildung, Beschäftigung und Entlohnung an Bord von Schiffen des Bundes und der Küstenländer. Hier müssen sich Bund und Küstenländer auf ein zukunftsfähiges Maßnahmenpaket einigen.
Wirtschaftspolitische Kooperation: Norddeutscher Hafenplan
Als mittelfristiges Ziel müssen die Planungen und Entwicklungen an den einzelnen Standorten miteinander koordiniert werden, wie bspw. durch gemeinsame Erarbeitung der Hafenentwicklungspläne oder Staatsverträge zwischen einzelnen oder mehreren Küstenländern zur Kooperation der Hafenstandorte. Dass eine verbindliche Zusammenarbeit bei den laufenden Fortschreibungen der Hafenentwicklungspläne in Bremen und Hamburg bislang ausgeblieben ist, betrachten wir als verpasste Chance. In enger Abstimmung müssen die Landesregierungen künftig den politischen Rahmen für Investitionen in die Infrastruktur der einzelnen Häfen setzen. Hier wollen wir wirtschaftlich solide und ökologisch ausgewogenen vorgehen. Große Investitionen sind in Zukunft mit Blick auf ihre systemische Bedeutung für das Gesamtnetz zu bewerten, etwa für die Energiewende und Energiesicherheit, die Sanierung vorhandener Infrastruktur oder die Erhaltung der Funktionsfähigkeit eines Hafens (Beispiel Entscheidungsprozess im Rahmen des neu zu bauenden Köhlbrand-Tunnels). Investitionen in neue redundante Hafenbecken, Kaimauern oder Fahrtiefen sind zu vermeiden. Auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei technischen Fragestellungen hinsichtlich gemeinsamer Standards sind zu prüfen und umzusetzen. Das Standortmarketing sollte stärker integriert werden, um im Wettbewerb mit Rotterdam und Amsterdam bestehen zu können. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Konkurrenz um Ladungen, sondern auch auf die Gewinnung von Fachkräften, insbesondere im IT-Bereich.
Terminalbetreiber-Kooperation
Die Verhandlungen der Terminalunternehmen Eurogate und HHLA zu einer systematischen Zusammenarbeit begrüßen wir als entscheidendes Element der Hafenkooperation. Das laufende Kooperationsprojekt „Digitale Außenweser“ von Eurogate und dem Hamburg Vessel Coordination Center (HVCC) sehen wir als einen ersten Schritt auf einem weiterreichenden Weg. Gerade angesichts der erheblichen Flächen- und Infrastrukturbedarfe jedes Terminals kann eine Kooperation beider Unternehmen die Terminalkapazitäten besser ausnutzen und dabei helfen, ein erhebliches Umschlagwachstum zu bewältigen. Eine Steigerung der Flächeneffizienz in den Häfen erachten wir als zentrales Ziel der Hafenentwicklung. Die Digitalisierung der Güterströme und die Automatisierung der Terminalverkehre sind die wesentlichen Hebel dazu. In Zusammenarbeit können Investitionen in den Betrieb und die Entwicklung der Terminalstandorte im Sinne der Effizienz öffentlich eingesetzter Mittel zielgerichteter getätigt werden.
Port Authority Kooperation
Die dritte Ebene der Zusammenarbeit liegt aus unserer Sicht bei den Port Authorities. Mit Blick auf Auflagen, die dem Klimawandel entgegenwirken und um Fehlallokationen zu vermeiden, wollen wir unsere Häfen gemeinsam managen und verwalten. Dazu gehören etwa eine gemeinsame Landstrompflicht, Entsorgungsauflagen, soziale Anforderungen, die überregionale Planung der Versorgung mit alternativen Kraftstoffen sowie eine gemeinsam koordinierte Digitalisierungsstrategie. Weitere gemeinsame Handlungsfelder sind bspw. das gemeinsame Management hafeneigener Flotten oder die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen, wie dem Umgang mit Cyberangriffen und Havarien. Das Sicherheitskonzept Deutsche Küste des Bundes muss im Zuge der Schiffsgrößenentwicklung und möglicher resultierender Havarie-Gefahren regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Aus den genannten Gründen wollen wir den Katastrophenschutz und das Havarie-Kommando personell und finanziell stärken. Zu einer besseren Einsatzbereitschaft und Versorgung gehört auch die Zusammenlegung aller zuständigen und mit Küstenwachfunktionen betrauten Bundesbehörden. Die Katastrophenschutzausrüstung im Küstengebiet und auf den Inseln muss im Zuge der Modernisierung der Bundesflotte für Notschlepper deutlich verbessert werden.
Als Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in den Landesparlamenten Bremens, Hamburgs, Mecklenburg-Vorpommerns, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins wollen wir, dass die norddeutschen Seehäfen die sozial-ökologische Transformation gemeinsam kraftvoll vorantreiben – und zwar durch:
- Eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen den norddeutschen Seehäfen, insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Marketing und Fachkräftegewinnung. Es gilt, die Stärken unserer Standorte auszubauen und die Herausforderungen des Strukturwandels in der maritimen Wirtschaft gemeinsam zu bewältigen.
- Eine vorausschauende Koordinierung von Investitionsplanungen zum Aufbau der Versorgungsinfrastruktur für eine emissionsärmere und klimaneutrale Schifffahrt sowie als Beitrag für eine versorgungssichernde Energiewende. Investitionen sind effizient und zielgerichtet zu tätigen, hier kann der Bund über seine Investitions- und Fördertätigkeit koordinierend wirken.
- Eine länderübergreifende Sedimentmanagementstrategie, die den Lebensraum Meer schützt, unsere Flüsse nachhaltig bewirtschaftet und einen zukunftsfesten Hochwasserschutz gewährleistet. Ein zeitnah einzuberufender norddeutscher Sedimentmanagementgipfel mit dem Ziel einer nachhaltigen Einigung zwischen den Küstenländern zusammen mit dem Bund soll dafür die Grundlagen schaffen.
- Einen generellen Verzicht auf weitere Fahrrinnenvertiefungen in den norddeutschen Ländern.
- Stärkere Kontrollen und die Durchsetzung internationaler Verpflichtungen in unseren Häfen sowie auf europäischer und globaler Ebene, um gute Arbeitsbedingungen, Arbeitsschutz sowie die Sicherung von Containern und Ladung zu gewährleisten.
Cuxhaven, 6. September 2022
Björn Fecker, Bremen
Jenny Jasberg und Dominik Lorenzen, Hamburg
Dr. Harald Terpe, Mecklenburg-Vorpommern
Julia Willie Hamburg, Niedersachsen
Lasse Petersdotter, Schleswig-Holstein