Die Sitzungen im November 2007

Die Sitzungen im November 2007

Aus dem Landtag vom 22. November 2007

Mehr Transparenz für die Gebührenzahler, ein gestärkter Rundfunkrat und die Einrichtung einer Publikumsstelle, an die sich künftig jeder Hörer und Zuschauer mit Beschwerden oder Anregungen wenden kann - das sind die zentralen Punkte bei der bundesweit positiv aufgenommenen Novellierung des Radio Bremen-Gesetzes, das der Landtag heute in erster Lesung einstimmig beschlossen und zur weiteren Beratung an den Medienausschuss überwiesen hat. Bei der Novellierung wird auch eine langjährige Forderung der grünen Fraktion erfüllt: Denn künftig gehört dem Rundfunkrat eine Migrantin oder ein Migrant an. Schließlich spielt gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Integration von Zugewanderten eine bedeutende Rolle, wie Studien belegen. Deshalb sollen Migranten einen Sitz im Rundfunkrat erhalten, um so ihre Belange einbringen zu können.

Mit rot-grüner Mehrheit hat der Landtag ferner den Entwurf des Nichtraucherschutzgesetzes in erster Lesung beschlossen und zur weiteren Beratung von möglichen Änderungen an die Gesundheitsdeputation überwiesen. In Kneipen, Restaurants, Cafés , Discotheken und Hotels sowie bei Veranstaltungen wie dem Bremer Sechstagerennen darf demnach künftig nur noch in abgetrennten Räumen geraucht werden. Damit werden Nichtraucher besser vor den gesundheitlichen Gefahren des Passivrauchens geschützt als bisher. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2008 in Kraft treten.

Vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktsituation akzeptieren es Hochschulabsolventen immer häufiger, als Praktikanten in Betrieben volle Arbeitsleistung zu erbringen - teilweise ohne Vergütung und Beschäftigungsperspektive. Diesen Umgang mit der "Generation Praktikum" hält die grüne Fraktion für falsch. Deshalb hat sie zusammen mit SPD und FDP im Landtag einen Antrag beschlossen, der für die Vergabe von Praktika einige Mindeststandards vorsieht. Diese sollen für die Fraktionen, Landes- und Kommunalbehörden sowie alle Bremen gehörenden Gesellschaften gelten und faire Bedingungen für Praktika sicherstellen. Unter anderem sind folgende Mindeststandards vorgesehen: Das Praktikum ist ein Lern- und kein Arbeitsverhältnis, es wird ein schriftlicher Vertrag geschlossen, der Aufgabenbereich wird klar beschrieben, es besteht ein Anspruch auf Urlaub und Vergütung, am Ende des Praktikums wird ein Zeugnis ausgestellt und das Praktikum dauert in der Regel höchstens vier Monate. Der Landtag appelliert mit den Stimmen der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP an alle Arbeitgeber, sich diese Mindeststandards ebenfalls zu eigen zu machen. Während sich die Linke enthielt, mochte einzig die CDU nicht für den gerechteren Umgang mit Praktikanten votieren.

Allein standen die Christdemokraten auch mit ihrer Forderung nach einem bundesweiten Zentralabitur im Landtag da. Ein bundesweites Zentralabitur wäre ein bürokratisches Monster, das zudem Kosten in dreistelliger Millionenhöhe verursachen würde - wie ein Blick nach Frankreich zeigt. Und vor allem: Gleiche Schulbücher und gleiche Prüfungsfragen können die Bildungsmisere nicht lösen. Dafür sind andere Ansätze nötig. Bis auf die Bremer CDU sehen das selbst Konservative so, denn in Ländern mit CDU-Regierung ist das einheitliche Abitur längst vom Tisch.

