Landtagsdebatte zur Regierungserklärung vom 26 Januar zum Thema „Bekämpfung der Corona Virus SARS-CoV-2-Pandemie"

Die Rede des Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Björn Fecker, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Deutschland, Bremen und Bremerhaven stehen seit Ende des letzten Jahres vor der Herausforderung einer weiteren Covid-19-Welle, angesichts der Zahlen spricht so mancher auch von einer Wand.

Für uns ungewöhnlich, dass Bremen diesmal zu Beginn der Entwicklung an der Spitze stand und auch derzeit noch eine Inzidenz hat, die wir nie zuvor in dieser Pandemie hatten. Die politische Rechte freut sich schon massiv, denn gerade das Bundesland mit der besten Impfquote stand auch in der Liste der täglichen Neuinfektionen an der Spitze. Meine Damen und Herren, niemand sollte sich über einen hohen Krankheitsstand freuen und zum zweiten sieht man eben auch die Wirkung der Impfung. Es war nie die Rede davon, dass die Impfstoffe vor Erkrankung schützen, es war immer klar, dass es darum geht, schwere Verläufe bis hin zum Tod zu verhindern. Und das ist gerade der Fall. Trotz der viel zu hohen täglichen Neuinfektionen bleiben die Zahlen auf den Intensivstationen relativ stabil. Aber es werden insgesamt mehr Menschen im Krankenhaus behandelt. Und das ist auch weiter der Grund, warum es einen Gleichklang geben muss zwischen dem Impfschutz und der Vermeidung von Neuinfektionen.

Und deswegen kann es heute eben auch nicht um Lockerungen gehen. Im Gegenteil, wir werden auch in den nächsten Wochen noch Zugangs- und Kontaktbeschränkungen benötigen. Ziel muss sein, möglichst viele Neuinfektionen zu vermeiden. Und wie wir gelernt haben, ist dies Ziel mit der neuen Omikron-Variante noch einmal viel schwieriger geworden. Aber deswegen darf man eben nicht nachlassen sondern die notwendigen Entscheidungen treffen. Das ist die Aufgabe von Senat und Bürgerschaft und ich bin dankbar, dass wir dies im Grundsatz in großer Einigkeit machen.

Meine Damen und Herren, klar ist für uns aber auch, dass diejenigen, die von diesen Einschränkungen negativ in ihrer wirtschaftlichen Existenz betroffen sind, und zwar egal ob Arbeitnehmer*in oder Arbeitgeber*in auch weiter die Unterstützung des Staates erhalten müssen. Deswegen ist es gut und richtig, dass der Senat auf Bundesebene noch einmal an eine Verbesserung des Kurzarbeitergelds angemahnt hat. Wir sollten die betroffenen Beschäftigten größtmöglich unterstützen.

Diese Unterstützung muss es allerdings auch für die Unternehmen geben. Eine Pandemie ist eben nicht im Rahmen des unternehmerischen Risikos von Restaurants, Clubs, Discotheken und anderen eingeplant. Ich möchte vermieden wissen, dass wir wie zu Beginn der Pandemie den schwarzen Peter zwischen dem Land und dem Bund hin- und herschieben. Wenn wir zu der Einschätzung kommen, dass die Hilfsprogramme des Bundes Lücken haben oder nicht ausreichen, dann müssen wir eben selbstständig handeln. Das Parlament hat dem Senat für die Verlängerung des Bremen-Fonds die Zustimmung erteilt. Zurecht, wie wir auch jetzt wieder sehen.

Meine Damen und Herren, das Impfen bleibt aber weiterhin der Ausweg. Und deswegen ist es richtig, die Angebote in den Stadtteilen wieder aufleben zu lassen. Und auch jetzt würde sich unsere Fraktion noch einmal mehr Tempo bei den Angeboten für Kinder und Jugendliche wünschen. Das haben wir doch gelernt, in die Quartiere gehen, aufklären und ansprechen. Mit diesem Bremer Weg hat unser Bundesland deutschlandweit Anerkennung erfahren und ebenso mit der Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft, die gemeinsam zuerst das größte und nun das schönste Impfzentrum Deutschlands betrieben haben bzw. jetzt betreiben.

