Landtagsdebatte zur Regierungserklärung vom 09. Dezember zum Thema „Bekämpfung der Corona Virus SARS-CoV-2-Pandemie“ (Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes)

Die Rede des Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Björn Fecker, im Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
am gestrigen Tag wurden in Bremen so viele Menschen als infiziert mit dem COVID19-Virus gemeldet, wie noch nie in dieser Pandemie. Auch die Entwicklung der letzten Wochen stimmt einen nicht fröhlich im Angesicht der in Gesamt-Deutschland steigenden Zahlen angesteckten Personen.
Dabei ist schon jetzt klar, dass die Impfung in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle geholfen hat oder aktuell hilft, schwere Verläufe oder sogar den Tod zu verhindern. Und insofern bleibt das, was seit Wochen und Monaten gesagt wird auch weiterhin richtig: impfen, impfen, impfen! Dabei befinden wir uns jetzt schon wieder in einem Wettlauf mit der Zeit. Die Ministerpräsidenten haben ehrgeizige Ziele für die Impfquote bis Jahresende ausgegeben. Das halten wir Grünen für richtig. Bremen hat deswegen auch richtig entschieden mit dem neuen Standort unseres Impfzentrums Am Brill schnell Fakten zu schaffen und in zentraler Lage ein Angebot zu unterbreiten.
Dabei darf es aber nicht nur um das Boostern gehen, also das Verabreichen der Drittimpfung, sondern auch darum, möglichst vielen ungeimpften Menschen ein Angebot zu unterbreiten. Das Land Bremen hat, man möchte fast schon sagen traditionell, die beste Impfquote der Bundesländer, aber auch das reicht nicht aus, wie wir gerade schmerzhaft erfahren. Zu groß ist noch die Anzahl derer, die sich bisher nicht haben impfen lassen und so eng der Austausch mit unseren niedersächsischen Nachbarn. Deswegen ist es so wichtig, im Werben um das Impfen nicht nachzulassen.
Auf der anderen Seite werden wir aber nicht umhin kommen, auch einen Paradigmenwechsel bei den Impfungen einzuleiten. Das bloße Setzen auf Einsicht und Freiwilligkeit hat uns sehr weit gebracht, aber eben nicht weit genug. Uns allen ist bewusst, dass diese vierte Welle nicht mehr mit einer allgemeinen Imfpflicht aufgehalten werden kann. Aber, es geht jetzt auch darum, künftige Wellen abzumildern oder zu verhindern. Und wenn der Appell an die Vernunft und die Verbreitung aller wissenschaftlichen Studien nicht ausreichen, um Menschen zu überzeugen, dann haben wir zwei Möglichkeiten:
Wir akzeptieren unsere jetzige Situation und müssen damit leben, dass von Zeit zu Zeit Einschränkungen auf uns zukommen oder aber man verpflichtet die Minderheit, sich impfen zu lassen. Die Grüne Bürgerschaftsfraktion hat diese Frage sehr intensiv diskutiert: Für uns steht fest, wir müssen die überragende Mehrheit der Menschen in unserem Land vor weiteren Einschnitten und Eingriffen in ihre Grundrechte schützen. Deswegen plädieren wir auch für eine allgemeine Impflicht. Sie dient im Übrigen auch dem Schutz der deutlich kleineren Gruppe der derzeit Ungeimpften – insbesondere auch diejenigen, die sich aus medizinischen Gründen oder wegen ihres Alters nicht impfen lassen können. Und all diejenigen, die sich dagegen stellen, deren Meinung akzeptiere ich natürlich, aber sie müssen sich auch fragen lassen, wie lange sie noch die Grundrechte und das Leben von Menschen einschränken wollen.
Natürlich, der Bürgermeister wird ja auch nicht müde das immer wieder zu betonen, gibt es auch rechtliche Fragestellungen zu bewerten und hinter einer knackigen Forderung stehen immer eine Menge Detailfragestellungen. Aber, meine Damen und Herren, wir können mit dieser Grundsatzentscheidung nicht noch weitere Monate warten. Und wer sich um die Spaltung der Gesellschaft sorgt, dem darf man auch entgegnen, dass nicht eine laute Minderheit das Schicksal einer schweigenden aber überragenden Mehrheit bestimmen kann. Zur Politik gehören unangenehme Entscheidungen, meine Fraktion und auch ich ganz persönlich wären dafür, sie jetzt aber endlich mal zu treffen.
Während wir diskutieren, wie der Impfstoff in die Arme unserer Bevölkerung kommt, fehlt es in den meisten Ländern noch an ausreichend Impfstoff. Dabei sehen wir gerade beim Auftreten der neuen Variante, dass wir nur gemeinsam und global diese Pandemie bekämpfen können. Deswegen auch hier die klare Aufforderung an die neue Bundesregierung, sich weiter international zu engagieren.
Meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir auch in diesem Landesparlament eine Debatte wie die zur Impfpflicht führen, auch wenn wir sie am Ende nicht entscheiden werden. Aber wir müssen nun auch noch einmal auf unseren eigenen Verantwortungsbereich schauen.
Das Impfzentrum wurde in kürzester Zeit wieder aufgebaut und läuft an. Polizei und Ordnungsamt arbeiten erneut am Limit. In den Restaurants und Einrichtungen, in denen ich mich bewege, wird auf die Einhaltung des 2G-Standards geachtet und auch wenn man die Ausgabe der Bändchen für die Besucher des Weihnachtsmarkts aus der Distanz beobachtet, werden nun Impfausweis und Personalausweis kontrolliert.
Die Ministerpräsidenten haben sich verständigt über unsere bremischen Regeln hinausgehende Maßnahmen zu treffen. Bei Großveranstaltungen wurden die Besucherzahlen wieder reduziert und Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte erlassen. Für reichlich Diskussion auch in unserer Fraktion hat die Einführung der Maskenpflicht in der Schule gesorgt. Insbesondere im Grundschulbereich findet sie bei uns kaum Unterstützung. Ich würde mich freuen, wenn alle, die das immer fordern, auch hier in diesem Haus mit gutem Beispiel vorangehen würden und freiwillig hier im Saal eine Maske den ganzen Tag lang tragen würden.
Meine Damen und Herren, aus Grüner Sicht können wir uns über die einzelnen Maßnahmen immer und immer wieder streiten. Nicht alles, was rechtlich zulässig ist, ist auch immer inhaltlich sinnvoll und mit Blick auf die lange Phase der Pandemiebekämpfung wird man unumwunden bei der Draufsicht feststellen, dass auch Maßnahmen getroffen wurden, die keinerlei Wirkung entfalteten. Das hat niemand mit Absicht gemacht sondern immer in der Annahme die bestmögliche Entscheidung zum Schutz von Leib und Leben zu treffen. Deswegen rate ich auch, mit Kritik in einem vernünftigen Maß umzugehen bzw. sie zu äußern. Alles in allem gibt es aber nur einen Ausweg. Das wird uns immer klarer und klarer. Es bleibt also dabei: Halten Sie sich alle an die Regeln und lassen Sie sich impfen.
Bleiben Sie gesund und haben Sie herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit."
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