 

Aus dem Landtag vom 21. November 2007

Die CDU ist in der Debatte um die Beamtenbesoldung im Landtag einmal mehr die Antwort schuldig geblieben, wie sie eine vorgezogene Erhöhung um fast drei Prozent zum 1. Januar 2008 seriös gegenfinanzieren will. Das gilt ebenfalls für die Linke - die übrigens in Berlin mitregiert, das überhaupt keinen zusätzlichen Cent für die Beamten zahlt. In der emotionalisierten Debatte um die Bremer Beamtenbesoldung rückte Hermann Kuhn, finanzpolitischer Sprecher der grünen Fraktion, die Maßstäbe zurecht: Schließlich geht es hier nicht um das Ob, sondern ausschließlich um das Wann einer Erhöhung. Natürlich ist der Standpunkt der täglich erstklassige Arbeit leistenden Beamten legitim, eine schnellere Erhöhung zu fordern. Aber die rot-grüne Koalition muss den Gesamthaushalt im Blick behalten. Und da ist die Abwägung wesentlich schwieriger als die auf Stimmungsmache abonnierten Christdemokraten glauben machen wollen. Denn die vorgezogene Erhöhung würde rund 25 Millionen Euro kosten - Geld, das dann für andere Dinge wie beispielsweise den Ausbau der Kinderbetreuung oder die Ganztagsschulen fehlen würde. "Wir Grünen sind nicht verantwortlich für die Haushaltsnotlage des Landes. Aber Rot-Grün bekommt jetzt die Gesamtrechnung für die vergangenen zehn Jahre", so Hermann Kuhn an die Adresse der CDU, die den Schuldenberg von 14 Milliarden Euro als vormalige Regierungspartei mitverantwortet. Der Haushalt setzt enge Grenzen, auch wegen der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Unternimmt Bremen nicht eigene Sparanstrengungen, hat es keine Chance auf finanzielle Hilfe des Bundes. "Die Beamten beklagen zurecht die Einbußen der vergangenen Jahre. Aber im zweiten Halbjahr 2009 wird ihre Besoldung im Gleichklang mit den meisten anderen Ländern sein", betonte Hermann Kuhn.

Skandalisierung statt Ernsthaftigkeit war das CDU-Motto in der Debatte um den sogenannten Kontokorrentkredit für die Bremer Kliniken, der ihnen laut früheren Haushaltsgesetzen auch die Zwischenfinanzierung von Investitionen erlaubt. Der angeblich "skandalöse" Kredit stammt aus der Zeit christdemokratischer Regierungsbeteiligung. Was CDU-Fraktionschef Röwekamp offenbar entgangen ist, als er den Kredit als "Schattenhaushalt" bezeichnete. Ein angeblicher "Schattenhaushalt" übrigens, der im Internet veröffentlicht und für jeden nachlesbar ist. Dabei sollte man meinen, die Christdemokraten wüssten, was ein echter Schattenhaushalt ist - schließlich gab's davon während der großen Koalition ja so einige. Man darf gespannt sein, welchen vermeintlichen Skandal Detektiv Röwekamp als nächstes aufdeckt - vielleicht ja, dass die Vorgängerregierung unter CDU-Beteiligung abenteuerliche Verträge abgeschlossen hat, die das klamme Bremen über Jahrzehnte binden . . .

Wenn die CDU denn schon von Skandal sprechen will, hätte sie dafür in der Aktuellen Stunde zur Einführung von Mindestlöhnen bei Postdienstleistern einen Grund gehabt. Denn wenn Menschen nicht von ihren Löhnen leben können und sie mit Sozialleistungen aufstocken müssen, ist das ein echter Skandal. Doch da blieben die Christdemokraten auffallend zurückhaltend. Die Position der grünen Fraktion ist hingegen glasklar: Bremen und die bremischen Gesellschaften sollen künftig nur noch Postdienste beauftragen, die ihren Briefzustellern einen auskömmlichen Mindestlohn zahlen. Bei einem beauftragten Unternehmen ist das bislang nicht der Fall, so dass betroffene Zusteller trotz Arbeit Hartz IV-Leistungen beantragen müssen. "Wir wollen einen fairen Wettbewerb, der über Qualität und Dienstleistungen statt Lohndumping erfolgt. Es darf nicht sein, dass Unternehmen auf Kosten der Kommunen ihre Gewinne machen. Das Geld brauchen wir zumal in der Haushaltsnotlage für andere Dinge", bekräftigte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der grünen Fraktion Silvia Schön.

