Das Beiräterecht verbessern!

Das Beiräterecht verbessern!

Die Beiräte haben nicht viele Entscheidungsrechte (Beiratsmittel, kleinere Verkehrsmaßnahmen; Stadtteilfeste und –partnerschaften), sondern vor allem Beteiligungsrechte. Leider werden sie – je länger die große Koalition dauert – immer weniger ernst genommen, sie werden von den Behörden nicht über Planungen informiert, ihre Stellungnahmen werden gar ignoriert.

Manche Beiräte stört das nicht so, es werden Gegenstrategien entwickelt. Aber in vielen Beiräten sind die Mitglieder zunehmend frustriert, es wird immer weniger gekämpft. Letzter großer Schlag der CDU (wogegen die SPD sich nicht wirklich und wirksam gewehrt hat) war das Vorgehen bei den Ortsamtsleiter(OAL-)bestellungen in Schwachhausen/Vahr und Blumenthal: Nachdem auf die Klage eines Mitbewerbers das Gericht feststellte, dass das erste Bewerbungsverfahren unwirksam war, weil der Bewerber zu Unrecht vom Innensenator vom Verfahren ausgeschlossen worden war, missbrauchte der Innensenator die Beschlussgründe dazu zu behaupten, das Bestellungsverfahren dürfe ausschließlich nach beamtenrechtlichen Grundsätzen vorgenommen werden, der Beirat bekomme also nur noch die eine Person vorgestellt, die der Innensenator für am geeignetsten halte. Bislang durfte der Beirat (sozusagen) bestimmen, wer OAL wird (und darf es dem Gesetz und dem Gericht nach immer noch).
Im Dezember 2006 haben die OrtsamtsleiterInnen und BeiratssprecherInnen gemeinsam Forderungen zu Beiratsrechten entwickelt. Unsere Stellungnahme dazu fällt wie folgt aus:

Ihr Schreiben vom 22.1.2007

Sehr geehrte Mitglieder des Beirates Vahr, sehr geehrter Herr Mühl,

da Sie alle die Vorgänge im Parlament und die Berichterstattung in den Medien verfolgen, wissen Sie sicherlich über die grundsätzliche Haltung der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Bescheid. In den öffentlichen Bekenntnissen zur besonderen Bedeutung der Beiräte unterscheiden sich die Fraktionen ja nicht – in der politischen Arbeit und insbesondere beim Abstimmungsverhalten in der Bürgerschaft, also wenn es ernst wird, schon. Insofern freuen wir uns, dass Sie konkrete Stellungnahmen aller Fraktionen zu den einzelnen Punkten des Papiers von Ortsamtsleitern und Beiratssprecherinnen und -sprechern einfordern.

1. Einstimmige Beiratsbeschlüsse können nur durch einstimmigen Deputationsbeschluss aufgehoben werden – diese Regelung soll ja dem jetzt leider oft üblichen Umgang mit Beiratsbeschlüssen entgegenwirken, Beiratsvoten zwar zur Kenntnis zu nehmen, sich aber nicht ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen. Die Forderung, dass nur ein einstimmiger Deputationsbeschluss einen solchen aufheben kann, begrüßen wir. Weitergehend stellen wir uns vor, dass – sollte ein solcher Deputationsbeschluss nicht zustande kommen – der Vorgang dann der Bürgerschaft zur Entscheidung vorgelegt werden muss.

Darüber hinausgehend meinen wir, dass auch mehrheitliche Beiratsentscheidungen dieselbe ernsthafte Behandlung erfahren müssen; die in dem Papier für diesen Fall geforderte "Begründung der ablehnenden Entscheidung im Beirat" wird der Bedeutung von Beiratsbeschlüssen – auch wenn diese nicht einstimmig gefällt werden – nicht gerecht.

2. Die Einrichtung von Stadtteilbudgets, deren Inanspruchnahme nur mit Zustimmung des zuständigen Beirates möglich ist, würden wir ebenfalls begrüßen. Insbesondere für die Umsetzung des Grünen Netzes sollten die Beiräte eigene Mittel erhalten, über die sie entscheiden können. Darüber hinaus würden wir an dieser Stelle die Unterrichtungs- und Beteiligungspflicht der Ämter und Behörden gem. § 30 des Beiratsgesetzes betonen, dass nämlich die Beiräte über alle in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich verausgabten Mittel zumindest zu informieren sind.

3. Bei der Forderung, die die Anträge an die Stiftung Wohnliche Stadt betreffen, stimmen wir insofern mit Ihnen überein, dass ein jeder Antrag mit dem Votum des zuständigen Beirates versehen sein sollte, bevor über ihn entschieden wird.

4. Den Verkauf von Flächen und Gebäuden im öffentlichen Eigentum würden wir der gleichen Regelung wie oben unter Punkt 1 unterwerfen wollen – ablehnende Voten der Beiräte sind also nur durch einstimmige Beschlüsse der Fachdeputation oder durch Beschluss der Bürgerschaft aufzuheben.

5. Bei der Beteiligung durch die Sozialbehörde sehen wir auch Verbesserungsbedarf – bei den jetzigen Controllingausschüssen fehlt beispielsweise die Beteiligung der Jugendlichen selbst.

6. Die Forderung nach Übertragung der Fach- und Dienstaufsicht vom Innenressort auf dieBürgerschaft oderdie Senatskanzlei haben wir bereits mehrfach in der Bürgerschaft verlangt – dieses wurde allerdings von der Parlamentsmehrheit von SPD und CDU abgelehnt.

7. Wir sind ganz Ihrer Ansicht, dass Ortsamtsleiterinnen und -leiter für den Senat bindend von den zuständigen Beiräten gewählt werden. Den entsprechenden Antrag haben wir im letzten Jahr in der Bürgerschaft gestellt, leider wurde auch er von der Parlamentsmehrheit von SPD und CDU abgelehnt.

8. Die Rolle der OrtsamtsleiterInnen sollte zukünftig weniger in der Verwaltungstätigkeit liegen, sie müsste wesentlich stärker auf ihre moderierende und integrierende Rolle im Stadtteil konzentriert werden – neben ihrer vorrangigen Aufgabe der Unterstützung der Beiräte in ihrer politischen Tätigkeit.

9. Die Einrichtung einer Clearingstelle für Streitigkeiten begrüßen wir ebenfalls – sie könnte bei der Bürgerschaft angesiedelt werden und sollte mit Mitgliedern aller in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen besetzt werden.

Wir hoffen, Ihre Anfrage damit umfassend beantwortet zu haben – bei Unklarheiten fragen Sie gerne nach; wir kommen auch gerne in den Beirat für weitere Diskussionen.

Mit freundlichen Grüßen

Lisa Wargalla     Matthias Güldner

Bremen, 2.3.2007