Untersuchungsausschuss Bremerhaven hat sich gelohnt

Untersuchungsausschuss Bremerhaven hat sich gelohnt

Grünes Minderheitenvotum zu windelweichem Abschlussbericht

"Der Untersuchungsausschuss Rechnungsprüfungsamt (RPA) Bremerhaven hat gezeigt, dass jahrelang Druck auf den unbequemen RPA-Leiter Mattern ausgeübt und die unabhängige Kontrollarbeit dieser Behörde behindert wurde. Selbst nach Bekanntwerden des skandalösen Knebelvertrags (Beförderung nur bei Wohlverhalten) wollten die politisch Verantwortlichen alles unter den Teppich kehren. Weder Oberbürgermeister Jörg Schulz als Dienstvorgesetzter noch die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung haben sich aktiv um eine korrekte Lösung des Konflikts bemüht. Auch der Senat hat als Kommunalaufsicht versagt. Der Untersuchungsausschuss ist ein wichtiger Beitrag zur politischen Kultur. In Bremerhaven bestand von Seiten der politischen Mehrheit kein Interesse an der Aufklärung, sondern am Vertuschen. Gerade deshalb braucht Bremerhaven künftig eine unabhängige, transparente Rechnungsprüfung. Das vom Ausschuss in Auftrag gegebene Pottschmidt-Gutachten hat die weitgehende Unabhängigkeit des RPA unterstrichen," bilanziert Manfred Schramm, grüner Obmann im Untersuchungsausschuss auf der heutigen Pressekonferenz. Auch wenn nicht bewiesen werden konnte, wer den Knebelvertrag ursprünglich initiiert und geschrieben hat, ist der Rücktritt von Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken überfällig: "Er war maßgeblich an dem sittenwidrigen Angebot beteiligt. Herr Beneken hat nichts unversucht gelassen, den RPA-Leiter an die kurze Leine zu nehmen. Die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses hat er durch die Verweigerung der Herausgabe von Akten ebenso zu behindern versucht, wie die RPA-Arbeit. Dieser Mann ist untragbar!"

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Minderheitenvotum unvermeidlich

"Nach der Lektüre des zwischen CDU und SPD ausgehandelten Abschlussberichts habe ich das Gefühl, in einem anderen Untersuchungsausschuss gesessen zu haben," so Manfred Schramm. "Das von Herrn Röwekamp vorgelegte Papier wird hinsichtlich der Darstellung der vom Ausschuss ermittelten Tatsachen weitgehend von den Grünen geteilt. Trostlos sind aber die handzahmen Bewertungen und die unzureichenden Konsequenzen. Von der SPD habe ich nichts anderes erwartet. Die Sozialdemokraten hatten von Anfang an kein Aufklärungsinteresse und haben versucht, den Ausschuss in ein Mattern-Tribunal umzufunktionieren. Überrascht hat mich das Einknicken der CDU. Zunächst konstruktiv in der Sacharbeit sind die Christdemokraten beim Abschlussbericht offensichtlich aus Koalitionsräson umgefallen. Deshalb wird es ein grünes Minderheitenvotum geben müssen."

Als ein Beispiel für die weichgespülte Berichtsfassung nennt Manfred Schramm die Passage zur Bewertung der Vertragsentwürfe auf Seite 68:

"Ob diese Vertragsentwürfe vor dem Hintergrund der langwierigen und erheblichen Konflikte zwischen dem Magistrat und dem Stadtverordnetenvorsteher einerseits und dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes andererseits zu rechtfertigen sind, lässt der Ausschuss in seiner Bewertung offen."

"Da kann man sich nur an den Kopf fassen - der Vertrag stinkt zum Himmel. Da darf sich der Ausschuss nicht um eine Bewertung herumdrücken. Der RPA-Leiter sollte per Vertrag gezwungen werden, seine verfassungsrechtlich verankerten Pflichten und Aufgaben nicht wahrzunehmen. Da erwarte ich Klartext vom Untersuchungsausschuss und keine windelweichen Erklärungen."


Konsequenzen für die Zukunft

Neben dem Rücktritt oder der Entlassung des Stadtverordnetenvorstehers Artur Beneken fordern die Grünen eine Novelle der Bremerhavener Rechnungsprüfungsordnung auf Grundlage des Pottschmidt-Gutachtens. "Außerdem muss die Unabhängigkeit des RPA-Leiters auch in Bremerhaven ausdrücklich abgesichert werden. Konkret heißt das: Änderung der Dienstanweisung vom 31.1.2001, in der die Befugnisse des RPA-Leiters unzulässig beschränkt werden. Zudem halte ich die Veröffentlichung der RPA-Jahresberichte für selbstverständlich - mit der Bremerhavener Geheimniskrämerei muss endlich Schluss sein.

An die Adresse des Senats und Oberbürgermeister Schulz richtet sich die Aufforderung, die Pflichten als Kommunalaufsicht bzw. als Dienstvorgesetzter künftig ernst zu nehmen und auszufüllen. "Der Senat und OB Schulz haben sich verhalten wie die berühmten drei Affen - nichts hören, nichts sehen, nichts sagen."