Es wird aber weiterhin einen Teil der Menschen geben, die sich weder durch eine noch so tolle Plakatkampagne oder intensive Faktendarstellung überzeugen lassen. Und hier muss Politik eine Entscheidung treffen. Akzeptieren wir, dass durch die Impflücke weiter in Abständen Einschränkungen getroffen werden müssen oder setzen wir auf eine Verpflichtung.

Wir befinden uns längst nicht mehr in einem Bereich, in dem die Impfung nur noch eine individuelle Entscheidung ist. Diese Entscheidung hat mittlerweile Auswirkungen auf die Lebensbereiche aller Menschen in diesem Land. Und aus diesem Grund gibt es in der grünen Bürgerschaftsfraktion und bei den drei grünen Senatsmitgliedern eine klare Linie: Wir halten eine Impfpflicht zur Bewältigung der Corona-Pandemie für richtig.

Dieses Bekenntnis hätten wir in dieser Plenarsitzung heute auch gerne in einem gemeinsamen Antrag der Koalition deutlich gemacht. Denn auch die SPD-Fraktion, das hat mein Kollege Mustafa Güngör gerade klar gemacht, hat sich ebenso positioniert. Ein eigener Antrag, weil wir weder ihren Angriff, werte CDU, auf die amtierende Bundesregierung teilen, noch weil der Antrag doch angesichts der Herausforderungen inhaltlich schwach daher kommt und viele wichtige Aspekte und weitere Maßnahmen ausblendet.

Das klare JA zur Impfpflicht von GRÜNEN und SPD wird aber eben nicht von allen drei Koalitionspartnern geteilt. Das müssen wir in der Zusammenarbeit akzeptieren, aber lassen Sie mich deutlich sagen: Ich halte die Ablehnung der Impfpflicht für falsch. Wir Grünen halten es für falsch, wenn das Bundesland Bremen in der Gesundheitsministerkonferenz Position gegen die Impfplicht bezieht. Natürlich gibt es auf dem Weg dahin offene Fragen. Die kann ich aber nur klären, wenn ich vorher das Ziel definiere. Und das ist für uns klar. Wir wollen bei der Impfung nicht mehr ausschließlich auf Freiwilligkeit setzen sondern durch eine Verpflichtung auch mehr Verbindlichkeit haben.

Und deswegen, lieber Kollege Strohmann, es ist ja beachtlich, wie die CDU von Regierung auf Opposition umgestellt hat. Sie kommen aber nicht drum herum, dass Sie bis vor wenigen Wochen noch in der Bundesregierung Verantwortung getragen haben. Sich also jetzt hinzustellen, so zu tun als habe man mit all dem nichts zu tun, ist deswegen wenig glaubwürdig. Es gibt ein klares Votum aller Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten aus den Ländern, es gibt klare Aussagen der Ampel und sie zielen allesamt auf die Einführung der Impfpflicht. Der vom Bundestag nun gewählte Weg, eben nicht an Fraktionsgrenzen zu diskutieren sondern den Weg über Gruppenanträge zu gehen, wird ebenso zum Ziel führen. Auch dies war bei uns innerhalb der Koalition nicht zu verständigen. Und das ist vielleicht auch das positive an der Debatte. Eine Mehrheit im Deutschen Bundestag strebt eine Impfpflicht an. Das beruhigt uns und die breite Unterstützung aus diesem Haus besteht dafür auch, leider aber heute ohne einen entsprechenden Beschluss.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Pandemie noch auf einen weiteren Aspekt eingehen. Wir erleben in Deutschland und auch hier in Bremen und Bremerhaven, wie eine kleine und in Teilen lautstarke Gruppe von Menschen gegen die Corona-Politik auf die Straße geht. Wer genau zuhört, der wird aber eben mitkriegen, dass es sich bei diesen Protesten nicht um eine legitime Form der Auseinandersetzung mit den Corona-Maßnahmen handelt sondern in der Regel um eine Mischung auf Verschwörungstheorien und Ablehnung der staatlichen Institutionen. Journalisten und Polizisten werden angegriffen.  Für die Polizei bedeutet dies eine enorme Arbeitsbelastung. Und deswegen gilt auch unser Dank Ihnen und dem Ordnungsamt für ihren Einsatz. Ebenso sollten wir auch all denen dankbar sein, die friedlich gegen diese Querdenker protestieren und damit deutlich signalisieren, dass diese kleine Minderheit nicht für alle spricht.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.