Affäre um das Bremerhavener Rechnungsprüfungsamt - Grüne beantragen Untersuchungsausschuss

Affäre um das Bremerhavener Rechnungsprüfungsamt - Grüne beantragen Untersuchungsausschuss

Der Leiter des Bremerhavener Rechnungsprüfungsamtes, Rainer Mattern, sollte bestochen werden: Beförderung gegen die Zusage, sich anderweitig zu bewerben und auf verfassungsrechtlich verankerte Pflichten und Aufgaben zu verzichten. Dieser Kuhhandel kam nicht zustande - unklar ist geblieben, wer letztlich die Verantwortung für das skandalöse Angebot trägt und wer darüber informiert war. "Alle unsere Versuche, der Sache auf den Grund zu gehen, wurden von SPD und CDU abgeblockt. Die politische Moral in Bremerhaven ist völlig auf den Hund gekommen - die Große Koalition in der Stadtverordnetenversammlung hat kein Interesse an einer Aufklärung und möchte zur Tagesordnung übergehen,_ kritisiert der Vorsitzende der grünen Stadverordneten, Hans Richard Wenzel. Er hofft, dass jetzt der von der grünen Bürgerschaftsfraktion beantragte Untersuchungsausschuss für Klärung sorgt.

Wir wollen wissen, wer der Verfasser des Vertragsentwurfs war, wer davon wusste und wer gelogen hat. Das Papier wurde nicht von Geisterhand geschrieben und ist ein brisanter Angriff auf die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes. Deshalb müssen wir alles tun, die Verantwortlichen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen,_ erklärt die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert. Die Grünen wollen außerdem im Untersuchungsausschuß klären, wie die unabhängige Rechnungsprüfung und öffentliche Kontrolle künftig besser gewährleistet werden kann (vgl. Antrag zur Einberufung des Untersuchungsausschusses in der Anlage).
Karoline Linnert geht davon aus, dass SPD und CDU (wie zu Beginn der Legislaturperiode vereinbart) die notwendigen Unterschriften zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses beisteuern werden.

Der Bremerhavener Abgeordnete Manfred Schramm wird die Grünen im Untersuchungsausschuss vertreten, als seine Stellvertreterin hat die Fraktion Doris Hoch bestimmt. Schramm ist sich sicher, dass viele Bremerhavener empört sind über den Bestechungsversuch: "Die Leute erwarten von den Grünen, dass sie der Sache nachgehen. Auch der Bund der Steuerzahler hält einen Untersuchungsausschuss für angebracht. Der Verwaltungswissenschaftler Professor von Arnim spricht von einem klassischen Fall von Bestechung. Der Untersuchungsausschuss ist ein Signal an den Seestadtfilz, dass man sich auch in Bremerhaven nicht alles erlauben kann, wenn man an der Macht ist._

Zeitraster

20. September 2000

Bei einem sogenannten Schlichtungsgespräch zwischen dem Leiter des Bremerhavener Rechnungsprüfungsamtes, Rainer Mattern, Paul Bödeker (Vorsitzender der CDU-Stadtverordnetenfraktion) und Klaus Rosche (damaliger Chef der SPD-Stadtverordnetenfraktion) wird ein Vertragsentwurf mit dem skandalösen Angebot (Beförderung bei Wohlverhalten und Versprechen, sich anderweitig zu bewerben) präsentiert. Vorgesehene, leere Unterschriftenfelder für Rainer Mattern, Oberbürgermeister Jörg Schulz und Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken.

21. September 2000

Eine Neufassung des Vertragsentwurfs mit handschriftlicher Anmerkung von Artur Beneken wird an Paul Bödeker gefaxt.

Dezember 2001

Der Vertragsentwurf wird öffentlich, OB Jörg Schulz und Artur Beneken erklären gegenüber der Presse, sie kennen den Vertrag (der Thema im Koalitionsausschuss war) nicht. Kurze Zeit später erklärt Artur Beneken, er habe aus Fürsorgepflicht gegenüber Rainer Mattern erklärt, er kenne den Vertrag nicht.

30. Januar 2002

Im Verfassungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung erklärt Artur Beneken, er habe den Entwurf überarbeitet.

14. Februar 2002

Der Misstrauensantrag der grünen Stadtverordnetenversammlung gegen den Stadtverordnetenvorsteher Beneken scheitert.

23. April 2002

Grüne Bürgerschaftsfraktion fordert Untersuchungsausschuss