Landtagsdebatte zur Regierungserklärung vom 06. Mai zum Thema „Bekämpfung der Corona Virus SARS-CoV-2-Pandemie“

Die Rede des Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Björn Fecker, im Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Corona-Verordnung des Senats werden wir heute zustimmen. Die dort beschriebenen Maßnahmen unterstützen wir.

Im Detail finden wir es richtig und notwendig, die Testpflicht, die der Bundesgesetzgeber für beispielsweise den Besuch im Friseurstudio vorgesehen hat, dahingehend zu konkretisieren, dass ein eventueller Selbsttest vor Ort direkt, quasi unter Kontrolle, durchgeführt werden muss. Das wird helfen, mögliche „Umgehungsversuche“ zu vermeiden und dem einen Riegel vorzuschieben, aber es macht gleichzeitig noch einmal deutlich, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden.

Im Detail finden wir es richtig, dass an die Stelle eines negativen Tests auch eine vollständige Impfung treten kann. Das ist i.Ü. auch ein gutes Zeichen: Wir haben bereits vollständig geimpfte Menschen in unserem Bundesland. Natürlich ist das Impftempo aufgrund der Verfügbarkeit immer noch nicht so schnell, wie wir es uns wünschen würden, aber unverkennbar ist das Tempo angestiegen und das ist ein gutes Signal. Bei der Gelegenheit möchte ich auch gerne das Lob, das mich nun schon von mehreren Menschen erreicht hat, öffentlich weitergeben. Dieses Lob gilt der Empathie und der Abwicklung durch die Mitarbeiter*innen in unserem Impfzentrum. Haben Sie alle, die sich dort täglich engagieren, Dank für Ihren Einsatz und nehmen Sie bitte mit, dass die Bevölkerung das auch positiv wahrnimmt.

Ebenso will ich die Gelegenheit nutzen, auch den engagierten Hausärztinnen und -ärzten und ihren Praxisteams zu danken. Es war von Beginn an klar, dass wir auf Strecke auch die Praxen in den Quartieren brauchen. Weil es eben doch viele Fragen gibt, weil eben auch durch das Agieren der Vergangenheit Vertrauen verloren gegangen ist oder eben auch bisher nicht aufgebaut werden konnte. Da spielen die Hausarztpraxen eine ganz wichtige Rolle.

Doch zurück zur Verordnung. Wir finden es richtig, dass Bremen im Bereich der Arbeitswelt über die Bundesregelung hinausgeht. Mit der Verpflichtung nicht nur zum Testangebot sondern auch zur Testung setzt der Senat konsequent um, was die Regierungsfraktionen bereits in der vergangenen Debatte hier eingefordert haben.

Ein bisschen obskur war die Debatte bereits vor einigen Wochen zu diesem Thema. Das gilt auch heute wieder. Im Kern geht es doch darum, ob Regelungen, die dem Arbeitsschutz dienen, zulässig sind. Die Testpflicht ist ja nichts anderes wie die zahllosen Regularien, die es zum Schutz von Beschäftigten in Betrieben jetzt auch schon gibt. Helm, Arbeitsschuhe, Maske – wir könnten das jetzt beliebig fortsetzen. Mit der richtigen Testpflicht gibt es nun einen weiteren Baustein zum Schutz der Beschäftigten.

Dieser ist überall dort notwendig, wo eben kein Home Office möglich ist. Dabei geht es auch um Solidarität, weil wir dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die raus müssen, die nicht daheim arbeiten können, einen bestmöglichen Schutz erhalten. Und es ist notwendig, weil wir damit auch einen Beitrag dazu leisten, dass mögliche Neuinfektionen vermieden werden können. Das sind wir auch all denen schuldig, die seit Monaten in der Kurzarbeit oder deren Unternehmen geschlossen sind.

Meine Damen und Herren, wir sind auch dafür verantwortlich, dass die nun sinkenden Zahlen nicht dazu führen, dass es durch Sorglosigkeit oder falsche Sicherheit wieder einen Anstieg der Inzidenzzahlen und in dessen Folge einen Anstieg bei der Belegung der Intensivbetten gibt. Die Überschreitung der 100 hat so gravierende Auswirkungen, dass der Deutsche Bundestag extra für diesen Schwellenwert bundeseinheitliche Regelungen beschlossen hat. Und auch unter 100 ist nicht alles gut sondern werden weiterhin Regelungen gelten müssen.

Das heißt also auch in Zukunft behutsam und vorsichtig vorzugehen, Folgen und Konsequenzen abzuwägen und den sogenannten JOJO-Effekt vermeiden. Die Wissenschaft weist zurecht darauf hin, dass nur mit einer niedrigen Inzidenz unter 50 bzw. auch unter 35 eine konsequente Nachverfolgung und somit eine Unterbindung des Anstiegs am besten möglich ist.

Und gleichzeitig müssen wir die steigenden Impfzahlen nutzen, um der Pandemie weitestgehend kurz- bis mittelfristig zu begegnen. Ein Blick auf unsere Stadt macht deutlich, dass einige Stadtteile besonders hohe Inzidenzen aufweisen. Ich habe vorhin von Information und Aufklärung für diese Regionen gesprochen, glaube aber, dass wir auch bei den Impfungen in diesen Quartieren einen Schwerpunkt setzen sollten.

Meine Damen und Herren, wo die engen Wohnverhältnisse eine Isolation nicht ermöglichen und durch die Mutation eine Erkrankung des gesamten Hausstands bei nur einer vorhandenen Infektion so sicher wie das Amen in der Kirche ist, müssen wir schnell und praxisnah helfen.

Wir Grünen unterstützen eine Schwerpunktsetzung bei der Impfung in den Stadtteilen mit hohen Inzidenzen wie Gröpelingen oder Huchting. Wir haben immer gesagt, dass diese Pandemie auch eine soziale Seite hat, die kommt nun noch einmal sehr deutlich zum Vorschein und wir sollten die Kräfte bündeln, um dem wirksam zu begegnen und die Menschen bestmöglich schützen.

Das wird aber nur gelingen, das sage ich mal als jemand mit einer gewissen örtlichen Lebenserfahrung, wenn es gelingt lokale Akteure und Institutionen als Unterstützung zu gewinnen und auch Impfungen in einzelnen Fällen direkt vor Ort anzubieten. Das sollte in den kommenden Tagen der Schwerpunkt des Handelns sein. Wir brauchen den Zusammenschluss aus den örtlichen Beiräten, Glaubensgemeinschaften, Vereinen, Parteien und Institutionen. Wir brauchen die direkte Ansprache, Information und Aufklärung vor Ort.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein Wort zur Diskussion um den Umgang mit Geimpften sagen. Ich habe beim letzten Mal schon darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um Sonderrechte handelt, sondern um grundgesetzlich verbriefte Grundrechte, in deren Freiheit der Staat nur in besonderen Situationen eingreifen kann und darf. Und gleichzeitig erfordert diese Debatte und diese Situation erneut die volle Solidarität unserer Gesellschaft. Ich darf darauf hinweisen, dass sehr viele ältere Menschen monatelang in größtmöglicher Isolation verbracht haben und auf Ihre Liebsten verzichten mussten. Und auf der anderen Seite darf die Entwicklung eben nicht dazu führen, dass nun alle sorglos mit der Gesamtsituation umgehen.

Seien wir also weiter wachsam, achten aufeinander und setzen alles daran, dass möglichst viele Menschen sich möglichst schnell impfen lassen und es Ihnen auch ermöglicht wird.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit."