Antrag „Spielräume nutzen für neue Wege in der Cannabispolitik“

Antrag „Spielräume nutzen für neue Wege in der Cannabispolitik“

Im Koalitionsvertrag für die Wahlperiode 2015 bis 2019 haben sich SPD und GRÜNE darauf verständigt, einen Wechsel in der Drogenpolitik vorzunehmen: weg von der Kriminalisierung und hin zu mehr Prävention und Aufklärung. Der Innenpolitiker Wilko Zicht und die gesundheitspolitische Sprecherin Kirsten Kappert-Gonther haben mit diesem Antrag den ersten Schritt zu einem anderen Umgang mit Cannabis (Hanf) vorgelegt. Dabei steht jedoch der Jugend- und Gesundheitsschutz stets im Vordergrund. Künftig soll der bloße Besitz von Cannabis zum Eigengebrauch nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Dies gilt auch für den Eigenanbau von Cannabis für den Eigengebrauch. Wie beim Alkohol auch, sollen diejenigen, die nicht berauscht Auto fahren, ihren Führerschein behalten können. Außerdem soll die mögliche medizinische Nutzung von Cannabis vereinfacht werden. Auf Bundesebene sollen die erlaubten Mengen an Eigenbesitz vereinheitlicht werden. Und es sollen die gesetzlichen Möglichkeiten geschaffen werden, um Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene durchführen zu können. Grundsätzlich soll der Senat im Bund aktiv werden, um die gegenwärtige Drogenpolitik auf den Prüfstand zu stellen und die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Eigenverantwortung, Jugendschutz und Prävention im Vordergrund stehen und nicht Repression oder moralisierende Prohibition. Der Antrag wurde in der Landtagssitzung am 20. April 2016 beschlossen.Wilko Zicht ging in der Debatte auf die Gründe für einen Richtungswechsel der bisherigen Drogenpolitik im Bereich Cannabis ein: Alle internationalen Vergleiche zeigen vor allem, dass die Prohibition, wenn überhaupt, nur einen allenfalls minimalen Einfluss auf die Verbreitung des Cannabiskonsums in der Gesellschaft hat. Auf der anderen Seite aber, und das ist ganz eindeutig und unbestreitbar, richtet die Kriminalisierung jede Menge gravierende Kollateralschäden an. Kriminelle Märkte kennen nämlich weder Jugendschutz noch Verbraucherschutz. Auf kriminellen Märkten haben Kriminelle das Sagen, der Staat verliert völlig die Kontrolle. Auf kriminellen Märkten gilt das Gesetz des Stärkeren. Es regieren Gewalt und Einschüchterung, Menschen werden getötet. Weltweit profitieren Drogenmafia und Drogenkartelle, der Rechtsstaat hat das Nachsehen. Kriminelle Märkte kommen dem Staat teuer zu stehen: Ihm entgehen Steuereinnahmen, gleichzeitig muss er hohe Kosten für Polizei und Justiz aufwenden. Aus all diesen Gründen ist es höchste Zeit, nach neuen Wegen in der Drogenpolitik zu suchen.Bezogen auf die Strafverfolgung führte der innen- und drogenpolitische Sprecher Wilko Zicht aus, dass unser Grundgesetz von einem bestimmten Menschenbild ausgeht: vom Menschenbild eines mündigen Bürgers, der über seine private Lebensführung selbst entscheiden darf. Zu dieser privaten Lebensführung gehört auch, die eigene Gesundheit gefährden zu dürfen. Wer lieber zu Schokolade greift als zu Obst und Gemüse, darf das tun. Wer sich beim Boxsport auf die Nase hauen lassen will, darf das tun. Sogar wer dem eigenen Leben ein Ende setzen will, darf das tun. Der Staat hat die Aufgabe, Hilfe anzubieten. Aber ein paternalistischer Staat, der den eigenen Bürgerinnen und Bürgern mit Hilfe des Strafrechts verbieten will, sich selbst zu schädigen, der maßt sich etwas an, das ihm nicht zusteht. Genau das passiert im Betäubungsmittelrecht, und damit muss Schluss sein. Das Bundesverfassungsgericht hat 1994 entschieden, dass die Strafbarkeit des Cannabis-Besitzes nur dann so gerade eben noch verfassungsgemäß ist, wenn im Falle von geringen Mengen zum Eigengebrauch von der Strafverfolgung abgesehen wird. Die entsprechende Vorschrift dazu findet sich in § 31a Betäubungsmittelgesetz. Dieser § 31a gibt uns als Bundesland einen erheblichen Spielraum. Denn was genau unter einer „geringen Menge“ zu verstehen ist, steht da nicht. Das können die Bundesländer selber definieren. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings den Bundesländern aufgetragen, für eine möglichst einheitliche Handhabung zu sorgen.Der Antrag vom 15. März 2016, Drucksache 19/340