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 20. November 2007

In der Stadtbürgerschaft standen heute verzwickte Altlasten der Vorgängerregierung auf der Tagesordnung, die der rot-grünen Koalition vor die Füße gefallen sind.

Altlast 1: Die klamme Hansestadt muss für langfristige Verpflichtungen, die Bremen und dessen Tochtergesellschaft Bremer Rennbahn GmbH (BRG) zu Zeiten der CDU-geführten Wirtschaftsbehörde im Zusammenhang mit der Galopprennbahn eingegangen sind, tief in die Tasche greifen. Langfristig heißt beispielsweise: bis 2077, wie eine Anfrage der grünen Fraktion ergab. Bis dahin läuft ein Mietvertrag aus dem Jahr 2003, den die BRG mit der Atlantic-Hotelgruppe eingegangen ist. Die Kette betreibt an der Rennbahn ein Hotel, in dem die BRG auf Jahrzehnte Räume angemietet hat. Dieser Vertrag ist nicht die einzige Altlast, die die Steuerzahler jetzt schultern müssen: So hat sich die Stadt unter der Vorgängerregierung dazu verpflichtet, die Verluste der BRG zu tragen, falls der Rennbetrieb nicht genug Geld einbringt - was der Fall ist, da sich die Rennbahn nie zu dem erwarteten Besuchermagneten entwickelt hat. Durch die abenteuerlichen Verträge sind Verluste aufgelaufen, erklärte Staatsrat Heiner Heseler auf Nachfrage des grünen Fraktionsvorsitzenden Matthias Güldner, die heute für Bremen nicht mehr tragbar sind und künftig in dieser Form nicht mehr abgeschlossen werden. Das erklärte Ziel ist nun, so Heseler, die öffentliche Förderung für die Rennbahn auf null zu führen.

Altlast 2: Die Vorgängerregierung hat für den Umbau des Klinikums Bremen-Mitte (KBM) bereits ein PPP-Verfahren angeschoben, das womöglich nicht die wirtschaftlichste Lösung für Bremen ist - wie die grüne Fraktion immer überzeugt war. Während die rot-grüne Koalition jetzt nach einer verantwortungsvollen Lösung sucht, hat die CDU das in der Stadtbürgerschaft zu skandaliseren versucht. Der Senat verspiele angeblich die Zukunft der kommunalen Kliniken, so die Christdemokraten. Vermutlich fühlt sich die CDU immer noch ihrer allzu lang erprobten Devise verpflichtet, in dieser Stadt öffentliche Gelder ohne sorgfältige Prüfung einfach in den Sand zu setzen - schließlich hat sie mitregiert, als das umstrittene und hochverrechtlichte PPP-Verfahren eingeleitet wurde. "Diese Regierung hat damit ein Problem geerbt, das niemand geschenkt haben möchte", stellte der grüne Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner klar. Rot-Grün wartet nun ein in den nächsten Tagen eintreffendes Gutachten ab, das eine klare Entscheidung in puncto Finanzierung ermöglichen soll. Dass der Zeitfaktor eine wichtige Rolle spielt, ist allen bewusst. Schließlich sollen die Strukturdefizite des KBM mit dem Umbau möglichst rasch behoben werden, damit die Klinik sich wirtschaftlich positiv entwickeln kann. Der Masterplan für das KBM steht deshalb mitnichten zur Disposition, wie die CDU mit ihren öffentlichen Inszenierungen suggerieren will. "Wir können auf den Masterplan, den Umbau des Klinikums Bremen-Mitte nicht verzichten", unterstrich Matthias Güldner in der Debatte.